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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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sagte sie und trat einen Schritt auf ihn zu. »Alles, was mit der Republik zu tun hat, braucht uns nicht zu kümmern. Wir stammen aus einer anderen Zeit.«
    Sie nahm seine Hände. Er betrachtete ihre schlanken, in schwarze Handschuhe gehüllten Finger. Wie verloren sie doch auf seinen großen, vom Alter gezeichneten Pranken wirkten! Wie fern war die Zeit, als er nach seiner Heimkehr aus der Schlacht, noch staubig vom langen Ritt, in einem üppigen Zimmer im kaiserlichen Palast sehnsüchtig in ihre Arme gesunken war. Jetzt erschien es ihm, als sei dieses frühere Leben nichts als ein langer Traum gewesen.
    »Ich bin lange umhergeirrt, ehe ich nach Masalia kam«, sagte er angesichts ihrer ineinander verschränkten Finger leise. »Ich wusste nicht, wo ich hingehen sollte, und war immer auf der Suche. Auf der Suche nach Antworten. Aber hier in Masalia habe ich die Suche aufgegeben.«
    »Antworten auf welche Fragen?«
    »Auf die Fragen, wer ich bin und warum ich versagt habe«, antwortete er fast flüsternd. »Und ob es hinter alledem einen Sinn gibt. Warum haben uns die Götter ein solches Schicksal beschert? Bin ich wirklich nichts als ein Flüstern? Und jetzt, seit …«
    Beinahe hätte er das Liaber Dest erwähnt. Er wollte ihr gestehen, wie sehr er fürchtete, dass sich sein Leben auf einem einzigen Satz beschränkte, doch er ahnte, dass De Page ihr die Information über das Buch vorenthalten hatte. Dun unterdrückte ein nervöses Lachen.
    »Du hattest dich hier in Masalia niedergelassen. Du hast mich willkommen geheißen und dich bemüht, mich vor mir selbst zu beschützen. Leider ohne großen Erfolg. Aber zumindest warst du immer für mich da.«
    Endlich blickte er ihr in die Augen. Und in diesen Augen sah er das, was er niemals hatte wiedersehen wollen: uneigennützige, grenzenlose Liebe – oft gebeugt, aber nie gebrochen. Sie verdiente es, dass er sich wenigstens dieses Mal ganz auf sie einließ. Sie würden fliehen. Sie würden alles hinter sich lassen. Wie sie gesagt hatte: Die Angelegenheiten der Republik gingen sie nichts an.
    »Er ist erwachsen geworden. Ein richtiger Mann.«
    Duns Lächeln erlosch.
    »Er hat eine Rechnung mit Azdeki zu begleichen.«
    »Je weniger wir darüber wissen, desto besser für uns.«
    Es war eine Bitte, nicht weiterzumachen.
    »Mildrel!«
    Er hielt ihrem Blick stand. Langsam hob er die verschränkten Hände in Schulterhöhe und näherte sich ihr. Ihr Lavendelduft drang ihm in die Nase, doch dieses Mal wirkte er nicht beruhigend. Er schmiegte sich eng an sie. Würde diese Trauer, die ihm das Herz abdrückte, denn nie vergehen?
    »Bitte komm jetzt. Wir müssen fahren«, sagte Mildrel. »Lass uns das alles vergessen. Vergessen wir die Republik und alles, was damit zu tun hat, und vergessen wir auch das Kaiserreich. Lass uns einfach nur leben. Nur wir beide. Das willst du doch auch, oder?«
    »Ja«, murmelte er.
    Mildrel ließ seine Hände los, streckte die Arme aus und hielt ihn ein Stück von sich ab. Sie lächelte, doch ihr Lächeln wirkt ernst und ein wenig verbittert. Es war, als ob sie resignierte.
    »Kommst du mit mir?«
    »Ja«, wiederholte er zögernd.
    Er wich ihren Augen aus. Ein Gefühl unendlicher Verlassenheit breitete sich in ihm aus
    »Nein«, verbesserte er sich.
    Eine Sekunde lang hoffte er, Mildrel würde wütend werden, ihn drängen, das Haus zu verlassen, die Kutsche zu besteigen und Masalia zu verlassen. Aber sie blieb stumm.
    »Er ist auf dem Weg zum Palatio«, sagte er ruhig. »Er will Azdeki ermorden.«
    »Und du machst dir Sorgen, dass es ihm nicht gelingt«, nickte sie.
    »Ich mache mir Sorgen, dass jemand ihn daran hindert, ihn entwaffnet, ihn …«
    Er sah Mildrel an.
    »Er braucht mich.«
    In ihren Augen sah er weder einen Vorwurf noch Wut und noch nicht einmal Trauer. Sie nickte nur.
    »Ich weiß nicht, ob ich es immer befürchtet oder einfach nur immer gewusst habe«, sagte sie und lehnte den Kopf an seine Schulter. »Kutscher? Bitte den Koffer!«
    Sie hörten, wie der Mann draußen die Verschnürung löste. Etwas fiel mit dumpfem Poltern auf die Straße. Schließlich erschien der Kutscher in seinem staubigen Frack an der Tür. Er zog eine abgewetzte, mit einem Messingschloss versehene Truhe hinter sich her und stellte sie zwischen Mildrel und dem General ab.
    »Danke«, sagte sie, ohne den Mann eines Blickes zu würdigen.
    Der Kutscher grüßte Dun schüchtern mit der Hand und kehrte zu seiner Kutsche zurück.
    »Sind das deine Sachen?«, fragte

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