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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Kirche«, flüsterte der Hüne Lodewig zu.
    »Was habt Ihr da gesagt?«, knurrte Johannes Glatt, der nur noch den Schluss mitbekommen hatte.
    »Ach, nichts«, wehrte Nepomuk ab. »Und nun gewährt uns endlich Zutritt zum Arbeitshaus unseres Glaubens«, blaffte der Benediktinermönch selbstbewusst zurück, bevor Johannes Glatt weitere Fragen stellen konnte.
     
    *
     
    Die Begrüßung war dementsprechend kühl ausgefallen, weswegen sich der Mönch auch im Gespräch mit dem Propst bisher schwertat, … und das, obwohl er ihm gleich beim Eintreten das Fässchen überreicht hatte, für dessen Inhalt der Staufner Pfarrherr normalerweise von Pontius bis Pilatus rennen würde, wenn er nicht so grantig gewesen wäre.
     
    Jetzt unterhielten sie sich schon fast eine Stunde, und es war noch nichts Vernünftiges herausgekommen. Dabei schenkte Nepomuk immer wieder vom mitgebrachten Bodenseewein nach, was wenigstens die Stimmung ein bisschen aufhellte.
    »Bevor wir diesen Wein für die vielleicht schon bald wieder stattfindenden Messen verwenden, müssen wir ihn kosten«, gab der Propst vor jedem Becher salbungsvoll von sich und schob sein Zinngefäß mehr oder weniger unauffällig zum Krug hin.
     
    Vier Mal hatte Nepomuk diesen Spruch nun schon gehört. Obwohl er nicht schlecht säuft, ist er immer noch verstockt wie ein maurischer Esel, dachte er und füllte zähneknirschend ein fünftes Mal den Becher des Propstes.
    Obwohl sie demselben Glauben dienten und Nepomuk den Ortspfarrer schon einen Tag nach dem Brand des Bomberg’schen Anwesens aufgesucht hatte, um sich ihm bekannt zu machen und bei dieser Gelegenheit über die heikle Bestattung des jüdischen Brandopfers zu sprechen, waren sich die beiden Geistlichen noch immer nicht nähergekommen. Da sich der Propst kategorisch geweigert hatte, einen Juden auch nur fernab geweihten Bodens zu beerdigen, obwohl dessen Tochter Sarah schon geraume Zeit vor Jakob Bombergs Tod Katholikin geworden war, musste Nepomuk feststellen, dass sie wohl doch nicht ganz denselben Fachterminus hatten. Auch wenn er die Sache ein klein wenig lockerer sah als sein Staufner Mitbruder, durfte er sich nicht einmischen: »Jakob Bomberg war und bleibt Jude, selbst im Tod. Ihr müsst mir gegenüber nicht so misstrauisch sein. Ich habe Euch weder etwas getan, noch trachte ich danach, die Pfarre Staufen zu übernehmen, … obwohl dies dringend nötig wäre, wie mir scheint.«
    Bevor sich der Propst empören konnte, fuhr Nepomuk fort: »Da Ihr mir den Eindruck macht, als wärt Ihr verzagt, könntet Ihr meine Hilfe wohl nur allzu gut gebrauchen. Reißt Euch also zusammen und benehmt Euch, wie es die Gläubigen von Euch erwarten!«
    »Welche Gläubigen?«, entgegnete der Propst mit einem süffisanten Grinsen und einem leichten Kopfschütteln.
    Jetzt reichte es Nepomuk und er stand wütend auf. Als der Staufner Priester merkte, dass es der Benediktinermönch ernst meinte und er ihm nichts entgegenzusetzen wusste, ließ er ihn weiterreden.
    »Es ist traurig, dass ich gerade Euch als hohen kirchlichen Würdenträger über die manchmal nötige Zusammenarbeit zwischen Katholiken und Lutheranern aufklären muss, obwohl hier im Allgäu schon 1530 die wohl erste inoffizielle Verbindung mit den Lutheranern in der christlichen Geschichte vollzogen wurde. Oder gehört Memmingen – die Stadt, in der dies geschehen ist – etwa nicht mehr zum Allgäu?«
    Ohne die Antwort des Propstes abzuwarten, fuchtelte Nepomuk mit erhobenem Zeigefinger herum, während er im Raum auf und ab lief. »Da in der Alten Kirche all das als zweikonfessionell bezeichnet wird, was die Kirche in ihrer weltweiten Ausdehnung betrifft, sehe ich darin auch die weltweite Akzeptanz und Integration anderer Glaubensrichtungen, … auch der jüdischen und von mir aus auch der muselmanischen – Kruzifix! Das ist für mich gelebte Mehrkonfessionalität«, schimpfte der Mönch.
    »Versündigt Euch nicht«, entgegnete Johannes Glatt, der in diesem Disput der Vernünftigere zu sein schien, und wechselte das Thema. »Wolltet Ihr mit mir nicht über die Taufe reden?«
    Nepomuk ließ sich ganz langsam auf den Stuhl sacken und schenkte zuerst dem Propst und dann sich den Becher erneut voll, bevor er in ebenfalls ruhigem Ton weitersprach: »Ja! Ihr habt recht. Verzeiht! … Bitte versteht mich nicht falsch. Ich wollte mir nicht anmaßen, Euch zu rügen, musste aber von einigen Eurer besorgten Schäflein hören, dass Ihr seit Ausbruch der Pest an keinem der von Gott

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