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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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nichts mehr sehen, Hirata -san . Wir sollten zur Hauptstraße zurückkehren, in die Sättel steigen und uns eine Bleibe für die Nacht suchen.«
    »Lasst mich los!« Wütend riss Hirata die Arme los. »Ich muss Midori finden!«
    »Wenn wir in der Dunkelheit durch den Wald laufen, verirren wir uns nur!«, stieß Marume hervor. »Und dann muss der sōsakan-sama jemanden schicken, der uns sucht. Das hilft Eurer Gemahlin und ihren Freundinnen nicht weiter. Wir müssen bis morgen warten.«
    Hirata konnte den Gedanken nicht ertragen, die Suche zu unterbrechen und eine ganze Nacht verstreichen zu lassen, während Midori irgendwo in dem weiten Land den Mördern hilflos ausgeliefert war. Und er war so gut wie sicher, dass ihr verrückter Vater die Verbrecher angeheuert hatte. Dennoch musste er Marume und Fukida Recht geben.
    Widerstrebend begleitete Hirata die beiden Ermittler zurück zur Tōkaidō. »Wir reiten zur Kontrollstation von Odawara und suchen uns Zimmer in einem Gasthaus«, sagte er. »Wir können uns in der Stadt umhören, ob jemand in der Nacht irgendetwas gesehen oder gehört hat, das uns helfen könnte, die Entführer zu finden.«
     
    Das Hospital befand sich ein gutes Stück vom Palast zu Edo entfernt auf einem Hang, um den Shōgun und dessen Bedienstete vor Krankheiten und der spirituellen Verunreinigung durch den Tod zu schützen. In dem tristen, einstöckigen Gebäude, das von einem Holzzaun und hohen Zedern umgeben war, behandelten Tokugawa-Ärzte Bewohner des Palasts, die schwer krank oder verletzt waren. In einem Schrein neben der Tür lag ein Stein, der als Sitz für die schützenden Shinto-Götter dienen sollte. Vor dem Schrein brannte ein reinigendes Feuer. Ein geweihter, aus Stroh geflochtener Strick grenzte die Trank- und Speiseopfer von allem anderen ab, und eine mit Papierstreifen verzierte Wand sowie die Haarlocke einer Frau sollten böse Geister fern halten.
    Von zwei Männern seines Gefolges begleitet, marschierte Polizeikommandeur Hoshina ins Krankenzimmer. An einer Seite des Raumes bereiteten die Gehilfen des Arztes Kräuteraufgüsse zu, die in Töpfen auf einer Feuerstelle brodelten. Die Wandschirme, die normalerweise dazu benutzt wurden, um das Innere des Gebäudes in verschiedene Gemächer aufzuteilen, waren an die Wand gestellt worden, um Platz für die große Gruppe der Hofbeamten zu schaffen, die sich hier versammelt hatten. Am Rande der Gruppe hielten sich Hausmädchen und Dienerinnen auf. Ängstliche Gespräche vermischten sich mit Gesängen und dem rhythmischen Läuten der Glocken. Das Feuer heizte das Krankenzimmer stark auf, und es roch nach den Dämpfen verschiedener Arzneien.
    »Lasst mich durch«, befahl Hoshina der Menge.
    Die Versammelten traten zur Seite und verneigten sich vor dem Polizeikommandeur, der durch ihre Mitte schritt. Von der Menge umringt, lag eine Frau auf einem Futon auf den tatami -Matten. Ein weißes Tuch bedeckte ihren Körper; ein weißer Verband war um ihren Kopf gewickelt. Ihr Gesicht mit den vorstehenden Wangenknochen war aschfahl; die geschlossenen Augenlider waren bläulich verfärbt. Neben ihrem Kopf ließ ein älterer, in ein weißes Gewand gehüllter Zauberer ein Tamburin erklingen, um die heiligen Geister zu beschwören, während ein Priester Beschwörungsformeln sprach und sein Schwert schwang, um das Böse zu vertreiben. Am Fußende des Bettes knieten zwei Offiziere der Fernstraßen-Patrouille. Dr. Kitano, der oberste Hofarzt, kniete neben der Kranken.
    »Ist das Suiren, die Leibdienerin von Fürstin Keisho-in, die das Massaker an der Tōkaidō überlebt hat?«, fragte Hoshina den Arzt.
    »Ja, ehrenwerter Polizeikommandeur«, bestätigte Dr. Kitano, der den dunkelblauen Kittel der Ärzte trug. Er hatte ein runzeliges, intelligentes Gesicht und schütteres graues Haar, das im Nacken zusammengebunden war.
    Hoshina wandte sich an die Hofbeamten. »Lasst uns allein«, herrschte er sie an; er wollte nicht, dass sie zugegen waren, während er wichtige Dinge mit seiner einzigen Tatzeugin besprach. »Ihr ebenfalls«, befahl Hoshina den Dienstmädchen. Dann gab er den Zauberern und dem Priester ein Zeichen, zur Seite zu treten, und wies sie an: »Nicht so laut.«
    Bald war er mit seinen eigenen Leuten, den Offizieren der Fernstraßen-Patrouille, den Gehilfen des Arztes, Dr. Kitano und der Patientin allein. Während der Priester und die Zauberer in einer Ecke des Gemachs leise ihre Rituale fortsetzten, hockte Hoshina sich zu Suiren. Sie lag reglos da

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