Der Papstkäufer
Probe und gab sie dem Vorkoster. Der kaute, schluckte und gab nach einer Minute Entwarnung. Ähnlich verfuhr er mit dem schweren roten Wein, der gereicht wurde. Zudem legte der Vorkoster ein Stück Elfenbein auf das Fleisch, da ja jeder gebildete Mensch wusste, dass sich Elfenbein beim Kontakt mit Gift verfärbte.
Erst danach war der erste Gang freigegeben zum Verzehr für den hohen Gastgeber und seinen Gast. Der nächste Gang lief genauso. Der eigentliche Anlass der Einladung war allerdings eher nebensächlich. Den lediglich fünf Gängen angemessen. Alexander Borgia wollte den neuen Vertreter der Fugger in Rom endlich einmal offiziell kennen lernen und die Fugger bei dieser Gelegenheit mit einer kleineren Zahlungsverpflichtung betreuen. Der Zink natürlich gerne nachkam; war er nicht genau aus diesem Grund nach Rom gekommen?
Der Papst hatte aber bei diesem ersten Treffen scheinbar Gefallen gefunden an Johannes Zink, so dass die Aufträge größer und zahlreicher wurden.
Der erste große Auftrag Zinks betraf die Zahlung von vierzigtausend Dukaten an König Wladislaus von Ungarn, einen Bündnispartner des Papstes gegen die Türken. Zink streckte das Geld vor, die Kurie zahlte relativ zügig zurück, die Firma Fugger machte einen guten Schnitt.
Und sehr schnell forderten die Fugger über Zink beim Papst erste Gegenleistungen für ihre ›Großzügigkeiten‹ ein.
In Speyer war der Bischof Ludwig verstorben, ein neuer Bischof musste her. Unter den Kandidaten für die Vakanz waren auch diverse Fugger-Kunden, die sich aufgrund der guten Beziehungen der Fugger zum Heiligen Stuhl berechtigt gute bis sehr gute Hoffnungen machten. Allerdings hatte mittlerweile Georg Fugger sich ausgedacht, dass die Propstei Speyer seinem jüngsten Sohn Markus gut zu Gesicht stünde. Auch wenn dieser erst dreizehn Jahre alt war, eine Kirchenkarriere konnte man nicht früh genug beginnen. Unter dem Protest der enttäuschten anderen Kandidaten legten die Fugger den Preis für die drei zu vergebenden Pfründen einfach auf fünfhundertsechzig Dukaten fest – zu zahlen in Rom ›per manu de Fugger‹. Wider Erwarten erklärte sich einer der Kandidaten – der Domherr Engelhard von Neuenhausen – bereit, den horrenden Preis zu zahlen. Die Fugger sahen die Förderung ihres Sprösslings gefährdet.
Also bekam Zink zuerst einmal den Auftrag, den Domherrn beim Papst gründlich anzuschwärzen. Aufgrund von völlig aus der Luft gegriffenen Vorwürfen erhielt Engelhard von Neuenhausen aus heiterem Himmel zwei päpstliche Zitationen, Verwarnungen. Und Jakob Fugger, der im Besitz der Verleihungsrolle der Pfründen war – im Auftrag des Papstes – verweigerte schlichtweg die Herausgabe an den Domherrn.
Schließlich wurde ein dreizehnjähriger Junge aus dem Hause Fugger Propst am Speyrer Dom, und dabei beließ man es beileibe nicht. Es kamen noch klangvollere Titel hinzu: Propst und Kanonikus von Regensburg, und das mit vierzehn Jahren!
All das hatte Zink vor Ort mit dem Papst ausgetüftelt. Gegen bare Münze für Alexander VI.
Auch die Ernennung von Fuggers Kompagnon Thurzo zum Eintreiber aller Ablassgelder in Polen ging auf Zinks Konto. Zum Ende des Jahres übertrug der Papst Zink zudem die Betreuung der gesamten Lothringer Ablassgelder.
Der schickte freudige Depeschen nach Augsburg.
Die ersten wichtigen Schritte im Vatikan waren gemacht. Die Fuggerbank in Rom war auf dem besten Weg, die vornehmste Girobank für die ganze christliche Welt zu werden.
Wie zur Bestätigung dieser Erfolge erhielt Zink eine Einladung vom Sohn des Papstes für ein Fest in dessen Wohnung im Vatikan. Überreicht wurde sie vom päpstlichen Zeremonienmeister Johannes Burckhard, den Zink bereits kurz vorher bei einer Audienz kennen gelernt hatte. Er hatte sich amüsiert gezeigt, dass dieser Mann seinen eigenen Vornamen trug und als Nachnamen den seines Vaters. Seit vielen Jahren hatte der fünfzigjährige Mann aus dem Elsass dieses Amt inne und sollte später als päpstlicher Chronist dieses Fest – und andere – für die Ewigkeit festhalten. Es sollte eine Erwähnung wert sein.
»Seine Exzellenz Herzog Valentino gibt sich die Ehre«, begann Burckhard seine Einladung. Auf Zinks fragende Blicke ergänzte er: »Ich vergaß, dass Ihr noch nicht so lange in Rom weilt. Herzog Valentino ist der Künstlername von Cesare Borgia, dem Sohn von Papst Alexander.«
Zink nickte verständnisvoll. Jetzt wusste er Bescheid. Cesare Borgias Ruf war bereits jetzt
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