Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
nicht.
»Lehrt mich zu kämpfen, und ich helfe Euch dafür, die Salinen zu verlassen und zu Eurer Truppe zurückzukehren.«
»Glaubst du allen Ernstes, wir könnten zu zweit ein fach so die feindlichen Linien durchbrechen?« Nun musste Dun doch lachen, dabei hielt er sich die Seiten. Wenn er noch lange auf diesem Pferd sitzen blieb, würde er das Bewusstsein verlieren.
»Es ist möglich«, entgegnete der Junge. »Ihr wisst nicht, wozu ich fähig bin.«
»Aber ich weiß doch gar nichts von dir. Ich kenne nicht einmal deinen Namen.«
»Ihr braucht mir lediglich einen zu geben«, befand er. »Lehrt mich zu kämpfen, und Ihr werdet es nicht bereuen.«
Ohne von der Stelle zu weichen blickte er Dun finster an.
»Kämpfen? In deinem Alter?«
»Ich werde ein Ritter sein, ehe Ihrs Euch verseht.«
»Was für ein Selbstvertrauen! Es braucht eine lange Zeit, um Ritter zu werden, mein Junge.«
»Ich schaffe es.«
»Aber ich kann dich nicht brauchen, wenn ich die feindlichen Linien durchbrechen will.«
»Ich schaffe es«, wiederholte der Junge verbissen, ohne sich einschüchtern zu lassen.
»Junge, allmählich gehst du mir auf die Nerven. Du bist noch ein Kind. Bleib, wo du bist, und halte dich nicht für größer, als es dir zusteht. Die Lage ist viel zu verzwickt, als dass ich mich auch noch um dich kümmern könnte.«
»Ich bin kein Kind mehr.« Anklagend zeigte er auf den Ritter. »Ihr wisst ganz genau, dass Ihr so nicht sehr weit kommt. Trotzdem zieht Ihr es vor, die Dämonen herauszufordern, statt hierzubleiben und Eure Verletzung auszukurieren. Während Eurer Genesung könntet Ihr mich im Kampf unterrichten. Aber nein – Ihr versteift Euch darauf, in den sicheren Tod zu reiten. Ich hingegen weiß, wo die Aufständischen stehen, wie viele es sind und wo wir am besten durchkommen. Zu zweit könnten wir es schaffen.«
Zitternd ließ er den Arm sinken. In seinen Augen standen Tränen. »Und außerdem bin ich schon längst kein Kind mehr«, wiederholte er leise.
Das Pferd schnaubte. Es schien ebenfalls müde zu sein. Widerstrebend fügte sich Dun der Gewissheit, dass er die Reise allein nicht bewerkstelligen konnte.
»Weißt du mit einem Schwert umzugehen?«, fragte er.
Der Junge nickte schüchtern.
Gemeinsam kehrten sie zum Karren zurück. Dun musste sich beim Absteigen helfen lassen und legte den Arm um die Schultern seines jungen Retters, der ihn zu seinem Lager zurückbrachte. Als er endlich wieder lag, ließ der Schmerz in seinem Bein endlich nach. Er legte es auf eine Kiste, damit es nicht anschwoll.
»Hilf mir, den Stiefel auszuziehen«, stöhnte er.
Der Junge gehorchte. Dun sah ihm zu, wie er sich bemühte, und versuchte, in seinem Gesicht irgendeinen Hinweis zu finden, der ihn weiterbringen würde. Eine Narbe, einen Ausdruck, irgendein Detail, das er bisher nicht bemerkt hatte. Etwas, das auf eine Vergangenheit schließen ließ. Doch er entdeckte nichts als diese absolute Leere. Als der Junge Dun die Stiefel ausgezogen hatte, holte er den Frosch aus der Kiste und drückte den Urin aus ihm heraus.
»Dann muss ich dir wohl einen Namen geben«, sagte Dun und hob mit einem Finger das Kinn des Knaben zu sich empor.
»Wie Ihr wollt«, entgegnete der Junge und schüttelte die Flasche, um das Wasser mit dem Urin zu vermischen.
»Du nennst mich Sumpfschnepfe, nicht wahr? Dann lass uns doch bei so etwas bleiben. Da du Tiere zu mögen scheinst, werde ich dich Grenouille nennen. Grenouille, der Frosch.«
Insgeheim erwartete er, dass der Junge aufbegehrte, doch der nickte nur und reichte ihm die Flasche.
»Danke, Sumpfschnepfe. Ich glaube, das passt zu mir«, lächelte er traurig.
Um sein Ziel zu erreichen, war er sogar bereit, einen derart lächerlichen Namen zu akzeptieren.
»Ritter Grenouille. Willst du wirklich Ritter Grenouille werden?«, spottete Dun und nahm die Flasche.
Der Blick, dem er begegnete, raubte ihm alle Selbstsicherheit. In den grauen Augen des Jungen zeigte sich ein eiserner Wille, der nicht zu brechen war. Sanft, aber bestimmt sprach er die Worte, die Dun-Cadal sein Leben lang nicht mehr vergessen würde: »Eines Tages werdet Ihr mich verstehen. Ganz bestimmt. Ich werde der größte Ritter sein, den die Welt je gesehen hat.«
4
DER ASSASSINE
»Jemanden von hinten angreifen?
Aber das ist ein ehrloser Kampf!«
»Jemanden zu töten ist niemals ehrenvoll, Kleiner. Nie.
Dabei spielt es keine Rolle, wie du es tust.
Ein Leben zu nehmen ist nichts Rühmliches.«
V on der Welt
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