Der Papstkäufer
seinen neuen römischen Faktor vorschlug, waren so großzügig, dass dieser sich nicht zu langwierigen Verhandlungen hinreißen ließ. Gute Provisionen, ein üppiges Spesenkonto und langjährige, diskrete Mitarbeiter waren eine gute Basis für die zukünftigen Geschäfte, die eben diese Diskretion auch dringend erfordern würden. Eine Menge Schatzkammern, Ablasskästen und private Spartruhen galt es noch zu erschließen. Die einzige Gegenforderung des Hauses Fugger an Zink war: Erfolg – um jeden Preis.
Schwer beeindruckte ihn die neue, erst vor wenigen Monaten bezogene Fuggerfaktorei in Rom, als er dort kurze Zeit später seinen Antrittsbesuch machte. Günstig gelegen, in der Nähe der Florentiner Kirche, wo es einerseits über die Rione di Ponte zur Engelsburg hinaufging, andererseits gleich mehrere Straßen zusammenmündeten in die große Landstraße hinaus in die Campagna. Viel Verkehr, viele Pilger, das roch nach guten Geschäften.
Das stattliche Haus mit Büros, Lagerräumen und einem Speisesaal im ersten Stock, in dem wichtige Kunden angemessen bewirtet werden konnten, aber auch Wohnungen für die Angestellten, hatte bereits im Volksmund einen Namen: ›Ulrich Fuggers und seiner Gebrüder Bank zu Rom‹. Dies und mehr hatte ihm der langjährige Faktor Jakobus de Doffis erzählt, der ihn zuerst nicht wiedererkannt hatte, waren doch über zwanzig Jahre vergangen seit Johannes Zinks erstem ›Lehrbesuch‹ in der Ewigen Stadt. Viele Jahre schon hatte de Doffis nun zu Fuggers Zufriedenheit gearbeitet, jetzt ging seine Lebenszeit dem Ende zu. Er hatte zwar schon am Spezial-Ablass einen Anteil für die Fugger herausgehandelt, das sollte jedoch sein letztes großes Geschäft gewesen sein.
Endlich hatten die Fugger beschlossen, dass die Geschäfte mit dem Vatikan und der Kurie Ausmaße erreicht hatten, die die Entsendung eines neuen Faktors aus Deutschland rechtfertigten. Auf ihn, den Sohn aus bescheidenem Bürgerhause, war ihre Wahl gefallen, dachte Zink nicht ohne Stolz. Die Bescheidenheit, gepaart mit ein wenig, aber nicht zu viel Ehrgeiz, hatte sein Vater an ihn weitergeben wollen. So war Zink aufgewachsen mit Leitsätzen, dass Geld zwar wichtig, aber nicht alles sei und dass man besser ein armer Katholik als ein reicher Sünder sein mochte. Lange genug hatte er an diese Prämissen geglaubt. Mittlerweile konnte Zink darüber nur noch lachen. Zwei Jahre lang sollte er als Unterfaktor von de Doffis angelernt werden. Zuerst hatte er sich gefragt, was er, der sich selbst bereits für einen guten Kaufmann und ein veritables Schlitzohr hielt, denn von dem Florentiner lernen sollte. Schließlich hatte er viele Jahre im Augsburger Kontor hinter sich, war in Venedig und auch bereits in Rom gewesen. Hatte Siegmund von Tirol in den Abgrund gestoßen und Melchior von Meckau und vielen anderen hohen Würdenträgern hohe Geldsummen abgeschwatzt. Was sollte er noch lernen? Aber wie hatte er sich da getäuscht! Nicht Buchhaltung lernte er bei de Doffis, sondern die ganz hohe Schule der Intrige und Korruption. Alles, was er bislang als leicht anrüchig empfunden hatte, waren lediglich Bubenstreiche, verglichen mit dem, wie es in Rom zuging.
»Ihr lernt schnell«, hatte de Doffis ihm schon nach kurzer Zeit attestiert. »Das ist aber auch notwendig. Dieser Borgiapapst macht Geschäfte mit vielen Kaufleuten, nicht nur mit uns und den Medici. Und alle sind wie ein Rudel Wölfe, die nur darauf warten, dass einer ein Zeichen von Schwäche zeigt, damit sie sich auf ihn stürzen und gemeinsam zerfleischen können.«
Die Faktorei der Fugger hatte sich in diesem Metier über die letzten Jahre bereits den Status eines Platzhirsches erarbeitet. Selbst nach so vielen Jahren staunte Johannes Zink immer noch bisweilen über die Summen, die hier über den Tisch gingen. Besonders der Klerus aus Deutschland nutzte die Fuggerbank, um seine Tributzahlungen an den Papst zu entrichten. Wie keuchten und schwitzten die Ordinari, die Postboten aus dem Hause Taxis, wenn sie säckeweise Post aus Deutschland, Polen, den Nordländern und Ungarn die Stiegen hinauf wuchteten. Das Fuggerpersonal sortierte diese dann, der Faktor oder Unterfaktor diktierte den Schreibern Anweisungen dazu oder Antworten. Es kamen Abrechnungen von Kupfer- und Silberkäufen, Abrechnungen von Petruspfennigen, Servitien und Pfründen. Beinahe alle hohen Geistlichen Deutschlands hatten sich innerhalb weniger Jahre angewöhnt, ihre Abgaben zu Händen Fuggers, ›per
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