Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pathologe

Der Pathologe

Titel: Der Pathologe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
und das Gesicht in den Händen vergrub.
    Dirgrove war es nicht. Ich habe nur meine Zeit vergeudet, und jetzt ist eine andere Frau …
    Ich hab die ganze Zeit falsch gelegen, die ganze verdammte Zeit.
    Wie konnte das sein? Alles hatte so elegant zusammengepasst. Werkzeuge, Laser, der Apfel, der nicht weit vom Stamm fiel. Dirgrove ein Sexualtäter, extrem manipulativ. Eindeutig in England, als die jungen Frauen dort abgeschlachtet worden waren, und diese Frauen gehörten dazu, das mussten sie einfach, das war der Grund, weshalb Langdon und Shreve die Ohren gespitzt hatten, weshalb Shreve Doresh angerufen und Doresh Jeremy einen Besuch abgestattet hatte.
    Ich bin nie in England gewesen! Warum kann Doresh das nicht sehen, der Esel!
    Der Lügendetektor würde seine Unschuld beweisen, alles, was sie unternähmen, würde seine Unschuld beweisen, aber zwischenzeitlich würden weitere Frauen …
    FALSCH.
    Das hieß, dass auch Arthur falsch lag. Die Postkarten, die Briefumschläge, der gesamte beschissene Nachhilfeunterricht, den der alte Mann mit ihm veranstaltet …
    Arthur.
    Ein furchtbarer Gedanke packte ihn.
    Arthur, der Vermesser des Todes. Connaisseur der grausigen Geschichten, exzellenter Spieler.
    Arthur, der Student militärischer Strategie.
    Er wusste seit einiger Zeit, dass der alte Mann ihn manipulierte, aber er hatte diesem Schachzug noble Absichten unterlegt.
    Arthur. Arbeitete gern mit dem Tod, benutzte einen Kastenwagen der Gerichtsmedizin als Reservefahrzeug – der Wagen, der ihm gefolgt war, war groß gewesen. Ein Geländewagen, hatte er gedacht. Aber warum kein Kastenwagen?
    Der Mann sezierte. Grub mit einem Spaten … nein, auf keinen Fall. Der Pathologe war zu alt. Alte Männer, ihres Testosterons und ihrer Träume beraubt, taten solche Dinge einfach nicht.
    Außerdem war Arthur auf der anderen Seite der Gewalt gewesen, ein Opfer – das Martyrium.
    Seine Familie getötet.
    Ein ungelöster dreifacher Mord.
    Arthur ohne Alibi, auf dem Weg zu der Hütte, als das Feuer gelegt wurde.
    Arthur, der Jahre brauchte, um aus seinem Haus auszuziehen. Der mit Geistern lebte.
    Geister, die er erschaffen hatte?
    Nein, unmöglich, unerträglich. Der alte Mann war ein Exzentriker, aber kein Ungeheuer – wenn Arthur ein Ungeheuer war, hieße das, dass die anderen CCC-Leute … nein, sie waren Opfer, jeder Einzelne von ihnen. Hatten ihre eigenen Martyrien erlitten, waren durch Leiden geadelt.
    Arthur war ein merkwürdiger Mann, aber ein guter Mann. Jeremys Mentor, der ihn zu Wahrheiten führte.
    Und dennoch hatte ihn der alte Mann direkt auf den Holzweg geführt.
    Ich kann mich doch nicht derart verkalkuliert haben.
    Falls doch, suche ich mir eine andere Arbeit. Als Klempner, als Maurer, als Angestellter in einem schmierigen Stundenmotel. Besser noch, ich heuere auf einem dieser Fischdampfer an, die Krabben und nach Luft schnappende Weißfische fangen.
    Der Apfel fällt nicht …
    Warum hatte Arthur ihm das
angetan
?
    Er richtete sich auf, nahm die Hände vom Gesicht, hatte farbiges Plastik vor Augen.
    Dann traf es ihn wie ein Blitz – ein regelrechter Anfall grandioser Einsicht, der ihm die Eingeweide zusammenzog, und plötzlich waren alle Teile des Puzzles … an ihrem Platz!
    Er sprang auf und lief zur Tür der Kapelle. Als er aufschließen wollte, ging sein Pieper los.
    »Dr. Carrier, hier ist Nancy, die Oberschwester auf Vier Ost. Ich habe eine Patientin hier, eine Mrs. Van Alden, von Dr. Schuster. Sie hat einen Termin für eine Lumbalpunktion und sagt, Sie hätten vor zehn Minuten hier sein sollen, um ihr dabei zu helfen. Wir sitzen hier wie auf Kohlen …«
    »Ich bin durch einen Notfall aufgehalten worden. Ich bin sofort bei Ihnen.«
    »Gut. Sie macht einen ziemlich angespannten Eindruck.«
    Er lief mit gesenktem Blick zu den Aufzügen und fragte sich:
Wie soll ich das nur hinkriegen?
    Während er mit dem Aufzug hochfuhr, sah er in seinem Terminkalender nach.
    Neun weitere Patienten, direkt hintereinander, und jeder brauchte ihn. Doug nicht mitgezählt, und er wusste, dass er bei Doug noch mal vorbeischauen musste; Herrgott, der arme Junge hatte es verdient.
    Wenn seine klinischen Pflichten erledigt waren, war eine Fallbesprechung in der Psychiatrie anberaumt. Die konnte er schwänzen, aber die Leute, die auf ihn angewiesen waren, durfte er nicht im Stich lassen.
    Zehn Patienten, ohne Pause dazwischen, weil er seinen Terminplan komprimiert hatte. Um mehr Zeit für die Nachtarbeit zu haben, und jetzt musste er

Weitere Kostenlose Bücher