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Der Papstkäufer

Der Papstkäufer

Titel: Der Papstkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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manu de Fugger‹, nach Rom zu schicken.
    Einen nicht unbeträchtlichen Anteil am Geldfluss gen Rom machten Ablassgelder oder Bestätigungen von Ablassüberweisungen aus. Der französische Papst Clemens VI. hatte, als Dekret per Bulle angeordnet, im vierzehnten Jahrhundert festgestellt, dass das Leben, Wirken und Sterben Jesu Christi einen Schatz von Verdiensten angehäuft habe, über den er und seine Nachfolger auf dem Stuhl Petri nach Belieben verfügen könnten. Bis in alle Ewigkeit.
    Zum Beispiel konnte einem gläubigen Schaf seiner Herde, aber auch dessen schon längst verstorbenen Ahnen, die Zeit der Qualen im Fegefeuer verkürzt werden. Oder auch alle Arten von Sünden, lässliche wie schwere, vergeben werden. Der Haken an der Sache war nur: Das gab es nicht umsonst! Davor hatte die Kirche die Ablassbriefe gesetzt. Gegen bare Münze jedoch gab es jeden Sündenerlass, für arm und reich. Inzwischen machte der Verkauf von Ablassbriefen eine der wichtigsten Einnahmequellen für den Heiligen Stuhl aus.
    Die schlaue Idee war zuerst nämlich die gewesen: In alten Zeiten hatte es den Ablass von den Sünden nur bei einer Pilgerfahrt nach Rom gegeben. Wenn nun aber jemand so viel Geld an den Papst bezahlte, wie eine Reise nach Rom gekostet hätte? Dann hätte man zwei Fliegen mit einer Klappe erwischt: Mehr Geld für den Papst und leichtere, weniger aufwändige Vergebung der Sünden für die einfachen Gläubigen.
    Für lange Zeit war der Ablasshandel streng geregelt gewesen, nur ganz bestimmte Sündenstrafen konnten durch Geld erlassen werden, jedoch keinesfalls ohne tätige Reue. Diese Regeln waren jedoch nach und nach, je nach Geldbedarf des Heiligen Stuhls, gelockert worden. Ohne Beichte vor einem Priester konnte man nun seine zu erwartende Strafe tilgen. Einfach durch den Kauf eines Ablassbriefes. Vergebung von Kirchenraub und Meineid kosteten neun Dukaten, ein Mord war bereits für acht Dukaten vergeben. Sogar Begnadigungen vor weltlichen Gerichten waren so zu erkaufen. Der Borgiapapst Alexander VI., stets in Geldnot, pflegte auf Kritik an dieser Praxis zu entgegnen: »Der Herr wünscht nicht den Tod eines Sünders, sondern dass er lebt – und zahlt.«
    Zu guter Letzt konnte man sogar seine toten Verwandten noch freikaufen aus dem Fegefeuer.
     
    Aber nicht nur Abgaben trafen ein. Zink hätte nicht überrascht sein sollen, wie viel Geld die hohe Geistlichkeit selbst bei Fugger anlegte. Er wusste es ja aus eigener Erfahrung. Dennoch, hier im Zentrum der Kirche, die Zinsen verboten hatte, legte eigentlich jeder Würdenträger sein Geld nur gegen gute Zinsen an. Von wegen Armutsgelübde. Zink lernte nicht nur von de Doffis. Auch von seinen Kunden, Gläubigern wie Schuldnern. Langsam und unaufhaltsam wurde der Drang immer größer in ihm, dieses Spiel nicht nur als Lakai, als Nebendarsteller, mitzuspielen, sondern in einer führenden Rolle. Und bisweilen ertappte er sich dabei, wie er seinen Brötchengeber, Jakob Fugger, für dessen Frömmigkeit verachtete. Eine Frömmigkeit, die Zinks Meinung nach echtem Profit im Wege stand.
    »Was hilft’s, einen Haufen Geld zu gewinnen, wenn man einen großen Teil gleich wieder als Almosen oder für Ablässe der Kirche zurückgibt«, hatte er in Gegenwart seiner wenigen Vertrauten – Freunde hatte er in Rom keine – immer wieder gelästert.
     
    Johannes Zink liebte Italien; und Rom liebte Zink. Alles, was er anfasste, schien ihm zu gelingen. In dem Moment, wo er, auch in Zukunft bei seinen immer seltener werdenden Besuchen in Augsburg, auf der Rückreise den letzten Alpenpass hinter sich wusste, ging eine Verwandlung in ihm vor. Der Blick auf die grünen Berge Südtirols, mit dem Wissen, danach die wunderbare Toskana durchqueren zu können, das alleine rechtfertigte schon einen Großteil der Reisestrapazen. Der schwäbische Kaufmann mutierte auf jeder Rückreise nach Rom zum Mann mit dem Habitus eines Italieners, die er doch so viel höflicher und feiner fand als die biederen, beinah bäuerlichen Augsburger. Schlauer und verschmitzter dazu, alles Eigenschaften, die Zink für sein Geschäft unerlässlich fand. Und er wurde im Lauf der Jahre so italienisch, wie man es als Schwabe werden konnte. Kleidung, Gestus und Duktus hatte er sich schnell von den Menschen abgeschaut, zu denen er anfangs aufgeschaut hatte, die aber nur kurze Zeit später zu ihm Geld leihen kamen. Sein Italienisch, dass sich bei ihm anfangs so angehört hatte, als hacke jemand Holz, war Monat für Monat

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