Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pfad des Kriegers (German Edition)

Der Pfad des Kriegers (German Edition)

Titel: Der Pfad des Kriegers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Ebert
Vom Netzwerk:
Junge als ob alle Geister der Unterwelt hinter ihm her waren. Bald hatte Arvid ihn aus den Augen verloren. Aber zum Glück hinterließ Thomas im matschigen Boden deutliche Spuren. Völlig außer Atem erklomm Arvid eine weitere Hügelkuppe und dann sah er Thomas. Er stand nur wenige Meter von ihm entfernt, weinend. Eher laut schluchzend. Der junge Krieger zitterte am ganzen Körper.
    Dann wurde Arvid klar, warum Thomas so gerannt war. Er musste die Landschaft erkannt und gewusst haben, dass sein Dorf in der Nähe war. Sein Dorf oder das was davon übrig war. Denn unten im Tal waren selbst im fahlen Licht der Dämmerung deutlich die verkohlten Ruinen von zwei Dutzend Häusern zu sehen. Sogar die Palisade war an mehreren Stellen angezündet worden und die Stelle, an der die Angreifer die Befestigung durchbrochen hatten, war noch deutlich sichtbar. Thomas wurde von regelrechten Weinkrämpfen geschüttelt. Mitleid breitete sich in Arvid aus, aber was sollte er tun? Was konnte er tun?
    Auf einmal lief Thomas wieder los, hinunter in das dunkle Tal. „Warte!“, schrie Arvid, doch Thomas hörte nicht auf ihn. Minuten später fand Arvid ihn wieder, weinend an die verkohlte Wand einer Hütte gelehnt. Als er sich neben ihn setzte, sah Thomas erst so aus, als ob er aufspringen und wegrennen wollte, doch er blieb sitzen. Arvid dachte an seine Eltern. Seinen großen, graubärtigen Vater, der selten freundlich zu ihm gewesen war, aber immer gerecht und an seine Mutter, diese schlanke Frau, die immer viel zu zerbrechlich gewirkt hatte für das Land, in dem sie lebten. An seine Brüder. Irgendwann kamen auch ihm die Tränen. Erst langsam, dann immer mehr, bis sich sein Schluchzen von Thomas kaum unterscheiden ließ. Es war das erste Mal, dass er weinte, seit er ein Kind gewesen war und das war lange her.

XXI
     
    „Hafgrimr gefällt sich offensichtlich in seiner Rolle!“, dachte sich Ulf, während er neugierig die sich vor ihm abspielende Szene betrachtete. Der alte Krieger hatte sich wirklich kräftig herausgeputzt. Statt des alten, grauen und verfilzten Pelzes, den er sonst trug, hatte er sich den Pelz eines weißen Wolfes umgeworfen und auf seinem Kopf thronte ein gewaltiger Eisenhelm, der mit zahlreichen Schlachtszenen verziert war. Ihm gegenüber stand, wie so oft in den letzten Monat Sigurd und, im Hintergrund, diesmal auch Skjoldr mit seinen Aasgeiern. Auch Sigurd sah anders aus als sonst. Er trug einen Brustpanzer mit den drei Bären, dem Wappen seines Hauses und auch an seiner Seite hing eine übergroße Streitaxt.
    Hafgrimr merkte man seine schwere Verletzung kaum an, er hielt sich aufrecht wie eh und je, nur beim Gehen zog er das Bein, das ein llaevisches Schwert nahezu durchtrennt hatte, etwas nach. Sigurd hingegen, obwohl unverletzt geblieben, wirkte eher wie ein alter Mann als wie ein Krieger.
    Ein eisiger Wind fegte über den Platz, während die Versammlung ihren Lauf nahm.
    Viele der Männer und Frauen im Raum wirkten unruhig. Auch Ulf hatte die Hand nahe am Schwertgriff. Jedem hier war klar, dass die Maegrin kurz vor einem Bruderkrieg standen. Jede falsche Bewegung, jedes falsche Wort konnte ihn auslösen. Und Hafgrimr schien geradezu erpicht darauf, diese Worte zu sprechen.
    „Ich habe es schon oft genug gesagt. Es wird keinen neuen König geben. Wir sind frei und wir gedenken es zu bleiben und wenn Skjoldr hundertmal unseren Arsch gerettet hätte, es würde doch nichts ändern!“
    Sigurd schien von der Vehemenz Hafgrimrs, die mehr in Gestik und Mimik und weniger in seinen Worten Ausdruck fand, regelrecht an die Wand gedrückt zu werden.
    „Hafgrimr, alter Freund, wir brauchen einen König. Wer sonst sollte die Verhandlungen mit den Llaevin führen?“
    „Niemand! Niemand verhandelt mit ihnen! Wir haben eine verdammte Schlacht verloren, nicht den Krieg und beim nächsten Mal wissen wir ja, was uns erwartet. Wenn Skjoldr sich etwas eher dazu herabgelassen hätte ...!“
    „Dann wäre er genauso wie wir in diesem Talkessel festgesessen. Nein, Hafgrimr, sieh es ein, wir werden diesen Krieg nicht gewinnen. Denk doch an die Frauen, die Kinder! Wir müssen Frieden finden!“
    Nach diesen Worten schien Sigurd geradezu zusammenzubrechen. Müde lehnte er seinen Körper gegen die Wand. Wann würde sich Skjoldr aus der Deckung wagen? Bisher schlug Sigurd hier seine Schlachten. Spekulierte Skjoldr darauf König zu werden? Das würde nie gut gehen. Vielleicht würden sie sich auf Sigurd einigen können, aber selbst

Weitere Kostenlose Bücher