Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
Flüssigkeit an, die auf dem Boden ihres Zimmers einen Teich gebildet hatte. Es schien eine ganze Menge zu sein.
Sie war vollkommen verblüfft. Die Stimme, die Geschöpfe, das Meer aus Glaskugeln und die dunkle, kalte Stimme … das alles war so ungeheuer schnell über sie hereingebrochen.
Ich habe den Seelengießer benutzt, dachte sie noch einmal. Ich habe es getan!
Hatte das etwas mit den Kreaturen zu tun? Aber Schallan hatte sie doch bereits auf ihren Zeichnungen gesehen, bevor sie den Seelengießer gestohlen hatte. Wie … was …? Sie schaute auf ihre Schutzhand und den Seelengießer hinunter, der in der Tasche innerhalb ihres Ärmels steckte.
Ich habe ihn nicht aufgesetzt, dachte sie. Aber ich habe ihn trotzdem benutzt.
»Schallan?«
Das war Jasnahs Stimme. Offenbar stand sie vor Schallans Zimmer. Die Prinzessin musste ihr gefolgt sein. Schallan verspürte einen Stich des Entsetzens, als sie das Blut auf die Tür zufließen sah. Es hatte sie beinahe erreicht und würde in wenigen Augenblicken darunter her lecken.
Warum musste es ausgerechnet Blut sein? Angeekelt sprang sie auf die Beine; ihre Schuhe sogen die rote Flüssigkeit rasch auf.
»Schallan?«, fragte Jasnah. Jetzt hörte sich ihre Stimme noch etwas näher gekommen an. »Was war das für ein Geräusch?«
Schallan blickte entsetzt auf das Blut, dann auf den Zeichenblock mit den Bildern dieser seltsamen Kreaturen. Was war, wenn sie etwas mit dem Seelengießen zu tun hatten? Jasnah würde sie sofort wiedererkennen. Ein Schatten wurde unter der Tür sichtbar.
Schallan geriet in Panik und warf den Zeichenblock in ihre Truhe. Aber das Blut würde sie verraten. Es war so viel, dass es nur von einer lebensbedrohlichen Wunde stammen konnte. Jasnah würde es wissen. Sie würde es sehen. Blut, wo keines sein sollte? Eine der Zehn Essenzen?
Jasnah würde es sofort begreifen. Sie würde wissen, was Schallan getan hatte!
Ihr kam ein Gedanke. Er war zwar nicht brillant, aber es konnte ein Ausweg sein, und etwas anderes fiel ihr auch gar nicht ein. Sie sackte auf die Knie und ergriff mit der Schutzhand durch den Stoff eine der Glasscherben des Kruges. Sie holte tief Luft, krempelte den rechten Ärmel hoch und ritzte sich mit dem Glas die Haut auf. In der Panik des Augenblicks fügte sie sich damit sogar große Schmerzen zu. Blut spritzte heraus.
Als sich der Türknauf drehte und die Tür aufgestoßen wurde, ließ Schallan den Glassplitter fallen und warf sich auf die Seite. Sie schloss die Augen und tat so, als wäre sie bewusstlos. Die Tür öffnete sich.
Jasnah keuchte auf und rief sofort um Hilfe. Sie eilte an Schallans Seite, hob ihren Arm an und drückte gegen die Wunde. Schallan murmelte etwas, als wäre sie kaum bei Bewusstsein und griff dann mit ihrer Schutzhand nach der Tasche im Ärmel und dem Seelengießer darin. Er würde doch nicht herausfallen, oder? Sie zog den Arm näher an ihre Brust und kauerte still da, als Schritte ertönten, Diener und Parscher in das Zimmer rannten und Jasnah nach weiterer Hilfe schrie.
Das wird kein gutes Ende nehmen, dachte Schallan.
10
KIND VON TANAVAST
»Obwohl ich an jenem Abend in Veden-Stadt zu Abend essen sollte, beharrte ich darauf, Kholinar zu besuchen und mit Tivbet zu sprechen. Die Wegezölle durch Urithiru wurden allmählich unvernünftig. Inzwischen hatten die sogenannten Strahlenden ihre wahre Natur gezeigt.«
Nachdem das ursprüngliche Palanaeum abgebrannt war, blieb nur noch eine Seite von Terxims Autobiografie erhalten, und dies ist die einzige Stelle, die für mich von Bedeutung ist.
K aladin träumte, er sei der Sturm.
Er tobte vorwärts und zog die Sturmwand wie einen Umhang hinter sich her, während er über eine tiefschwarze Weite raste. Über den Ozean. Sein Vorüberziehen verursachte einen Aufruhr, die Wellen stürzten übereinander, weiße Gischtkappen stiegen in die Luft und wurden von seinem Wind erfasst.
Er näherte sich einem dunklen Kontinent und stieg höher hinauf. Noch höher. Dann noch höher. Er ließ das Meer hinter sich. Das gewaltige Land erstreckte sich vor ihm, scheinbar endlos, ein Meer aus Fels. So groß, dachte er ehrfürchtig. Er
hatte es nicht verstanden. Wie hätte ihm das auch gelingen sollen?
Er stürmte über die Zerbrochene Ebene. Sie wirkte, als hätte etwas sehr Großes sie in der Mitte getroffen, etwas, das Kräuselungen nach außen gesandt hatte. Auch diese Ebene war größer, als er es erwartet hatte; kein Wunder, dass bisher niemand einen Weg durch
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