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Der Patient

Titel: Der Patient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Hoffen und Bangen hierher gekommen war, auf der verzweifelten Suche nach Hilfe und nach Klärung. Ich hätte hier Antworten finden können, dachte er, wäre die Wahrheit nicht durch Lügen verschleiert worden. Ich konnte sie nicht sehen. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass der Mann, den ich für die größte Hilfe in meinem Leben gehalten hatte, sich als der Mensch erweist, der versucht, mich zu töten.
    Von der Einfahrt aus sah er, wie erwartet, eine einzige Lampe im Arbeitszimmer brennen.
    Er weiß, dass ich komme, dachte Ricky. Und Virgil und Merlin, die ihm vielleicht geholfen hätten, sind noch in New York. Selbst wenn sie nach seinem Anruf in rasendem Tempo losgefahren wären, würden sie voraussichtlich noch eine gute Stunde brauchen. Er machte einen Schritt nach vorn und hörte das Knirschen seiner Füße im Kies. Vielleicht weiß er sogar, dass ich da bin. Ricky sah sich nach einer Möglichkeit um, heimlich ins Haus zu schleichen. Doch er war nicht sicher, ob das Überraschungsmoment hier wirklich angebracht war.
    Und so nahm er stattdessen die Pistole in die Rechte und schob ein Magazin hinein. Er entsicherte die Waffe und lief wie ein freundlicher Nachbar an einem Sommernachmittag beschwingten Schrittes zur Tür. Er klopfte nicht an, sondern drehte einfach den Knauf. Wie vermutet, war die Tür offen.
    Er ging hinein. Von rechts kam eine Stimme aus dem Arbeitszimmer. »Hier drinnen, Ricky.«
    Er machte einen Schritt nach vorn, hob die Pistole und richtete sich darauf ein zu schießen. Dann trat er in den Lichtkreis der geöffneten Tür.
    »Hallo, Ricky. Sie können sich glücklich schätzen, dass Sie noch am Leben sind.«
    »Hallo, Dr. Lewis!«, erwiderte Ricky den Gruß. Der alte Mann stand hinter seinem Schreibtisch und lehnte sich, die Hände flach auf den Tisch gelegt, erwartungsvoll vor. »Soll ich Sie gleich umbringen oder noch einen Moment warten?«, fragte Ricky in mühsam beherrschtem, ausdruckslosem Ton. Der alte Psychoanalytiker lächelte. »Das eine oder andere Gericht würde Ihnen wahrscheinlich zugestehen, dass Sie zu Recht geschossen haben. Aber Sie wollen schließlich ein paar Antworten auf Ihre Fragen, und ich bin extra so lange aufgeblieben, um Ihnen weiterzuhelfen, wo ich kann. Darum geht es doch schließlich in unserem Beruf, nicht wahr, Ricky? Fragen zu beantworten.«
    »Früher mal ist es mir vielleicht darum gegangen«, erwiderte Ricky. »Jetzt nicht mehr.«
    Er richtete die Waffe auf den Mann, der einmal sein Mentor gewesen war. Dr. Lewis schien ein wenig überrascht. »Haben Sie sich wirklich den weiten Weg hierher gemacht, um mich zu ermorden?«, fragte er.
    »Ja«, sagte Ricky, auch wenn es gelogen war.
    »Worauf warten Sie dann?« Der alte Doktor sah ihn eindringlich an.
    »Rumpelstilzchen«, sagte Ricky. »Das waren die ganze Zeit Sie.«
    Dr. Lewis schüttelte den Kopf. »Nein, da irren Sie. Aber ich bin der Mann, der ihn geschaffen hat. Teilweise zumindest.«
    Ricky machte ein paar Schritte seitlich ins Zimmer hinein, wenn auch mit dem Rücken zur Wand. Dieselben Bücherregale. Dieselben Bilder. Fast hätte er sich einreden können, das Jahr seit seinem letzten Besuch hätte es gar nicht gegeben. Es war ein kalter, neutraler Ort, der von einer undurchsichtigen Persönlichkeit kündete; nichts an den Wänden oder auf dem Schreibtisch verriet etwas über den Mann, dem dieses Arbeitszimmer gehörte, was, wie Ricky dunkel zu Bewusstsein kam, wohl mehr als sonst irgendetwas Bände sprach. Man braucht kein Diplom an der Wand, das einem bescheinigt, dass man abgründig böse ist. Er fragte sich, weshalb er das nicht früher gesehen hatte. Er bedeutete dem alten Mann mit einem Wink der Pistole, sich in den ledernen Drehstuhl zu setzen.
    Dr. Lewis ließ sich mit einem Seufzer nieder.
    »Ich werde alt, und ich hab nicht mehr so viel Energie wie früher«, sagte er gleichmütig.
    »Bitte lassen Sie Ihre Hände da, wo ich sie sehen kann«, sagte Ricky.
    Der alte Mann hob die Hände. Dann tippte er mit dem Zeigefinger an die Stirn. »Das wirklich Gefährliche, Ricky, haben wir nicht in den Händen. Das sollten Sie doch wissen. Letztlich geht es um das, was in unseren Köpfen vorgeht.«
    »Da hätte ich Ihnen wohl noch vor kurzem zugestimmt, Herr Kollege, aber jetzt hege ich meine Zweifel. Dagegen habe ich das größte Vertrauen in diese verlässliche Waffe hier in meiner Hand, eine Ruger Halbautomatik nebenbei, falls Sie es nicht wissen. Sie feuert mit Hochgeschwindigkeit ein

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