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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Hände.
    »Fast«, bremste der Kastellan dessen Freude. »Da die Konventgebäude in eine riesige Anlage gebettet sind, hat es eine gewisse Zeit gedauert, bis ich in dem geweihten Gemäuer den Totengräber ausfindig machen und stellen konnte.«
    Ulrich Dreyling von Wagrain machte es fürwahr unglaublich spannend.
    »Musst du ausgerechnet jetzt an deiner Pfeife herumnuckeln?«, wurde er von Eginhard gescholten.
    Sein Vater grinste. Er schien es zu genießen, die anderen hinzuhalten, jedenfalls schmunzelte er lange, genüsslich an der Pfeife nuckelnd, vor sich hin, bevor er endlich weitersprach: »Dann ist es allerdings schnell gegangen. Als wir uns auf dem Kreuzgang über dem Nordflügel zum ersten Mal Auge in Auge gegenüber gestanden sind, ist ein Kampf auf Leben und Tod entbrannt. Wir haben sofort unsere Waffen gezogen und uns ein heißes Duell geliefert, bei dem wir beide alles gegeben haben und bei dem ich … «, er krempelte die Beingewandung ein Stückchen hoch, »wie ihr heute noch sehen könnt, am Unterschenkel verletzt wurde. Nur gut, dass ich meinen Brustpanzer mitsamt der Armplatten anhatte.«
    »Und? War es das?«, hetzte Nepomuk, der die Wunde sofort nach Ulrichs Heimkehr in aller Diskretion versorgt hatte und deswegen zusammen mit Konstanze als einziger Bescheid wusste, dreist.
    »Nein! Du weißt wohl am besten, dass allein schon das Auftauchen von Fremden in einem Konvent für helle Aufregung sorgt. Und wenn dann auch noch zwei miteinander kämpfen, gerät dort ganz schnell alles aus den Fugen.«
    »Was hat das in deinem Fall bedeutet?«, fragte jetzt Lodewig, der die meiste Zeit schweigend zugehört hatte.
    »Was ist geschehen?«, wollte nun auch der Blaufärber wissen.
    »Wir sind von einem Heer wild durcheinander kreischender Mönche getrennt worden, wobei uns zuallererst die Waffen abgenommen wurden. Dann sind wir in verschiedene Räume ›eskortiert‹ worden. Wohin man den Totengräber gebracht hat, habe ich erst später mitbekommen. Ich wurde ins Klosterspital ›geleitet‹, wo meine klaffende Beinwunde verbunden wurde, bevor sich einige Mönche intensiv mit mir befasst haben. Während sich zwei dieser gottesfürchtigen Männer vor der Tür postiert haben, wurde mir je einer zu beiden Seiten gestellt. Dass sie mir nicht die Hände zusammengebunden haben, hat mich gewundert … wahrscheinlich haben sie an meiner Gewandung gesehen, dass ich der Gute bin«, scherzte der Kastellan. »Dennoch bin ich mir wie ein Schwerverbrecher vorgekommen. In scharfem Ton bin ich über mich selbst und über die Beweggründe für meinen Schwertkampf mit ›dem anderen‹ befragt worden. Ob sie dies mit dem Totengräber ebenso gehandhabt haben, ist mir nicht gesagt worden, dürfte aber so gewesen sein. Als das ›Verhör‹ nach fast einer Stunde endlich beendet war und ich glaubte, den Mönchen hinreichend erklärt zu haben, dass ich ein Ehrenmann bin, Ruland Berging hingegen ein mindestens dreifacher Mörder ist, wollte man mich zu ihm bringen, um aus der Gegenüberstellung weitere Erkenntnisse zu gewinnen.«
    »Ich dachte, Ihr hattet ein Reisedokument des Grafen dabei, das Euch als hohen Herrn ausweist und dementsprechend schützt«, warf Fabio in den Raum und versetzte wegen seiner klugen Spitzfindigkeit alle in Erstaunen.
    Der Kastellan nickte gleichsam zustimmend wie anerkennend. »Ja, aber das muss ich bei meinem Höllenritt irgendwie verloren haben, weswegen ich vor den sauberen Fratres, die eine schnelle Festnahme verhindert haben, wie ein Narr dagestanden bin … Ich war der Böse! Versteht ihr? Nicht dieser Verbrecher! Ich, Ulrich Dreyling von Wagrain, der Schlossverwalter des Grafen Königsegg, nicht dieser Dreckskerl«, schimpfte er in Erinnerung an die unglaublichen Geschehnisse im Prämonstratenserkloster Schussenried, beruhigte sich nach ein paar Zügen aus seiner Pfeife aber schnell wieder.
    »Immerhin ist dies der größte römisch-katholische Orden regulierter Chorherren, weswegen man von diesen eigensinnigen Holzköpfen mehr Einfühlungsvermögen und Menschenkenntnis hätte erwarten können«, lästerte Nepomuk einmal mehr an diesem heiligen Tag.
    »Versündige dich nicht, mein Sohn«, wollte sich der Propst empören und weitermaulen, merkte aber gerade noch rechtzeitig, dass dies angesichts des Hünen auch in den Ohren der anderen albern klingen musste.
    »Und dann?«, wurde der Kastellan von Judith zum eigentlichen Thema zurückgelenkt.
    »Musste ich – wenn man mich zu Ruland Berging bringen

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