Der Pathologe
dafür zahlen.
Windmühlenarbeit; den Gegner mit gebrochener Lanze attackieren.
Die Aufzugtür öffnete sich, und die Geräusche der Station drangen zu ihm herein. Mrs. Van Alden brauchte ihn, sie würde es schaffen, er würde ihr durch die LP helfen.
Irgendwie würde er den Tag überstehen.
Ein ziemlich cooler Bursche.
Oder etwa nicht?
49
Wieder in seinem Büro, außer Atem, weil er gerannt war, die Geräusche des Tages – Schmerzensschreie, Schluchzen, resignierte Seufzer, Dankesbeteuerungen – tief in einer kleinen, dunklen Westentasche seines Gehirns vergraben, die voller Krümel war.
Er musste sofort das Buch einsehen – da lag es, oben auf der Mappe mit dem Etikett
Neugier
.
Das Blut bleibt kalt.
Mr. Colin Pugh, der extrem schlimmes Verhalten unter die Lupe nahm.
Ein Buch, das Renfrew verkauft hatte. Natürlich, es musste so sein, das ergab einen Sinn, die Welt blieb logisch …
Er blätterte hektisch zum letzten Kapitel, schlug die Seiten so rasch um, dass das säurehaltige Papier sich aufzulösen drohte und Staub in alle Richtungen flog.
Da war es:
Gerd Dergraav reist mit einem syrischen Reisepass nach Brasilien ein.
Wieder verheiratet, ein Kind.
Noch einen Sohn.
Hier?
Arthur führte ihn … an jenem Tag in der Cafeteria. Der andere Mann, der dunkelhaarige Arzt mit dem Schnurrbart, der mit Dirgrove und Mandel an einem Tisch gesessen hatte, während Arthur hinüberstarrte.
Der Mann, den Jeremy mit Dirgrove hatte streiten sehen. Die beiden, die gut zusammenpassten, die gleiche Größe, der gleiche Körperbau. Mit entblößten Zähnen wie Hunde, die sich anknurrten …
Ein zweiter, in Syrien geborener Sohn. Teils Naher Osten, teils deutsch – die Hautfarbe stimmte.
Es war der dunkle Mann gewesen, nicht Dirgrove, auf den Arthurs Blick gerichtet war.
Das musste stimmen, das musste einfach stimmen, lass mich Recht haben …
Jeremy riss die unterste Schreibtischschublade auf, schnappte sich das Buch mit den Fotos des ärztlichen Personals und fing mit den
Ds
an, weil dieser hier, wie Dirgrove, vermutlich seinen Namen geändert hatte und hoffentlich ebenfalls alphabetisch in der näheren Umgebung geblieben war.
War er nicht.
Jeremy ging zurück zu den
As
und sah sich jedes Foto in dem Buch an. Sein eigenes Bild starrte ihm ausdruckslos entgegen – ein Foto, das kurz nach Jocelyns Tod gemacht worden war.
Mann, sehe ich da verstört aus.
Der dunkle Arzt mit Schnurrbart war nirgendwo zu sehen.
Ein Weißkittel, ein Arzt, aber nicht auf der Gehaltsliste des City Central?
Mandel würde darüber Bescheid wissen. Jeremy rief das Büro des Kardiologen an, wo ihm mitgeteilt wurde, dass Dr. Mandel im Urlaub sei.
»Wo?«
»Ich bin nicht befugt, das zu sagen«, antwortete die Sekretärin.
»Hier spricht Dr. Carrier.«
»Handelt es sich um einen Notfall?«
»Ja.«
»Dr. Rhinegold nimmt Notrufe für Dr. Mandel entgegen.«
»Ich muss mit Dr. Mandel persönlich sprechen.«
»Tut mir Leid …«
»Bitte.«
»Ich wollte sagen, Dr. Carrier, selbst wenn ich Dr. Mandel erreichen wollte, könnte ich es nicht. Er macht mit seiner Familie eine Wanderung durch Colorado und hat kein Telefon dabei. Er hat eine Riesensache daraus gemacht. Drei Tage lang kein Telefon. Er hat es wirklich verdient, mal rauszukommen.«
»In welchem Hotel ist er?«
»Doktor«, sagte sie, »vielleicht habe ich mich nicht klar ausgedrückt. Er
zeltet
. Am
Ende
der Welt.«
»Gibt es einen Arzt in Ihrer Abteilung, um die vierzig, dunkler Teint, dunkler Schnurrbart?«
»Nein«, sagte sie. »Alles in Ordnung mit Ihnen, Dr. Carrier?«
Da er nicht wusste, wohin er sich sonst wenden sollte, rief er in Dirgroves Büro an.
Hey, Ted, lange nicht gesehen. Wie heißt übrigens dein mörderischer Halbbruder? Und was hat er neulich getan, worüber du dich so geärgert hast?
Hatte der Streit zwischen Dirgrove und seinem Bruder irgendwas Substanzielles zum Gegenstand gehabt? Hatte Dirgrove einen Verdacht?
Das Telefon des Chirurgen läutete fünfmal, bevor Jeremy mit seiner Voice-Mail verbunden wurde.
Dr. Theodore Dirgrove ist im Moment nicht erreichbar. Wenn es sich um einen Notfall handelt, drücken Sie bitte …
Schon Feierabend. Noch ein Treffen mit Dr. Gwynn Hauser?
Hauser.
Sie und Dirgrove hatten sechs Stunden zusammen in dem Motel verbracht. Das hieß, dass ihre Beziehung mehr war als abartige Rollenspiele.
Schloss es Bettgeflüster ein?
Er suchte sich die Nummer von Hausers Nebenanschluss heraus, und als sie ans Telefon ging,
Weitere Kostenlose Bücher