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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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verabschiedet, aufgelegt und sich bei Shambhu bedankt hatte, blieb er draußen vor der Delite Dance Bar stehen und dachte an Pinky. Papa-ji hatte nie erwähnt, daß das Tier Pinky hieß. Wahrscheinlich hatte das für ihn keine Rolle gespielt. Aber irgendwie spielte es doch eine Rolle. Der Name machte die Geschichte von dem vermißten Hund anrührender. Pinky konnte nicht mehr am Leben sein, aber ihre Kinder und Kindeskinder tummelten sich vielleicht noch gesund und munter irgendwo in der Stadt. Vielleicht hatte Sartaj schon einige von ihnen gestreichelt. Ihm fielen mindestens drei oder vier sehr schöne Schäferhunde ein, die er näher kannte. Zwei von ihnen waren neurotisch, aber das führte er darauf zurück, daß sie ihr ganzes Leben in einer kleinen Wohnung verbringen mußten. Da wurde jeder ein bißchen verrückt.
    Er schwang sich auf die Bullet und blieb dann noch einen Moment still sitzen. Die Abendsonne gleißte in den Bürofenstern auf der anderen Straßenseite und lag wie eine Art Dunst über dem Verkehr. Die Straßenhändler verkauften Kleidung, Karten und Schuhe an die Passanten und machten gute Geschäfte. Drei Häuser weiter standen auf der vollbesetzten Terrasse des Eros Shopping Center mehrere Chaat-vaalas. Sartaj roch die heißen Pao-bhajis, und plötzlich hatte er Appetit auf Papri chaat. Als Kind war er geradezu süchtig danach gewesen, und schließlich hatte Papa-ji das Gericht auf eine Portion pro Woche rationiert, die er jeden Freitag bekam. Heute war Freitag. Sartaj stieg wieder ab und ging hin.
    Er stellte sich hinter einer Gruppe kichernder Studentinnen bei den brutzelnden Pfannen an. Die Mädchen trugen schicke kurze Tops und enge Jeans, und alle hatten leuchtend rote und blaue Armbänder aus Gummi. Eine von ihnen fing seinen Blick auf und wandte sich hochmütig ab, dann begannen sie miteinander zu tuscheln. Sartaj drehte sich weg, um sein Lächeln zu verbergen. Bestimmt lästerten sie über den alten Lüstling, diesen billigen Straßenromeo. Er selbst hingegen hegte freundliche Gefühle für sie und wunderte sich, daß Schlaghosen erst so viele Jahre nach seiner Collegezeit wieder in Mode gekommen waren.
    Er bekam sein Papri chaat und umrundete den Kreis der weißen Plastikstühle auf der Terrasse, bis er einen freien Platz fand. Dann überließ er sich dem Genuß der knusprigen Pfannkuchen, ihrem wunderbar säuerlichen Tamarindengeschmack. Offenbar gab er ein befriedigtes Grunzen von sich, denn ein kleiner Junge, der hinter dem Knie seiner Mutter hervorsah, zeigte lachend auf ihn. Sartaj sah ihn an, zog die Nase kraus und nahm einen neuen Happen. »Mmmm«, machte er.
    Sein Handy klingelte. Schnell stellte er den Pappteller hin, wischte sich die Hände an einer Serviette ab und konnte dann endlich nach dem Handy angeln. Es war Iffat-bibi.
    »Was ist, haben Sie Ihre alten Freunde vergessen?« fragte sie, derb wie immer.
    »Are, nein, Bibi.«
    »Dann sind Sie wohl noch böse auf mich.«
    »Böse? Wieso?«
    »Wenn Sie etwas brauchen, und Sie wenden sich nicht an Ihre Freunde, dann müssen Sie böse sein.«
    »Brauche ich etwas?«
    »Sie vielleicht nicht, aber Ihre Kollegen fuhrwerken ja in ganz Mumbai herum.«
    »So? Und warum?«
    »Vielleicht wollt ihr diese Männer ja gar nicht, wenn ihr diese kindischen Spielchen spielt.«
    »Welche Männer?«
    »Den Mann im Rollstuhl. Den Ausländer. Und die anderen.«
    »Wissen Sie, wo sie sind?«
    »Schon möglich.«
    »Sie müssen es mir sagen, Iffat-bibi. Es ist sehr wichtig.«
    »Daß es wichtig ist, wissen wir.«
    »Sie verstehen nicht. Wissen Sie, wo sie sich aufhalten? Es ist sehr dringend.«
    »Da hat sich dieser Guru doch mit einem Haufen Geld davongemacht. Das ist nicht nett von ihm.«
    »Okay. Was wollen Sie?«
    Iffat-bibi seufzte. »Jetzt reden Sie endlich wie ein vernünftiger Mensch. Aber nicht so, nicht am Telefon.«
    »Wo sind Sie gerade?«
    »In Fort.«
    »Das dauert ewig, bis ich da bin. Und es kommt jetzt auf jede Minute an. Sie wissen nicht, was passieren kann, Iffat-bibi.«
    »Dann steigen Sie in den Zug.«
    »Sagen Sie mir einfach, was Sie wollen. Ich tu's, das versprech ich Ihnen.«
    »Das kann ich Ihnen am Telefon nicht sagen. Kommen Sie her. Meine Leute holen Sie vom Bahnhof ab.«

    Also fuhr Sartaj hin. Er nahm die Schnellbahn zum Victoria Terminal, wo ihn zwei junge Männer erwarteten. Sie traten aus der Menge auf ihn zu, und einer von ihnen sagte: »Sartaj-saab? Bibi schickt uns.« Sartaj folgte ihnen zum Gebäude der Times of

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