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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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Laternen säumten einen Weg, der sich durch den mit Tau bedeckten Rasen schlängelte, an knorrigen Büschen vorbei zu einem höher liegenden Pavillon mit einem Strohdach und vergitterten Mauern. Durch die geöffnete, gewölbte Eingangstür sah Sano die große, schlanke Gestalt des Kammerherrn. Yanagisawa ging auf und ab, wobei sein seidenes Gewand über den Steinboden schleifte. Als er Sano erblickte, blieb er stehen und nickte ihm zu. Sano trat zu Yanagisawa in den Pavillon. Sie verneigten sich voreinander, während die Ermittler und die Wachposten ein Stück entfernt warteten.
    »Ich danke Euch, dass Ihr so schnell gekommen seid«, begrüßte Yanagisawa den sōsakan-sama.
    Der Kammerherr legte ein förmliches, gelassenes Verhalten an den Tag, doch sein unsteter Blick ähnelte dem eines Mannes, der einen schweren Schock erlitten hatte. Es musste irgendetwas Schlimmes geschehen sein, erkannte Sano.
    »Hat Priester Ryuko den Shōgun überzeugt, uns zu verdammen?« Das schien für Sano der einzig plausible Grund zu sein, warum Kammerherr Yanagisawa ihn zu sich gerufen hatte.
    Yanagisawa hob ungeduldig die Hand, um Sanos Vermutung zurückzuweisen, er hätte ihn zu sich gerufen, damit sie sich gegen Priester Ryuko verbündeten und sich vor einer Degradierung, dem Exil oder dem Tod retten konnten. »Nachdem Ihr gestern Abend so übereilt das Treffen verlassen habt«, sagte Yanagisawa, »konnte ich den Shōgun überzeugen, dass Priester Ryuko uns zu schnell verurteilt hat und dass wir eine weitere Chance verdienen, Fürstin Keisho-in zu retten.« Er sprach, als wäre das alles nicht mehr wichtig und als hätte der Streit mit Ryuko jegliche Bedeutung verloren. Wieder schritt der Kammerherr unruhig auf und ab.
    »Und warum wünscht Ihr mich dann zu sprechen?«, fragte Sano.
    Es kostete Yanagisawa sichtlich Mühe, seine unruhige Wanderung zu unterbrechen. Schließlich blieb er stehen und schaute Sano ins Gesicht. »Der Erpressungsbrief der Entführer ist eingetroffen«, sagte er leise.
    »Was?«, stieß Sano erstaunt hervor. Das Herz schlug laut in seiner Brust, als er Yanagisawa erwartungsvoll und alarmiert anstarrte. »Wann? Wie?«
    Der Kammerherr griff in sein Gewand und zog ein großes, zusammengefaltetes Blatt heraus. »Ein Wachposten hat ihn vor einer Stunde auf der Palastmauer gefunden. Er hat ihn mir gebracht, weil er einer meiner Spione ist.«
    »Habt Ihr dem Shōgun den Brief schon gezeigt?«, fragte Sano.
    Yanagisawa holte tief Luft. »Noch nicht. Bisher weiß niemand etwas von dem Brief.«
    Es verwirrte Sano, dass der Kammerherr dem Shōgun wichtige Informationen vorenthielt, doch mehr noch verwunderte ihn, dass Yanagisawa zuerst mit ihm über die Nachricht sprechen wollte. »Aber warum …?«
    »Hier!« Yanagisawa drückte Sano den Brief in die Hand.
    Verwirrt faltete Sano das Blatt auseinander. Die großen Schriftzeichen waren kühn und elegant geschwungen und in schwarzer Tusche niedergeschrieben. Die Nachricht lautete:
     
    »Die Frau strampelt wild im dunklen Wasser,
    Ihr Haar und ihre Röcke breiten sich aus
    Gleich den Blütenblättern einer Blume,
    Die in den tiefen See geworfen wurde.
    Ihre Hilferufe erschallen durch die Nacht,
    Doch leider, leider hört sie niemand.
    Hohe Wellen überfluten die Schöne,
    Und eisiges Wasser dringt in ihre Lungen,
    Arm und Beine verfangen sich in Seetang.
    Sie gibt sich der Angst und dem Leid hin,
    Als sie in die Tiefe sinkt und ertrinkt.
     
    Ihre Lebensgeister erlöschen,
    Verlassen ihren toten Körper,
    Sie treibt in verzaubertem Schlummer,
    Und in unergründlichen Tiefen,
    Durch Wasserkanäle in ein Grab
    Weit, weit im östlichen Meer.
     
    In einem glitzernden Garten erwacht sie,
    Mit Seeigeln und Muscheln und Korallen.
    An schimmernden Fischen schwimmt sie vorbei,
    Zu einem Palast aus leuchtendem Perlmutt,
    Wo der mächtige Drachenkönig herrscht
    Über sein Unterwasser-Königreich.
    Des Drachenkönigs grüne Schuppen
    Und seine goldenen Krallen glänzen,
    Seine Augen funkeln wie rote Juwelen,
    Und aus seinem Mund lodern Flammen.
    Sein sich windender Schlangenkörper
    Umschlingt die Frau, die voller Angst
    Vor ihm zurückzuweichen versucht.
    Doch der Drachenkönig flüstert:
    › Hab keine Angst, meine Schöne. ‹
    Und er überhäuft sie mit Perlen,
    Gold und funkelndem Edelstein.
    »Du sollst meine Königin sein
    Und hier in meinem Palast leben
    Bis in alle Ewigkeit.«
    An den ehrenwerten Shōgun!
    Wenn Eure Mutter zu Euch zurückkehren soll, so verurteilt

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