Der Pfad des Kriegers (German Edition)
vom Spott und Hohn der Sieger.
Unter den neugierigen Blicken der daheimgebliebenen Bewohner zogen sie durch die Gassen der Stadt. Vorbei am Marktplatz, am Fischerviertel und dem ehemaligen Lager Skjoldrs, bis sie das Seetor erreicht hatten.
Alva packte ihn an der Schulter.
„Wir bleiben hier!“, sagte sie in dem bestimmenden Tonfall, den sie in letzter Zeit so oft verwendete. Fragend schaute er sie an.
„Ich will leben. Hafgrimr will das wohl nicht mehr. Deswegen bleiben wir hier.“
Ulf nickte nur stumm. Irgendwie war er innerlich schon zu der gleichen Feststellung gelangt, aber er hätte nie Konsequenzen daraus gezogen. Obwohl Alva seine Meinung teilte, er fühlte sich miserabel. Er hatte noch nie einen Waffenbruder im Stich gelassen, noch nie.
Langsam ließen sie sich ans Ende der Kolonne zurückfallen. Sie waren nicht die einzigen, die sich von Hafgrimr abwandten. Kleine Gruppen, aber auch einzelne Personen verließen den Zug und verschwanden im Gewirr der Häuser. Ulf machte einen halbherzigen Schritt in Richtung Straßenrand, als sein Blick den von Olaf traf. Sie hatten sich nicht gut gekannt, aber die Enttäuschung in Olafs Blick traf Ulf mitten ins Herz. Hätte ihn Alva nicht gepackt und weitergezogen, er hätte Hafgrimr nicht verlassen. Er fühlte sich so elend. Mitleidig blickten ihn mehrere der Umstehenden an. Alva folgend ging er weiter. Hafgrimr dachte nicht mehr in vernünftigen Maßstäben, Tod und Zerstörung war alles was noch für ihn zählte und Frieden war die letzte Hoffnung für sein Volk. Auch er sehnte sich schließlich danach. Nach einem Fischerboot, einem Platz im Langhaus, Kindern. Deren Geschrei vielleicht irgendwann das Geschrei der Sterbenden aus seinen Träumen vertreiben würde. Aber trotzdem fühlte es sich falsch an. Ein Maegrin ließ seine Gefährten nicht im Stich. Aber genau das hatte er jetzt getan.
XXII
Ein leises Knacken im Gebüsch hatte ihn aufgeweckt. Unruhig schaute Thomas sich um, konnte aber nichts erkennen. War es wirklich nichts? Oder doch ein paar versprengte Maegrin? Vielleicht waren es Männer seines Volkes?
Nichts passierte. Langsam griff er nach dem kurzen Schwert, das er gestern aus einem toten Llaevin gezogen hatte.
„Das würde ich nicht tun!“
Seine Sprache, das war die Sprache seines Volkes! Langsam ließ er sich zurücksinken. Die Drohung in den Worten wäre wohl auch jedem Maegrin klar gewesen, der die Sprache nicht verstand. Arvid schlief immer noch.
„Sollen wir sie gleich hier töten?“
Eine zweite Stimme. Weniger tief als die erste.
„Die beiden sind doch noch halbe Kinder!“
„Als ob die Maegrin darauf Rücksicht genommen hätten!“
Auf einmal griff Arvid nach seinem Dolch. Im gleichen Augenblick bohrte sich ein Pfeil direkt neben ihn in den Boden.
„Nein! Nein! Wartet!“, schrie Thomas.
Stimmgewirr brach aus. Es mussten mindestens ein Dutzend Leute hinter den Bäumen und Büschen der Umgebung verborgen sein.
„Du bist einer von uns?“ Die erste Stimme wieder. Aber diesmal von einem ganz anderen Ort.
„Ja!“, schrie Thomas so laut er konnte. Arvid hatte sich inzwischen aufgesetzt, zitterte aber am ganzen Körper.
„Ich bin einer von euch. Ich bin aus Maarin! Ich bin ...!“
„Du bist aus Maarin?“
Auf einmal klang die Stimme nicht mehr so ruhig.
„Ja, ich bin Thomas. Der Sohn von …„
„Thomas!“
Eine Gestalt brach aus dem Gebüsch links von ihm hervor. Wer war das? Kräftige Hände rissen ihm vom Boden und er schaute in ein von der Sonne gebräuntes Gesicht, umrahmt von einem struppigen, braunen Bart. Er kannte es nicht. Oder etwa doch?
„Sam?“, fragte er ungläubig.
„Ja, ich bin es. Ich bin so froh dich zu sehen!“
Sam fing an aus vollem Hals zu lachen. Das war so gar nicht der ruhige, zurückhaltende Sam, den er in Erinnerung hatte, aber er war gerade viel zu glücklich, um sich darüber Gedanken zu machen.
Arvid war inzwischen aufgestanden.
„Wer ist das denn?“, fragte Sam, immer noch freundlich grinsend.
„Das ist Arvid. Er hat mir geholfen zu fliehen und er muss mit unserem König reden!“
Arvid hatte ihm in der Nacht, als sie sein Dorf gefunden hatten, alles erzählt. Irgendwann, als sie beide aufgehört hatten zu weinen.
Neugierig betrachtete Sam den jungen Maegrin.
„Das könnte ein kleines Problem werden.“, sagte er, jetzt weniger fröhlich.
Fragend blickte Thomas ihn an.
„Das hat Zeit bis später. Jetzt bringen wir euch erst einmal an einen sicheren Ort und
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