Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
Lächeln.
»Eine Menge Gerüchte machen die Runde, und Ihr kennt mich. Manchmal beunruhigen mich schon Kleinigkeiten.«
»Ihr seid gewitzter, als Ihr zugeben wollt«, befand Azdeki. »Könnte es sein, dass Ihr mir etwas zu sagen habt, De Page? Etwas, worüber in den Fluren in Emeris gemunkelt wird? Vielleicht Befürchtungen, die mit Euch zu tun haben?«
»Aber nein, nichts von alledem. Ich glaube nicht, dass Ihr etwas zu verbergen sucht. Und was den Mörder angeht, so hege ich nicht den geringsten Zweifel, dass Ihr uns vor ihm beschützt. Bitte, nehmt meine Entschuldigung an. Ich wollte Euch keinesfalls zu nahetreten. Schon gar nicht an diesem schönen Abend.«
»Wenn Ihr mich bitte jetzt entschuldigen wollt – ich muss meine Gäste begrüßen.«
»Aber natürlich«, nickte De Page. »Ich werde jetzt in Begleitung meiner Dame das tun, was ich am besten beherrsche – mich betrinken und den Abend genießen.«
»Was den ersten Teil angeht, so zweifele ich daran keine Sekunde«, antwortete Azdeki amüsiert und wandte sich an Viola. »Hinsichtlich des zweiten denke ich, dass Euer Kavalier Euch nicht enttäuschen wird, gnädige Frau.«
»Oh, welche Geistesschärfe«, säuselte De Page, während sich Azdeki vor Viola verbeugte.
Der Ratsherr verschwand eilig in der Menge. Der Druck auf De Pages Arm ließ sofort nach. Unter ihrer Maske war Viola sehr bleich geworden.
»Musstet Ihr ihn unbedingt herausfordern?«, fragte sie vorwurfsvoll.
»Ja und?«, fragte er grinsend. »Azdeki ist beileibe nicht dumm. Er muss längst bemerkt haben, dass ich nicht nur heute Nacht eine Maske trage. Ränkeschmiede erkennen einander schnell. Wegen ein paar verschleierter Bedrohungen macht er bestimmt keinen Rückzieher. Du kannst dich also entspannen.«
»Ich bin entspannt«, fauchte sie. »Aber wenn Ihr Euch etwas weniger kämpferisch geben könntet, wäre ich es sicher noch mehr.«
Der Ratsherr lachte leise.
Fröhlich und lautstark ging das Fest im Palatio weiter. Eine Reihe mit Hellebarden bewaffneter Soldaten trieb an den Eingängen allzu neugierige Schaulustige zurück.
Auf der Treppe war es dunkel und ruhig. Nur der knarrende Fußboden erinnerte Dun daran, dass er überhaupt noch lebte. Mondlicht drang durch die schmutzigen Fensterscheiben und zeichnete blasse Rechtecke auf das staubige Holz. Er war allein und müde. Erschöpft setzte er sich auf die Treppenstufen, faltete die zitternden Hände über den Knien und erwartete den Tod. Dun war sich sicher, dass weder Laerte noch De Page vorhatten, ihn gehen zu lassen.
Er hätte fliehen können. Er hätte dieses Haus verlassen können, doch er hatte sich damit abgefunden, dass er seinen Schmerz immer mitnehmen würde, wohin er auch ginge.
Als er das Rumpeln der Kutsche und die Hufe auf dem Pflaster hörte, überkam ihn eine große Ruhe. Bald wäre alles vorüber. Er hörte das Schnalzen der Zügel, die Pferde schüttelten sich, Schritte kamen auf das Haus zu. Langsam wurde die Klinke heruntergedrückt. Er ballte die Fäuste.
Die Tür ging auf und ließ das Licht der Öllampen ein. Dun schloss die Augen und straffte den Rücken. In der Türöffnung stand eine Frau in einem langen, violetten Gewand mit aufgesetzter Kapuze und wartete geduldig.
»Dun-Cadal«, sagte sie schließlich.
Er hatte den Lavendelduft bereits erkannt. Ebenso überrascht wie enttäuscht ging er die Treppe hinunter, ihr entgegen. Er hatte den Tod erwartet, doch es war Mildrel, die ihn holen kam.
Sie streifte die Kapuze vom Kopf und enthüllte ihr ruhiges Gesicht. Mit den dunkel umrahmten Augen musterte sie ihn stumm. Auch er schwieg, denn er ahnte, was sie von seinem Zustand hielt. Wie hatte er sich nur derart irren können? Laerte hatte tatsächlich Wort gehalten, und allein das war es, was noch für ihn zählte.
»Wie findest du mich?«, fragte er schließlich leise.
Sie zögerte, ehe sie ihn traurig anlächelte.
»Immer noch alt? Trotz der Neuigkeiten?«
Er stöhnte leise und nickte nervös. Zufällig blieb sein Blick an die dunklen Flecken auf seinen Händen hängen. Hastig nahm er sie vom Geländer.
»Du weißt doch sicher …«
»Ja, ich weiß. Grenouille.«
»Und sonst?«
»Dass er überlebt hat und hier ist. Er hat mich gebeten, mich um dich zu kümmern. Das ist alles, aber es genügt mir. Sie haben mir so viel Geld gegeben, dass wir zusammen Masalia den Rücken kehren können.«
»Wer hat das getan?«
»De Page.«
Dun nickte düster.
»Die Sache da draußen geht uns nichts an«,
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