Der Pfad des Kriegers (German Edition)
Wer wollte schon sterben. Danach waren sie Söldner geworden. Gleiche Arbeit, aber wenigstens mehr Geld. Es dauerte keine Sekunde, dann hatte der Söldner seine Entscheidung getroffen. Er grinste in Richtung der Lampe und ließ den Dolch fallen. Söldner kämpften nie Kämpfe, die sie nur verlieren konnten. Er konnte es ja schlecht mit der ganzen Besatzung aufnehmen. Und wenn er sie alle tötete, wer brachte das Schiff dann heil über das Meer? Nein, man musste wissen, wann man aufgeben musste. War ja nicht das erste Mal.
Die anderen kamen aber nicht näher, sondern blieben stehen, wo sie waren. Langsam hatten sich seine Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Auf der anderen Seite des Laderaums standen fünf Krieger, alle mit Waffen in der Hand. Keiner von ihnen rührte sich. Vielleicht warteten sie einfach nur darauf, dass er von alleine umfiel? Keine dumme Idee, wenn er sich so ansah, wie das Blut seinen Arm hinunterlief. Auch die Wunde am Bein schien sich wieder geöffnet zu haben. Er schwankte. Ein schwarzhaariger, drahtiger Junge drängte sich durch die Krieger. Irgendwie kam er ihm bekannt vor.
„Du bist der Söldner, nicht wahr?“, fragte der Junge auf Llaevisch.
Barrett nickte nur. Er kannte ihn wirklich. Es war der junge Llaevin, den Sion aufgenommen hatte. Nun, das war wirklich seltsam. Als ob Maegrin auf einem llaevischen Schiff nicht schon sonderbar genug gewesen wäre. Was machte dieser Schoßhund Sions unter all den Maegrin? Und viel wichtiger: Wie wirkte sich das auf seine Chancen aus? Waren die Maegrin etwa übergelaufen? Gab es Frieden? War das Schiff ein Geschenk Sions gewesen? Seine Gedanken rasten. Es hatte bisher noch keine Situation gegeben, aus der er keinen Nutzen hatte ziehen können.
„Was ist hier passiert?“, fragte er, alle seine verbliebene Kraft in seine Stimme legend. Mehr Schein als Sein wurde einem als Söldner zur zweiten Haut.
Thomas, so hieß er doch, antwortete auch sogleich:
„Sion hat die Maegrin verraten und ...“
Das machte Sinn. Wenn Sion die Maegrin verraten hatte oder sie ihn, das spielte ja keine Rolle, dann waren das hier Maegrin, die dem Ganzen hatten entkommen können und die gleiche Idee gehabt hatten wie er. Auf jeden Fall schon mal kein Friedensvertrag, das war gut.
„und wir, also ich, Arvid und ich, wir haben ihnen geholfen!“
Jetzt galt es schnelle Überzeugungsarbeit zu leisten.
„Ich war von dem Verrat genauso erschüttert, wie ihr und habe mich sofort dagegen ausgesprochen. Danach hat Luag versucht mich zu ermorden. Du hast mit Sicherheit bemerkt, dass er nicht wieder aufgetaucht ist.“
Es war nicht ganz gelogen und Wahrheit war sowieso ein relativer Begriff. Das erste Mal seit Beginn ihres Gesprächs übersetzte Thomas für die anwesenden Maegrin, die ihn darauf noch interessierter als zuvor musterten. Hauptsache er erzählte ihnen nicht, welche Rolle er als Ausbilder gespielt hatte.
Die Maegrin fingen an zu diskutieren. Wie er es hasste, wenn er nicht verstand, was geredet wurde. Besonders wenn es um sein Leben ging.
„Du hast Glück. Anscheinend sehen sie dich als eine Art Freund“, sagte Thomas, mit einem misstrauischen Unterton in seiner Stimme.
Im nächsten Moment gaben Barretts Beine nach und er fiel nach vorne um. Um ihn herum wurde es schwarz.
XXXIII
Sie hielt ihr Schwert immer noch in der Hand, bereit auf jeden plötzlichen Angriff zu reagieren.
„Fürchtet euch nicht, Kinder Unins! Denn die Erdenmutter hat euch in diesen Wald geführt, um euch von dem Unheil zu befreien, das euch plagt!“
Während er sprach, schien der kleine Mann regelrecht zu wachsen. Seine kraftvolle Stimme hallte an den Bäumen wider und erreichte selbst den letzten Winkel der Lichtung. Wer war diese Erdenmutter? Meinte er Unna? Die listige Mutter Verins in den alten Sagen?
„Schreckliches habt ihr erleben müssen und ihr selbst seid schuld daran!“
Unruhiges Gemurmel erhob sich hinter Sälvor. Inzwischen mussten die meisten ihrer Leute die Lichtung erreicht haben. Vertraute Geräusche zeigten ihr, dass sie nicht die einzige war, die jetzt mit gezogener Waffe dastand.
„Ihr habt euch von ihr abgewandt und ohne ihren Schutz sind diese Fremden auf unsere Welt gelangt, die sie nun zerstören. Ihre Heimat ist eine Wüste und bald wird es hier genauso aussehen.“
Niemand unterbrach ihn. Auch das Gemurmel hinter Sälvor hatte sich gelegt. Sälvor selbst schaute ihn nur aus großen Augen an. War dieser Mann der Priester einer alten
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