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Der Palast

Der Palast

Titel: Der Palast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rowland
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etwas erinnerte. »Es gab da einen Mann, einen Händler aus Miyako namens Naraya. Vor sieben Jahren habe ich seine Tochter wegen eines Diebstahls verhaftet. Sie starb im Gefängnis, als sie auf den Prozess wartete. Einige Zeit später traf ich Naraya in der Stadt. Er gab mir die Schuld an ihrem Tod und sagte, dass ich dafür büßen würde. Ich hatte die Sache ganz vergessen. Gerade erst ist sie mir wieder eingefallen, weil ich im letzten Jahr gehört habe, dass Naraya sein Geschäft nach Edo verlegt hat …«
    Sano wusste, dass Naraya Hersteller und Händler von Sojasauce war. Über die Verbindung zwischen Naraya und Hoshina war ihm nichts bekannt, aber er hatte genug über Naraya gehört, um zu wissen, dass dieser Mann durchaus als Entführer infrage kam.
    »Naraya könnte einer der Täter sein«, sagte Sano mit aufkeimender Hoffnung; dieser kleine Erfolg weckte die Erinnerung an einen Vorfall, der sich zwei Jahre zuvor zugetragen hatte. »Was ist mit Kii Mataemon?«
    »Er hat mich beim Streit im Palast mit dem Schwert angegriffen«, erwiderte Hoshina in einem Tonfall, mit dem er jede Schuld von sich wies. »Die Wachen haben ihn ergriffen, bevor ich mich verteidigen musste. Es war seine eigene Schuld, dass er starb.« Eine Waffe im Palast zu erheben war ein Verbrechen, das mit dem Tod bestraft wurde. Mataemon, der Sohn von Fürst Kii, ein daimyo, war damals gezwungen worden, seppuku zu begehen – rituellen Selbstmord. »Möglicherweise gibt sein Klan mir die Schuld an seinem Tod.«
    Sano hätte am liebsten laut gejubelt, denn der Kii-Klan war eine noch viel bessere Spur als Naraya. Hoshina wirkte wie betäubt. Während des gesamten Gesprächs mit Sano hatte er an der Wand gekauert und sich kaum geregt; nun aber setzte er sich hin und streckte die Beine aus. Er starrte in die Ferne wie ein Mann, der auf einer einsamen Insel ausgesetzt wurde und nun ein Schiff erblickte, das übers Meer gesegelt kam, um ihn zu retten.
    »Ich werde den Kii-Klan und den Händler Naraya befragen«, versprach Sano.
    »Tut das und rettet Fürstin Keisho-in, bevor ich hier noch den Verstand verliere.« Hoshina sprang auf und schritt durch die Zelle, als hätte die Hoffnung auf Rettung seine Energien wiederbelebt. Er ging zu einem Fenster, umklammerte die Gitterstäbe und starrte hinaus. »Ich wünschte, ich könnte selbst etwas für meine Rettung tun!«, rief er und stieß einen gequälten Schrei aus. »Ich halte diese Untätigkeit nicht mehr aus!«
    »Kammerherr Yanagisawa wird Euch nicht im Stich lassen«, versicherte Sano ihm.
    Was das betraf, schien Hoshina große Zweifel zu hegen. »Seht Ihr ihn durch diese Tür stürmen, um mich zu trösten oder zu retten? Nein, er sorgt sich nicht mehr um mich«, zischte er.
    »Er hat mich gebeten, ihn über unser Gespräch in Kenntnis zu setzen«, sagte Sano.
    »Ihn interessiert doch nur, ob ich Euch Informationen geben konnte, die zur Rettung Fürstin Keisho-ins beitragen können!« Verachtung ließ Hoshinas Stimme beben, ohne seinen Kummer zu verbergen. »Er will sich nicht mit Schmutz besudeln, indem er sich mit mir verbündet, darum lässt er Euch die Dreckarbeit machen. Gebt acht, dass er Eure Verdienste nicht als seine eigenen ausgibt!«
    »Der Kammerherr hat dieses Treffen zwischen uns arrangiert, damit Ihr die Gefälligkeit von mir einfordert, die ich Euch schulde, sodass ich Euch das Leben rette«, entgegnete Sano.
    Hoshina, der noch immer die Gitterstäbe umklammerte, drehte sich um und blickte Sano an, als hätte dieser den Verstand verloren. »Nein. So verschlagen ist nicht einmal der ehrenwerte Kammerherr.« Hoshina starrte wieder durchs Fenster. Das Gegenlicht der Sonne hüllte seinen Kopf und seine zu Fäusten geballten Hände in Dunkelheit. »Als er den Brief der Erpresser gelesen hat, hat er mich aufgegeben.«
    Sano begriff, dass er Yanagisawa in gewisser Weise besser kannte als Hoshina. Doch es wäre Zeitverschwendung gewesen, Hoshina zu erklären, dass Yanagisawa ihn nicht im Stich lassen würde.
    »Ich muss jetzt gehen«, sagte Sano und rief die Wachen, damit sie die Tür der Zelle aufschlossen. »Falls Naraya oder der Kii-Klan in die Entführung verstrickt sind, werde ich es bald herausfinden.«
    Bevor Sano den Palast verließ, suchte er Kammerherrn Yanagisawa in dessen Anwesen auf. Im Vorzimmer drängten sich Hofbeamte, die Pfeife rauchten und plauderten, während sie darauf warteten, vom Kammerherrn empfangen zu werden. Ein Schreiber führte Sano an den anderen Besuchern

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