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Der Peststurm

Der Peststurm

Titel: Der Peststurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Blaufärber, dem der Wein bereits ebenfalls zu Kopf gestiegen war, eine Spur zu leise.
    »Erzähl endlich weiter, großer Jäger der Nacht«, lästerte Nepomuk, der sich über die Dramatik, mit der sein Freund die Erlebnisse während der Jagd nach dem Totengräber bisher darzulegen vermochte, wunderte.
    »Bitte nicht aufhören«, gab Eginhard ebenfalls nochmals die Richtung vor und überließ Propst Glatt das Wort: »Ja! Jetzt möchten wir auch noch erfahren, ob du den gotteslästerlichen Satansbraten letztendlich erwischt hast.« Der Propst faltete die Hände, warf einen Blick nach oben und dachte: Gott allein weiß, dass ich dies seit seiner Rückkehr wissen wollte, mich aber nicht zu fragen getraut habe.
    Über das Interesse an seinem Bericht musste der Kastellan trotz dessen üblen Schluss schmunzeln. Ohne bei seinen bisherigen Ausführungen übertrieben zu haben, hatte er offensichtlich ungewollt einen äußerst interessanten Erzählstil gewählt oder vielmehr zufällig gefunden, der auch im Angesicht der Tatsache, dass sich mit Lodewig der Leidtragende im Raum befand, an Spannung nichts zu wünschen übrig ließ und allen zu gefallen schien.
    Er entspannte sich noch bei ein paar Zügen aus seiner neuen Meerschaumpfeife, die er in Ravensburg so ganz nebenbei noch schnell erworben hatte, und begann dann mit ruhiger Stimme: »Na gut. Als ich nach dem Gespräch mit dem ›Tiroler‹ ratlos auf der Ravensburger Marktstraße gestanden bin, war ich wütend und hätte keine Freude mehr daran gehabt, mir die schöne Stadt anzusehen oder für die Frauen und die Kinder Geschenke zu suchen, geschweige denn, dem dortigen Burgvogt meine Aufwartung zu machen. Also waren nur noch zwei Möglichkeiten übrig geblieben: entweder nach Staufen zurückzureiten oder irgendwie – so unmöglich es klingt – zu versuchen, die Fährte erneut aufzunehmen. Eigentlich wollte ich lieber so schnell wie möglich nach Hause, um zu erfahren, ob Lodewig inzwischen gefunden wurde oder ob er immer noch vermisst würde, weswegen ich es zunächst vorgezogen habe, zurückzureiten. Außerdem wollte ich schnellstens nach Immenstadt reiten, um mit Speen über die Hungerhilfe zu reden. Andererseits habe ich die einzige Möglichkeit, Lodewig zu finden, nur darin gesehen, den Totengräber aufzustöbern, weswegen ich mich schlussendlich doch noch umentschieden habe.« Bevor er weitersprach, blickte er den Blaufärber an. »Immerhin habe ich aufgrund Eurer Aussage in Bezug auf den nächtlichen Leichentransport an Eurem Haus vorbei mit gutem Grund vermutet, dass dieser Halunke für Lodewigs Verschwinden verantwortlich war und dass er wusste, wo sich mein Sohn befand. Und dies hatte sich zufällig schon am Abend jenes Tages, an dem ich in dieser oberschwäbischen Herberge war, auf das Schrecklichste bewahrheitet. Nur gut, dass Lodewig schon in Sicherheit war, als ich nach Hause gekommen bin … Du hast es ganz schön spannend gemacht, mein Sohn«, witzelte der Kastellan, Lodewig zugewandt.
    Während Sarah anlässlich des Gehörten ihren Liebsten streichelte, wurden die beiden von allen gönnerhaft angelächelt, wobei Fabio so ganz nebenbei anerkennende Blicke erntete. Alle gönnten den jungen Leuten ihr Glück wahrhaft von ganzem Herzen. Und alle freuten sich mit ihnen darüber, dass Lodewig lebte, was in erster Linie Fabio, dem einstigen Streuner, zu verdanken war. Da der ehemalige Hilfsleichenbestatter kein einziges Leben gestohlen, sondern ein ganz besonders wertvolles zurückgebracht hatte, sollte trotz des Standesunterschiedes noch eine besonders innige Freundschaft zwischen den beiden fast gleichaltrigen jungen Männern entstehen.
    Die gedankliche Pause nutzte der Kastellan, um genüsslich an seiner noch blütenweißen Pfeife zu ziehen, bevor er endlich weitererzählte: »In der Hoffnung, dass sich derjenige, der mir versichert hat, in Ravensburg ein weißes Pferd gesehen zu haben, nicht geirrt hatte und der Totengräber vielleicht doch in der Stadt war und sich irgendwo versteckt hielt, stieg ich dann auf mein Ross, um in allen noch so verwinkelten Gassen und Seitenstraßen nach ihm Ausschau zu halten. Dabei bin ich auf die übelsten Spelunken gestoßen und habe die wildesten Gestalten gesehen.« Er grinste und schüttelte – immer noch entsetzt – den Kopf. »Was ich alles erlebt habe, ist so unglaublich, dass ich es euch jetzt nicht näher beschreiben kann … und auch nicht möchte. Außerdem tut es sowieso nichts zur Sache. Jedenfalls ritt ich

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