Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
Vom Netzwerk:
öffnen.
     
    Da Lodewig von dort aus nicht alles sehen konnte, lief er an der nördlichen Außenmauer der langgezogenen Schlossanlage bis zur Giebelseite des Hauptgebäudes zu dem Bänkchen, auf dem er vor geraumer Zeit sein erstes Treffen mit Sarah gehabt und mit ihr gesessen hatte. Aber für romantische Gedanken war jetzt keine Zeit. Er warf der hölzernen Sitzbank zwar hastig einen verklärten Blick zu, wollte aber schnellstens genau wissen, wo es brannte. So suchte er sich einen Platz, von wo aus er am besten orten konnte, was den Rauch verursachte. Er brauchte nicht lange, um zu erkennen, dass sich Siegberts böse Vorahnung auf das Allerschlimmste bestätigte.
    Versteinert blickte er in Richtung des Bomberg’schen Anwesens.
    »Jakob? … Lea?«, rief er in seinem Entsetzen so laut, als wenn er eine Antwort erwarten könnte. Wie angewurzelt starrte er auf das lodernde Etwas. Dennoch dauerte es nicht lange, bis er sich fasste und zurückrannte, um zur Straße zu gelangen, die nach Staufen hinunterführte. Als er schon auf dem Sprung war, rief er Siegbert zu, dass er ins Dorf müsse, um zu helfen.
    »Wo denn, junger Herr?«
    Aber der Sohn des Kastellans bekam die Frage des Wachhabenden nicht mehr mit, weil er schon auf dem Weg den Schlossberg hinunter war.
    Am Dorfeingang angekommen, hörte er hinter sich eine vertraute Stimme. »Lodewig! … Warte auf mich!«
    Er blieb stehen und sah Sarah den Buckel herunterhasten. Er rief ihr zu, im Schloss zu bleiben.
    »Ich gehöre zu dir und bleibe an deiner Seite, … egal, was ist«, rief sie schnaufend, aber forsch zurück. Sarah war so schnell, dass sie von Lodewig aufgefangen werden musste. Als sie an ihm hing, suchte er verzweifelt nach einem Argument, um sie daran zu hindern, ihn zu begleiten. »Deine Mutter benötigt Hilfe bei der Pflege meiner Mutter. Außerdem kannst du unseren Sohn nicht allein lassen … Geh wieder ins Schloss zurück«, gebot er ihr in ungewohnt scharfem Ton.
    Aber Sarah war eine für die Zeit, in der sie lebte, verhältnismäßig selbstbewusste junge Frau und ließ sich nicht abwimmeln. Trotzig sagte sie: »Ich habe das Wasser ins Haus gebracht und kann momentan nichts mehr tun. Mama hat gesagt, dass ich ein Weilchen in den Hof raus soll, um mir die Füße zu vertreten und frische Luft zu schnappen. Also kann ich doch gleich mit dir gehen … , oder?«
    »Aber du bist jetzt nicht im Schlosshof, sondern außerhalb des Schlosses«, schimpfte Lodewig.
    »Das weiß meine Mutter doch nicht.«
    »Wie bist du überhaupt rausgekommen?«
    »Als die Wache das Türchen schließen wollte, konnte ich gerade noch hindurchhuschen. Siegberts Fluchen habe ich einfach ignoriert. Und jetzt lass uns gehen«, gebot sie fast etwas zu schroff, was Lodewig aber geflissentlich überhörte.
    Während er Sarah ganz fest in den Arm nahm und sanft darauf vorbereitete, dass es sein könnte, etwas Schreckliches zu sehen zu bekommen, spürte er schon ihre Tränen auf seiner Schulter.
    »Ich weiß! Als mir die Wache gesagt hat, dass im Dorf unten ein Feuer ausgebrochen ist, und du rausgerannt bist, habe ich gefühlt, dass es möglicherweise unser Haus sein könnte, das brennt«, sagte sie merkwürdig ruhig, fast abgeklärt. »Ich habe meiner Mutter nur noch schnell das Wasser gebracht, bevor ich dir nachgerannt bin. Und nun komm endlich!«
    »Oh Gott, dann weiß sie also auch schon Bescheid«, antwortete Lodewig, der für einen Moment vergessen hatte, was und wohin er eigentlich wollte.
    »Natürlich nicht«, beruhigte Sarah ihren sichtbar aufgewühlten Mann. »Ich kann ihr doch nichts erzählen, wenn ich selbst noch nicht sicher weiß, was passiert ist! Außerdem war sie so intensiv mit unserem Kleinen beschäftigt, dass sie mir gar nicht zugehört hätte«, beendete Sarah das Gespräch, indem sie Lodewigs Hand packte und wieder zu rennen begann.
    »Also gut. Wir haben uns geschworen, auf immer Freud und Leid zu teilen. Bleib aber bei mir, egal was geschieht oder was du siehst!«
     
    *
     
    Je näher sie dem Marktplatz kamen, umso lauter wurde das Geschrei der Menschenmenge.
    »Lea! … Vater«, schluchzte Sarah, die schreien würde, wenn sie einen Ton herausbrächte.
    Sie wollte auf ihr Elternhaus zulaufen, wurde aber von Lodewig sanft daran gehindert. »Schhh … «, machte er beruhigend, während er sie wieder fest an sich drückte. »Hier kannst du nichts mehr tun«, entfuhr es ihm in seiner Trauer versehentlich. »Verdammt«, zischte er, nachdem ihm sein Fauxpas

Weitere Kostenlose Bücher