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Der Pathologe

Der Pathologe

Titel: Der Pathologe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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und Ted glaubte, er wäre ihn los, aber dann ist Augie wieder aufgetaucht.«
    »Er arbeitet hier?«
    »Nur vorübergehend. Ein einjähriges Forschungsstipendium in Gynäkologie. Ein Firmenstipendium. Ted ist überzeugt, er hat es nur angenommen, um ihm Schwierigkeiten zu machen.«
    Eine befristete Einstellung würde erklären, weshalb er nicht mit Foto im Mitarbeiterverzeichnis abgebildet war.
    »Forschung in Laserchirurgie«, sagte Jeremy.
    Ihre hübschen blauen Augen weiteten sich. »Sie kennen nicht seinen Namen, aber das wissen Sie? Was zum Teufel ist hier los?«
    »Wo kommt Graves her?«
    »Von der Westküste, aus Seattle, glaube ich. Von einer der großen Universitätskliniken dort. Und aus England – Cambridge. Er hält in der ganzen Welt Vorträge. Er ist ein Genie. Ordentlicher Professor mit fünfunddreißig. Ted ist immer noch außerordentlicher Professor. Er kann ihn nicht ausstehen.«
    »Eifersucht?«
    »Zum Teil. Aber ich habe Ted geglaubt, als er sagte, dass Augie darauf aus ist, ihn in jeder Beziehung zu übertreffen.«
    »Ted redet viel von ihm.«
    Gwynn Hauser atmete hörbar aus. »Das Thema kommt zur Sprache.«
    »Ein Dorn im Auge.«
    »Ein großer Dorn. Was hat er getan, und warum kümmert es Sie?«
    »Sie vermuten, dass er etwas Schlimmes getan hat?«
    »Sie sind hier, oder nicht?«
    Jeremy schwieg. Das Schweigen des Therapeuten, einer der wenigen »Tricks« in seinem winzigen Arsenal. Direkt auf ihren Widerstand gerichtet.
    »Ted sagt, er hätte einen gemeinen Zug«, erklärte sie. »Sie haben sich erst kennen gelernt, als Ted im College und Augie auf der High School war. Teds Vater hat ihn und seine Mutter verlassen. Dann hat er Augies Mutter geheiratet und mit ihr in einem arabischen Land und dann in Südamerika gelebt. Später sind Augie und seine Mutter in die Vereinigten Staaten gekommen, und Augie ist hier zur Schule gegangen. Eines Tages erschien er aus heiterem Himmel vor Teds Verbindungshaus, stellte sich ihm vor und versuchte sich in Teds Leben zu drängen.«
    »Ted hat die Wiedervereinigung nicht begrüßt?«
    »Er hatte nichts von Augie gewusst. Niemand hatte je etwas von einer anderen Familie erwähnt. Er wusste auch nicht viel von seinem Vater. Seine Mom hat ihm nur gesagt, dass er Arzt gewesen sei und bei irgendwelchen Forschungen im Dschungel gestorben wäre.«
    »Was für Forschungen?«
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte sie. »Zweifellos irgendwas Brillantes. Ted ist brillant und Augie ebenfalls. Das ist ein Teil des Problems. Ich nehme an, das muss irgendwo herkommen.«
    »Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.«
    Sie nickte.
    Jeremy soufflierte ihr: »Teil welchen Problems?«
    »Zwei übergroße Gehirne, zwei kolossale Egos. Ted ist überzeugt, dass Augie nur Medizin studiert hat, weil er es auch tat. Und Augie hat ihn tatsächlich übertroffen. Hat einen Studienplatz an der besten Uni bekommen, während Teds an dritter Stelle stand. Außerdem hat Augie ein volles Stipendium bekommen und sich zu einem Doppelstudium eingeschrieben. Dr. med. und Dr. phil., alles in fünf Jahren.«
    »Worin hat er den Dr. phil. gemacht?«
    »In Biotechnik. Er ist ein Laser-Fan. Außerdem hat er seinen Facharzt in allgemeiner Chirurgie und Gynäkologie und Geburtshilfe, hat sogar in der Ophthalmologie gearbeitet. Wir reden hier von einem echten Supergenie.« Sie brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Der arme Ted ist nur brillant.«
    Biotechnik. Jeremy erinnerte sich plötzlich an die
Neugier
-Mappe. Der zweite Artikel. Laserchirurgie an Frauen. Ein amerikanisches Team von der Westküste. Ärzte und Ingenieure.
    Arthur hatte ihn auf den richtigen Weg geführt.
Er
hatte den Hinweis übersehen.
    »Haben Sie ihn je kennen gelernt?«
    »Ich hab ihn öfter gesehen, aber nur einmal mit ihm gesprochen. Das war erst letzte Woche. Ted und ich haben im Speisesaal der Ärzte zu Mittag gegessen, als er anmarschiert kam und sich zu uns setzte.« Sie lächelte. »Sobald sein Hintern den Stuhl berührte, hat er mich angemacht. Nichts, weswegen man ihn hätte zur Rede stellen können. Subtil. Blicke, Lächeln. Er ist aalglatt. Ted fand das gar nicht lustig. Ich hab ihm gesagt, er solle sich keine Sorgen machen, der Kerl wäre nicht mein Typ.«
    »Warum nicht?«
    »Zu kultiviert. Ich mag sie ein wenig abgerissen.« Sie warf Jeremy einen wissenden Blick zu.
    Er hat versucht sich zu nehmen, was seinem Bruder gehört. Das erklärte den Streit.
    »Und was ist mit dem gemeinen Zug?«, fragte er.
    »Ted ist nicht ins

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