Der Palast
standen Häuser am See; dort erblickte Reiko weitere Gestalten. Offenbar hatten die Entführer ihre gesamten Kräfte mobilisiert, um die geflohene Geisel auf der Insel zu jagen.
Reiko spähte nach Süden und hoffte, den Palast umrunden zu können und auf der anderen Seite ein Boot zu finden. Regen tropfte aufs Laub, während Sonnenstrahlen die Wolkendecke durchdrangen. Als Reiko im Zickzackkurs durch den Wald lief, hörte sie Schritte im Unterholz.
»Was war das?«, fragte ein Mann.
»Was?«, fragte ein anderer.
»Ein Lichtstrahl.«
Das Sonnenlicht muss sich auf meinem Dolch gespiegelt haben!, dachte Reiko verzweifelt. Kaum hatte sie sich im Gestrüpp versteckt, rief der erste Mann: »Ich sehe sie! Sie ist da drüben!«
Vor Entsetzen wie gelähmt, vernahm Reiko andere Stimmen, die antworteten und die Nachricht verbreiteten. Sofort rannte sie weiter, doch Baumstämme, Büsche und Sträucher behinderten sie beim Vorankommen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Reiko umher und beobachtete die Männer, die mit schnellen Schritten den Wald durchquerten und den Abstand zu ihr immer mehr verringerten. Reiko klopfte das Herz zum Zerspringen, und sie rang keuchend nach Atem. Plötzlich gelangte sie auf einen Hof, der mit verwitterten Steinplatten bedeckt war und an drei Seiten von Gebäuden begrenzt wurde, die ihre Flucht zusätzlich behinderten. Die Entführer hatten sie geradewegs zum Palast getrieben!
Als Reiko stolpernd stehen blieb, erhaschte sie einen kurzen Blick auf zweistöckige Gebäude mit Balkonen, schattigen Veranden und Fenstern. Sie hörte Pferde schnauben und konnte die Tiere auch riechen: Die Entführer hatten sie über den See getrieben und in Ställen auf der Insel untergebracht. Für Reiko gab es nun kein Entrinnen mehr. Keuchend drehte sie sich zu ihren Entführern um.
Es waren ungefähr dreißig Männer, die sich in einem Halbkreis aufgestellt hatten und ihr den Weg versperrten. Mehrere Samurai hoben ihre Schwerter und spannten Pfeile in die Bögen; Bauern schwangen ihre Keulen. Mürrische Mienen starrten Reiko an, und unheilvolles Knurren drang an ihr Ohr. Fest entschlossen, sich nicht kampflos zu ergeben, hob Reiko die Klinge.
»Legt den Dolch nieder, oder wir schießen«, rief ein Samurai.
Reiko erkannte das Gesicht des Mannes und sah die blutende Wunde auf dessen Schläfe. Das war der Anführer, den sie niedergeschlagen hatte. Reiko zögerte. Ein Pfeil sirrte durch die Luft. Der Pfeil streifte die Hand, in der sie den Dolch hielt. Sie schrie auf, öffnete die Hand. Der Dolch fiel zu Boden. Die Männer schritten auf Reiko zu. Verängstigt wich sie zurück, bis sie gegen eine Veranda prallte.
»Immer noch so mutig, was?«, spottete der Anführer, dessen Augen rachsüchtig funkelten. »Ich wette, Ihr seid weggelaufen, weil Ihr ein wenig Spaß haben wolltet. Nun, den werden wir jetzt haben.«
Er umklammerte ihren Arm. Reiko schrie auf und versuchte, sich aus dem Griff zu befreien. Kichernd ließ der Samurai sie los. Ein zweiter Mann packte sie. Dann stießen die Männer sie von einem zum anderen. Hände strichen über ihren Körper, lösten die Spangen aus ihrem Haarknoten und zogen an den seidigen Strähnen. Reiko wehrte sich mit Händen und Füßen, doch das Lachen der Männer wurde immer lauter, und ihre Hände packten immer gröber zu. Einer riss Reiko die Schärpe von der Taille. Reiko presste den Kimono auf ihren Körper, während die Männer sie lüstern anstarrten. Wieder stießen sie Reiko hin und her, drehten sie im Kreis und strichen ihr mit schwieligen Händen über die Haut. Der Himmel, der Wald, die Gebäude und die verzerrten Gesichter drehten sich um Reiko, die hilflos hin und her taumelte. Die Angst und der Schwindel lösten Übelkeit aus. Die Männer rissen ihren Kimono auf. Nur ein dünner, weißer Unterrock verdeckte ihre Blöße. Schutz suchend kauerte Reiko sich auf die Erde.
»Verschwindet!«, schrie sie.
»Wir sind noch nicht fertig«, erwiderte der verwundete Samurai. An die anderen gewandt, fügte er hinzu: »Haltet sie fest.«
Reiko wehrte sich, bis sie keine Luft mehr bekam. Die Männer ergriffen sie und warfen sie zu Boden. Sie packten Reikos Arme, drückten sie über ihrem Kopf auf den kalten Boden und spreizten ihre Beine. Groß und drohend ragte der Anführer über ihr auf.
»Jetzt werdet Ihr büßen für alles, was Ihr mir angetan habt«, brummte der Mann und hockte sich auf Reiko, die sich verzweifelt wand. Die Komplizen des Anführers klatschten
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