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Der Pfad im Schnee

Der Pfad im Schnee

Titel: Der Pfad im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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umblasen. Während ich Jo-An zur Schwelle der nächstgelegenen folgte, arbeiteten die Männer weiter, doch ich war mir ihrer Blicke bewusst. Alle schauten mich mit einer Art inständiger Bitte an, als würde ich ihnen etwas bedeuten und könnte ihnen irgendwie helfen.
    Ich versuchte mir meinen Widerwillen nicht anmerken zu lassen und trat ein, die Schuhe musste ich nicht ausziehen, weil der Boden aus Erde bestand. Ein kleines Feuer brannte in der Feuerstelle. Die Luft war voller Rauch, der mir schmerzhaft in die Augen stieg. Jemand kauerte unter einem Stapel Häute in der Ecke. Ich dachte, es sei Jo-Ans Frau, bis die Person auf den Knien zu mir kroch und sich bis zum schmutzigen Boden verneigte. Es war der Mann, der mich über den Fluss gerudert hatte.
    »Er war den größten Teil der Nacht unterwegs, um mir zu sagen, dass er Sie gesehen hat«, sagte Jo-An entschuldigend. »Er musste sich ein wenig ausruhen, bevor er zurückgeht.«
    Mir war klar, welches Opfer das bedeutete, nicht nur wegen der einsamen Wanderung durch die Finsternis mit ihren Kobolden, auch wegen der Gefahr durch Räuber und Patrouillen und des Verlusts eines Tageslohns.
    »Warum hast du das für mich getan?«
    Er setzte sich auf, schaute hoch und betrachtete mich kurz. Er sagte nichts, aber sein Blick war der gleiche, den ich bei den Gerbern gesehen hatte, voller Leidenschaft und Hunger. Ich hatte ihn auch zuvor schon gesehen, vor Monaten, als wir auf der Rückreise von Terayama nach Yamagata Leuten begegneten, die diesen Blick wie einen Appell auf Shigeru richteten. Für sie bedeutete Shigeru ein Versprechen von etwas - Gerechtigkeit, Mitgefühl - und jetzt suchten diese Männer das Gleiche in mir. Was Jo-An ihnen über mich erzählt hatte, verwandelte mich in ihre Hoffnung.
    Und etwas in mir reagierte darauf, genau wie auf die Dorfbewohner, die Bauern mit ihren versteckten Feldern. Sie wurden behandelt wie Hunde, geschlagen und ausgehungert, doch ich sah sie als Menschen mit Hirn und Herz, nicht geringer als irgendein Krieger oder Kaufmann. Ich war unter Leuten wie ihnen aufgewachsen und hatte gelernt, dass in den Augen des Geheimen Gottes alle gleich waren. Gleichgültig, was aus mir geworden war, welche anderen Lehren ich von den Otori oder dem Stamm empfangen hatte, sogar trotz meines eigenen Widerwillens war es unmöglich, das zu vergessen.
    Jo-An sagte: »Er ist jetzt Ihr Mann. Genau wie ich, genau wie wir alle. Sie müssen uns nur rufen.« Er grinste, seine Zahnstümpfe blitzten im Dämmerlicht. Er hatte Tee gemacht und reichte mir eine kleine Holzschale. Ich spürte, wie mir der Dampf ins Gesicht stieg. Der Tee war aus Zweigen gekocht wie der, den wir in Mino getrunken hatten.
    »Warum sollte ich euch rufen? Was ich brauchen werde, ist eine Armee!« Ich trank, die Wärme durchströmte mich.
    »Ja, eine Armee«, entgegnete Jo-An. »Viele Schlachten liegen vor Ihnen. Das sagt die Prophezeiung.«
    »Wie könnt ihr mir dann helfen? Es ist euch verboten zu töten.«
    »Krieger werden töten«, antwortete Jo-An. »Aber sie tun vieles nicht, was ebenso nötig ist. Tätigkeiten, die für sie unter ihrer Würde sind. Bauen, schlachten, begraben. Sie werden es merken, wenn Sie uns brauchen.«
    Der Tee beruhigte meinen Magen. Jo-An bot zwei weitere kleine Hirsekuchen an, doch ich hatte keinen Appetit und forderte den Bootsmann auf, meinen Anteil zu essen. Jo-An aß auch nichts, er steckte das zweite Gebäck wieder ein. Ich sah, wie der andere das beobachtete, und gab ihm ein paar Münzen, bevor er ging. Er wollte sie nicht nehmen, aber ich drückte sie ihm in die Hand.
    Jo-An murmelte den Reisesegen über ihn und zog dann die Häute zur Seite, damit ich den Platz darunter einnehmen konnte. Die Wärme des Tees blieb in mir. Die Häute stanken, doch sie hielten die Kälte fern und dämpften die Geräusche. Ich dachte kurz daran, wie jeder dieser ausgehungerten Männer mich für eine Schale Tee verraten könnte, aber jetzt hatte ich keine Wahl; ich musste Jo-An vertrauen. Ich ließ die Dunkelheit über mich sinken und mich hinunter in den Schlaf tragen.
    Jo-An weckte mich ein paar Stunden später. Es war bereits nach Mittag. Er gab mir Tee, kaum mehr als heißes Wasser, und entschuldigte sich dafür, dass er mir nichts zu essen anbieten könne.
    »Wir sollten jetzt gehen«, sagte er, »wenn wir vor der Dunkelheit zu den Köhlern kommen wollen.«
    »Zu den Köhlern?« Ich wachte meistens rasch auf, doch an diesem Tag war ich benommen vor

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