Der Papstkäufer
auf den bloßen Steinboden. Zink hielt, wie alle anderen Gäste, gespannt den Atem an. Was hatte sich ›Herzog Valentino‹ nur wieder ausgedacht. Er lachte laut.
»Sehr verehrte Gäste, wir spielen jetzt ein kleines Spiel. Zuerst spielen es nur die Damen auf dem Boden, dann dürfen alle mitspielen.«
Ein Wink, und Cesares Diener schütteten Kastanien auf den Fußboden, viele Kastanien. Rätselraten bei den Gästen. Was sollte das?
»Und bevor ihr euch weiter in Rätseln ergeht, zeigt euch meine kleine Freundin hier, wie unser Spiel geht.«
Die nackte, rotblonde Frau, die auch Zink zu Beginn eingekleidet hatte und die offensichtlich Cesares zweite Favoritin war, begann, auf allen Vieren über den Boden zu krabbeln. Dann senkte sie den Kopf und biss in eine der auf dem Boden kullernden Kastanien. Sie hob den Kopf und schaute lächelnd in die Runde, während sie so tat, als würde sie an der Kastanie lutschen.
Die Gäste klatschten.
»Meine kleinen Freundinnen werden jetzt alle Kastanien aufsammeln«, fuhr Cesare fort. »Aber, es werden Punkte vergeben. Eine Kastanie mit dem Mund aufzuklauben, ergibt einen Punkt. Wer von euch gewinnen will, sollte sich aber etwas anderes einfallen lassen. Etwas, für das es zehn Punkte gibt!«
Die in das Spiel eingeweihte Frau versetzte nun die ganze Gästeschar in blankes Erstaunen, nicht nur Johannes Zink. Mit lasziver Pose setzte sie sich auf den Boden, genau auf eine Kastanie. Als sie aufstand, war die Kastanie verschwunden. Die Gäste applaudierten begeistert. Der Applaus steigerte sich noch, als Cesare zwischen ihre Beine griff und dort die Kastanie hervorholte.
»Auf geht’s, meine Freundinnen«, gab er das Signal zum Start dieses merkwürdigsten Spiels, das alle Gäste dieses Fests wohl jemals gesehen hatten. »Ein Hinweis noch: Das Benutzen der Hände ist verboten!« Gelächter.
Eine geschlagene Stunde lang krabbelten die Frauen über den Boden, setzten sich in den gewagtesten Posen hin, kullerten die Kastanien durch den Saal.
Zufällig kam Cesare beim Durchstreifen der Festgemächer neben Zink zu stehen und flüsterte ihm lachend ins Ohr:
»Sind sie nicht entzückend, die Damen? Wie eine Schweineherde, die auf der Suche nach Futter ein Kastanienwäldchen durchstreift und sich dabei im Dreck suhlt.«
Er klopfte Zink freundlich auf die Schulter und ging weiter. Am Ende wurde unter den erschöpften Frauen eine Siegerin gekürt, die sich aus einer Auswahl feiner, teurer Gewänder eines als Siegespreis aussuchen durfte.
Das Fest war jedoch noch nicht vorbei.
»Jetzt wollen wir alle mitspielen«, feuerte Cesare seine Gäste an. »Wir gehen jetzt die Orte besuchen, die die Kastanien vor uns besucht haben.«
Und auch hier gab es Preise zu gewinnen. Für diejenigen unter den Gästen, die am häufigsten den Akt vollziehen konnten. Zink war ratlos, wusste nicht, ob er mitmachen oder zusehen sollte. Er misstraute den Borgias soweit, dass er sich erpressbar machen würde, wenn er mittäte. Andererseits, wenn er abseits stehen bleiben würde, machte er sich verdächtig und würde vielleicht nicht mehr eingeladen werden.
So nahm er sich eine Frau blindlings aus der Menge, vollzog den Akt so schnell, aber gleichzeitig so öffentlich, dass jeder ihn sehen konnte, dann knotete er seinen Seidenmantel wieder zu und nahm einen großen Becher Wein. Er wartete gemeinsam mit ein paar anderen Männern, die bereits fertig waren, auf das Ende der Orgie. Während er sich umsah, bemerkte er, dass Papst Alexander das Fest anscheinend schon verlassen hatte. Sein Platz, wie auch der seiner Kurtisane, war bereits leer.
Langsam verloren sogar die Räucherkerzen ihre Wirkung. Der anfängliche angenehme Duft des beginnenden Festes war einer weit unangenehmeren olfaktorischen Mischung gewichen. Der Schweiß kopulierender alter Männer, vermischt mit dem Geruch von Erbrochenem und anderen Ausscheidungen, die dieser Exzess mit sich gebracht hatte, ließen nicht nur Zink hoffen, das Fest möge bald beendet sein. Sie mussten sich jedoch noch eine Weile gedulden, einige Gäste schienen unersättlich zu sein. Erst gegen Mitternacht kam langsam Ruhe in den Berg aus nacktem, verschwitztem Fleisch, den Beinen, Brüsten und Schenkeln. Das Lachen und lüsterne Seufzen wurde leiser, bis es beinahe ganz erstarb.
Cesare saß in einem thronähnlichen Sessel, er hatte sich beim letzten Spiel vornehm zurückgehalten und sein Vergnügen aus dem Zusehen gezogen. Er rief einen der Kardinäle, die bis zuletzt
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