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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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in Schwierigkeiten geraten wären und ihre Identität hätten preisgeben müssen.
    Hirata schaute auf das Lager in der Nähe, in dem Gepäck- und Sänftenträger wohnten, die man anheuern konnte.
    »Wir versuchen es zuerst in dem Lager dort«, sagte er.
    Die drei Ermittler ließen ihre Pferde an den Wassertränken zurück und betraten das Lager. Zypressen warfen Schatten auf einfache Baracken und Zelte. Aus den Aborten drang der Gestank von Urin und Exkrementen, der sich mit dem Geruch aus den nahen Ställen vermischte. Männer mit groben, wettergegerbten Gesichtern hockten an einem Feuer und reichten eine Flasche Sake herum, während das Essen in Eisentöpfen kochte. Ihre sehnigen Muskeln spannten sich unter den zerfetzten Kimonos. Sie schauten Hirata und die beiden Ermittler misstrauisch an.
    »Wir suchen vier Frauen, die möglicherweise mit einer Gruppe von Männern unterwegs sind«, sagte Hirata. Dann beschrieb er Midori, Reiko, Keisho-in und Fürstin Yanagisawa. »Habt ihr Frauen gesehen, auf die meine Beschreibungen passen?«
    »Das hängt davon ab, wer uns fragt«, erwiderte der kräftigste Mann der Truppe. Seine listigen, glänzenden Augen musterten Hirata durchdringend. Seine Haut war von Tätowierungen übersät, die blaue, geflügelte Dämonen darstellten. Die krumme Nase und das vernarbte Gesicht ließen erahnen, dass dieser Mann noch nie vor Gewalt zurückgeschreckt war. Hirata vermutete, dass es sich um den Anführer des Lagers handelte.
    »Jemand, der bereit ist, für gute Informationen zu zahlen«, sagte Hirata.
    Ermittler Marume klimperte mit den Münzen im Geldbeutel an seiner Taille.
    »Ah«, sagte der Anführer mit verschlagener Miene. »Tokugawa-Spione. Sucht Ihr zufällig die Mutter des Shōgun und die Damen, die an der Tōkaidō entführt wurden?«
    »Nein«, entgegnete Hirata. Es verwirrte ihn, dass dieser Mann ihre Verkleidungen und ihre List durchschaut hatte, während sie alle anderen täuschen konnten.
    Der Anführer schien von Hiratas Antwort nicht überzeugt zu sein. »Wenn Ihr es sagt.« Er verneigte sich mit spöttischer Miene. »Mein Name ist Goro, und ich stehe Euch zu Diensten«, fuhr er fort. Dann wandte er sich an seine Kameraden. »Ihr habt die Gelegenheit, euch ein paar Silbermünzen zu verdienen, ohne einen Finger krumm zu machen. Nun? Habt ihr diese Frauen gesehen?«
    Die Männer schüttelten die Köpfe. Zu ihrem Bedauern mussten sie die Frage verneinen.
    »Was ist mit ein oder zwei Frauen, die in verschiedenen Gruppen gereist sind?«, fragte Hirata. Vielleicht hatten die Entführer die Gruppen aufgeteilt, um nicht entdeckt zu werden. Leider wurde auch diese Frage verneint.
    »Ist euch denn irgendetwas aufgefallen?«, fragte Hirata, wobei ihm Goros spöttisches Grinsen nicht entging. Er erkannte, dass der Mann Informationen zurückhielt und ihn zum Narren hielt. »Sagt mir, was Ihr wisst!«, befahl Hirata verärgert.
    Goro hielt ihm die geöffnete Hand hin und wackelte mit den Fingern. Marume ließ ein paar Münzen in Goros Hand fallen, bis Hirata sagte: »Das reicht. Redet jetzt.«
    Der Mann grinste und steckte die Münzen in seinen Geldbeutel. »Vorgestern hat eine Gruppe Samurai mich und ein paar andere Träger eingestellt, damit wir vier große Holztruhen für sie tragen.« Goro breitete die Arme aus und deutete die Größe der Truhen an, die groß genug waren, um Menschen darin zu transportieren.
    Hirata wurde von Erregung gepackt. »Was war in den Truhen?«, fragte er begierig.
    »Weiß ich nicht«, sagte Goro. »Der Samurai hat es nicht gesagt, und ich hab ihn nicht gefragt. Aber in den Deckeln der Truhen waren Schlitze.«
    Damit die Menschen, die dort eingesperrt waren, Luft bekamen, dachte Hirata.
    »Die Samurai waren sehr in Eile«, fuhr Goro fort. »Und sie haben uns großzügig entlohnt.«
    Weil sie Verbrecher waren, die Schmuggelwaren oder entführte Frauen transportierten. »Und wohin habt Ihr die Truhen getragen?«, fragte Hirata.
    »Durch Izu hindurch.« Die Halbinsel Izu, die im Westen von Hakone lag, ragte an Japans Südküste ins Meer. »Wir sind den Samurai über die Hauptstraße gefolgt, die durch Izu führt. Wir mussten fast rennen, um mit ihnen Schritt zu halten. Bei den Göttern, waren diese Truhen schwer! Zum Glück haben wir eine Truhe jeweils zu viert getragen, sonst hätten wir diese lange Strecke nie und nimmer durchgehalten.«
    Jetzt wusste Hirata, wie die Entführer ihre Opfer transportiert hatten, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.

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