Der Papstkäufer
legendär.
»Am Sonntag, dem 31. Oktober, werdet Ihr in seinen Gemächern erwartet. Zur Nachmittagsstunde.« Burckhard hielt inne. »Und der Herzog duldet keine Ablehnung.«
Das hatte Zink auch nicht vorgehabt. Zu neugierig war er darauf, in den inneren Zirkel der Borgia-Familie vorzustoßen. Das konnte dem Geschäft nur guttun. Zumal de Doffis nicht eingeladen war. Aus welchem Grund auch immer …
Der Sommer war heiß, lang und stickig gewesen. Wer es sich leisten konnte, hatte die meiste Zeit auf seinem Landsitz verbracht. So weit war Zink noch nicht, noch lebte er in einer kleinen Wohnung in der Nähe der Faktorei, die er gemietet hatte. Außer seiner Arbeit hatte er wenig Abwechslung erfahren in den letzten Monaten. Da kam diese Einladung gerade recht.
Der Herbst war da, alle wichtigen römischen Bürger wieder in der Stadt. Das gesellschaftliche Leben konnte erneut beginnen. Zudem war er neugierig, einen Einblick ins Leben der päpstlichen Familie zu bekommen.
8
So machte er sich am Nachmittag des 31. Oktober, einem grauen, nebligen Herbsttag, in seinem besten geschäftlichen Gewand auf in den Vatikan. Denn für ihn war es ein offizieller Termin. Er hätte indes nicht fehlplatzierter gekleidet sein können. Cesare Borgia empfing ihn in einem seidenen Rock, aus dessen Ausschnitt seine Brusthaare keck hervor lugten. Außer diesem und ebenso seidenen Pantoffeln trug er nichts. Auch die anderen Gäste, etwa siebzig an der Zahl, waren bereits da, einige sollten noch kommen, waren eher für einen Maskenball oder ein Karnevalsfest gekleidet.
»Ach, Zink, Euer Ruf eilt Euch voraus«, lachte Cesare. »Immer der anständige deutsche Kaufmann sein zu wollen, das ist doch langweilig. Ihr seid so ein gutaussehender junger Mann, ihr solltet viel mehr von euch zeigen. Die Frauen freuen sich darüber. Geht mit meiner lieben Freundin hier«, und gesellte Zink eine junge, kokett lächelnde Frau mit langen, rotblonden Haaren an die Seite, »und lasst Euch neu einkleiden. Wir wollen den Vorabend von Allerheiligen ein wenig unheilig genießen.«
Meckerndes Lachen folgte dieser Feststellung. Die junge Frau trug selbst nur wenig mehr als ein dünnes weißes Kleid, das mehr ent- als verhüllte. Sie gab Zink einen ähnlichen Seidenmantel, wie Cesare ihn trug, und sagte lächelnd: »Das sollte ausreichen, zumindest für den Anfang.«
»Wie meint Ihr das: ›Für den Anfang‹?«
»Ihr werdet schon sehen. Nun amüsiert Euch.«
Sie schaute erst schamlos zu, während er sich nackt auszog und in das dünne, seidene Gewand schlüpfte. Fest zog er den Gürtel zu, als befürchte er eine peinliche Situation während des Festes. Dann nickte die Frau ihm anerkennend zu, und nicht nur dafür, dass ihm der Mantel gut stand, sondern auch für das was sie zuvor darunter gesehen hatte. Zärtlich strich sie ihm mit der Hand vom Nacken den Rücken hinunter und verabschiedete sich mit einem koketten Klaps auf den Hintern Zinks. Er war ratlos. Nie hatte er derartiges Verhalten erlebt. Respektlos und frech. Aber auch, andererseits, nicht ohne Reiz. Seine Neugierde wuchs. Cesare Borgias Feste waren berühmt und berüchtigt. Eine Einladung dazu war für die meisten Menschen eine Ehre, für einige wenige eine tödliche Beleidigung.
Zink ging zurück ins Hauptgemach, wo das Fest gerade in die Gänge kam.
Seine Sorge, in eine peinliche Situation zu geraten, war indes unbegründet.
Festliche silberne Kandelaber auf den Tischen und Fackeln an den Wänden tauchten den Festsaal in flackerndes, goldenes Licht. Alle Speisen, in gigantischen Mengen, waren bereits angerichtet.
Vorne standen riesige Schüsseln mit Suppen und Eierspeisen. Das Aroma von gebratenen Enten, Hühnern, Kapaunen und Ochsen hing in der Luft, vermischt mit dem Duft der zahlreichen Räucherkerzen und dem Rosenwasser auf der Haut der Frauen. Jedoch nicht nur der Duft, auch der Anblick der Speisen war erfreulich. Die Fleischgerichte waren appetitlich mit Eigelb, Safran und Mehl paniert, die Fische lagen in festem, glasigem Aspik. Gezuckerte Erdbeeren fehlten ebenso wenig wie gigantische Käselaibe und eine Pyramide aus frischen Kirschen. Gleich sollte es losgehen.
Man wartete nur noch auf Cesares Vater, der dem Fest seinen offiziellen päpstlichen Segen erteilen sollte. Da kam er auch schon, mit einer Maske vor dem Gesicht. Zink begann sich zu ärgern, sogar der Papst hatte von dem Maskenball gewusst, nur er war bei der Einladung ganz offensichtlich dumm gehalten worden.
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