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Der Pathologe

Der Pathologe

Titel: Der Pathologe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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legte er auf und zog seinen weißen Kittel an.
    Sie teilte sich einen Bürobereich mit drei anderen Internisten, zwei Stockwerke unter Dirgroves Penthouse-Areal. Jeremy ging an einem unbesetzten Empfang vorbei, klopfte an die Tür mit ihrem Namen und öffnete sie auf ihr »Herein«.
    Sie saß schreibend an ihrem Schreibtisch und blickte hoch. Lächelnd nahm sie ihre Brille ab und legte ihren Füller hin. »Mein Freund vom Parkplatz. Ich fragte mich schon, wann Sie hereinschneien würden.«
    Wimpern klimperten. Ihr blonder Bubikopf vibrierte, als sie ihr Gesicht Jeremy zuneigte.
    Er war lächelnd eingetreten, wollte sie nicht beunruhigen, aber so viel Ruhe machte ihn nervös. Sie rollte in ihrem Schreibtischsessel zurück und zeigte Jeremy ihre langen, sich kreuzenden Beine. Sie trug ein rotes Wollkleid und fleischfarbene Strümpfe. Tolle Beine. Aus der Nähe sah man ihr an, dass sie nicht mehr jung war, aber das spielte keine Rolle. Diese Frau verströmte Hormone.
    Jeremy schloss die Tür. »Sie haben mich erwartet?«
    »Bilde ich mir das nur ein«, sagte sie, »oder haben Sie mich wirklich überprüft? Zuerst auf dem Parkplatz und dann an verschiedenen Stellen im Krankenhaus.« Sie zwinkerte ihm zu. »Hey, ich bin ein aufmerksames Mädchen. Mir ist aufgefallen, dass
ich Ihnen
aufgefallen bin. Ich hab sogar im Album nachgesehen. Jeremy Carrier von der Psycho-Fraktion.«
    Jeremy lächelte.
    »Wahlverwandtschaft«, sagte sie. »Entweder sie ist da, oder nicht.«
    »Stimmt«, erwiderte er und setzte sich ihr gegenüber auf die andere Seite des Schreibtischs.
    »Nun denn.
Jeremy.
Was kann ich für die Psychiatrie tun?«
    »Ich brauche eine Information.«
    Ihr Gesicht wurde schlaff. Sie war verwirrt.
    »Über Teds Bruder.«
    »Ted?« Die Brille wurde wieder aufgesetzt. Sie nahm das Bein vom Knie und richtete sich auf.
    »Ted Dirgrove.«
    »Der Chirurg?«
    »Tun Sie doch nicht so, Gwynn.«
    Sie zeigte auf die Tür. »Ich glaube, Sie sollten besser gehen. Sofort.«
    »Der Mantel gefällt mir«, sagte Jeremy. »Der lange weiße flauschige. Genau die richtige Kombination von schick und billig. Woraus ist er, aus Polyester? Wie die schwarze Perücke?«
    Gwynn Hausers Gesicht wurde leichenblass. »Sie Arsch – machen Sie, dass Sie hier rauskommen.«
    Jeremy schlug die Beine übereinander. »Ich sag Ihnen was, ich schicke die Bilder gleichzeitig ab. Einen Satz an Ihren Mann, den anderen an Patty Dirgrove.«
    »Sie sind wahnsinnig. Was für Bilder?«
    »Das Hideaway-Motel, Zimmer 16. Gestern, von halb neun bis halb vier. Ein langes Rendezvous. Muss Spaß gemacht haben.«
    Gwynn Hausers Unterkiefer sackte nach unten. »Sie sind
tatsächlich
wahnsinnig.«
    »Vielleicht«, sagte Jeremy. »Allerdings muss mein Geisteszustand nicht unbedingt Ihre Lebensqualität beeinträchtigen.«
    »Was ist das, eine Drohung? Sie glauben, Sie können einfach hier reinmarschieren und mich bedrohen und unter Druck setzen? Sind Sie von allen …« Sie griff nach ihrem Telefon, wählte aber keine Nummer.
    »Alles, was ich will, ist die Information.«
    »Über – warum?«
    »Das brauchen Sie nicht zu wissen.«
    »Was hat
er
getan?«
    »Sie nehmen an, dass
er
etwas getan hat«, sagte Jeremy. »Sie sind nicht überrascht, dass
er
etwas tun würde.«
    Hauser legte das Telefon wieder auf die Station. Die Sehnen ihrer Hand waren angespannt wie die eines Bogens. Jeremy sah zu, wie sie Blätter Papier zu einem fünfzehn Zentimeter hohen Stapel zusammenschob, den sie zwischen sich und Jeremy platzierte.
    Eine erbärmliche Barriere. Das wusste sie. In ihren Augen standen Verwirrung und Furcht.
    »Ich weiß nicht genug, um überrascht zu sein. Ich weiß nur das, was Ted mir erzählt.«
    Sie versuchte es mit einem mädchenhaften Schmollen. Als Jeremy stoisch blieb, fauchte sie: »Arschloch. Sie haben keine Fotos. Wie sollten Sie auch an Fotos gekommen sein?«
    »Sind Sie bereit, darauf zu wetten?«, sagte Jeremy. Er klang cool – der coole Bursche setzte sich durch, trotz des Lärms in seinem Kopf.
    »Was wollen Sie?«
    »Erzählen Sie mir von ihm.«
    »
Was
von ihm?«
    »Fangen wir doch mit seinem Namen an.«
    »Sie wissen nicht mal seinen – sind Sie völlig von … sein Name ist Graves. Augusto Graves, er ist zum Teil Südamerikaner. Augie. Er ist nicht Teds richtiger Bruder. Er ist sein Halbbruder. Sie stehen sich nicht nahe. Sie sind getrennt voneinander aufgewachsen. Ted will nichts mit ihm zu tun haben, sie hatten vor einigen Jahren einen großen Streit,

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