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Der Patient

Titel: Der Patient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Bussen auf den Straßen und das gelegentliche Rumpeln von tief unten, wenn eine U-Bahn durch das Labyrinth der Tunnel raste.
    Er wählte die Nummer bei der
Village Voice
und gelangte zu den Antworten auf seine Kontaktanzeige unter Chiffre 1313. Es waren fast drei Dutzend.
    Bei den meisten davon handelte es sich um Anmache und Offerten sexueller Abenteuer. Die meisten Anrufer bezogen sich auf Rickys »besondere Spielchen«, die, wie erwartet, bestimmte Assoziationen geweckt hatten. Eine Menge Leute hatten ihrerseits ein paar Reimpaare zusammengestoppelt, doch nur, um geballten Sex zu versprechen. Er hörte ungezügelte Begierde aus ihren Stimmen heraus.
    Die dreißigste Nachricht hob sich, ebenfalls nicht unerwartet, deutlich von den anderen ab. Die Stimme war kalt, fast ausdruckslos, doch bedrohlich. Sie klang metallisch. Blechern, fast mechanisch. Ricky vermutete, dass der Sprecher eine Vorrichtung zur Stimmenverfremdung benutzte. Doch die psychologische Stoßrichtung der Antwort war unverhohlen.
     
    Ricky ist smart, Ricky ist klug,
Doch sollte er wissen, das ist nicht genug:
Er fühlt sich sicher bei diesem Spiel,
Dabei folgt er vielleicht dem falschen Kalkül.
Er ist einmal entwischt, Kompliment.
Doch scheint es, dass er sich diesmal verrennt!
Ein zweites Spiel wird wohl genauso enden.
Darauf wird hier jemand seine ganze Kraft verwenden.
Nur kommt es diesmal für ihn schlimmer,
Denn diesmal zahlt er seine Schulden für immer.
     
    Ricky hörte sich die Antwort dreimal an, bis er sie sich unauslöschlich eingeprägt hatte. Es war noch etwas an dieser Stimme, das ihm zu schaffen machte, als ginge es nicht nur um die Worte selbst; auch die Sprechweise war hasserfüllt. Doch darüber hinaus kam ihm irgendetwas an dieser Stimme ungeachtet der Verfremdung bekannt vor, ja vertraut. Dieser Gedanke traf ihn wie ein Blitz, besonders, als ihm bewusst wurde, dass er Rumpelstilzchen zum ersten Mal reden hörte. Jede bisherige Kontaktaufnahme war indirekt, auf Papier oder durch die Vermittler Virgil und Merlin vonstatten gegangen. Die Stimme des Mannes selbst zu hören, löste bei ihm alptraumhafte Vorstellungen aus, und er schauderte. Er mahnte sich, das ganze Ausmaß der Gefahr, in die er sich begeben hatte, nicht zu unterschätzen.
    Er spielte noch die übrigen Antworten ab, da er fest mit einer zweiten, bedeutend vertrauteren Stimme rechnete. Er erschrak nicht, als er sie hörte. Dem Gedicht folgte eine kurze Pause und dann die Stimme von Virgil. Er horchte angestrengt auf die Nuancen, die ihm vielleicht etwas verrieten.
    »Ricky, Ricky, Ricky, wie schön, von Ihnen zu hören. In der Tat etwas ganz Besonderes. Und ehrlich eine Überraschung, muss ich sagen …«
    »Sicher«, murmelte Ricky. »Wer’s glaubt.« Er lauschte weiter der jungen Frau. Sie bediente sich desselben Tonfalls wie im Jahr zuvor, mal kalt, mal schmeichelnd, dann wieder ironisch und schließlich beinhart. Virgil, dachte Ricky, spielte dieses Spiel genauso kompromisslos wie ihr Auftraggeber. Sie war so gefährlich, weil sie wie ein Chamäleon agierte, mal hilfsbereit, dann wieder wütend und schroff. War Rumpelstilzchen der Inbegriff von Zielstrebigkeit, so war Virgil ein wechselhaftes Geschöpf. Merlin wiederum, von dem er noch nichts gehört hatte, war in dem Trio der Buchhaltertyp – stählern und leidenschaftslos und dadurch so bedrohlich.
    »… Wie Sie davongekommen sind, also wirklich, da werden ein paar Leute in einflussreichen Positionen ins Grübeln kommen und ihre ganze Vorgehensweise noch einmal gründlich überdenken müssen. Alles auf den Kopf stellen sozusagen. Da sieht man mal wieder, wie schwer die Wahrheit oft zu fassen ist, nicht wahr, Ricky? Ich hab sie gewarnt, wissen Sie, wirklich. ›Ricky‹, hab ich ihnen gesagt, ›Ricky ist der richtig ausgeschlafene Typ. Intuitiv und schnell von Begriff …‹, aber sie wollten mir nicht glauben. Sie dachten, Sie wären so dumm und leichtsinnig wie die anderen. Und jetzt sieht man, wo das hinführt. Also, Sie sind der Anfang und das Ende lauter ungelöster Fragen, Ricky. Die
pièce de résistance
. Sehr gefährlich für alle, die darin verwickelt sind, würde ich sagen …«
    Sie seufzte schwer, als hätten ihre eigenen Worte ihr etwas klar gemacht. Dann fuhr sie fort:
    »Also, was mich betrifft, ich kann eigentlich nicht nachvollziehen, wieso Sie auf einer Revanche gegen Mr. R. bestehen. Ich hätte gedacht, wie Sie so Ihr geliebtes Feriendomizil in Flammen aufgehen sehen – das war ein

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