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Der Pfad im Schnee

Der Pfad im Schnee

Titel: Der Pfad im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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ich je gesehen hatte, enthielt eine solche Mischung von Symbolen, als ob der Geheime Gott, der Erleuchtete und die Geister des Bergs hier alle zusammen lebten.
    Die Heilige sprach, als könnte sie meine Gedanken lesen; aus ihrer Stimme hörte ich Lachen und Verwunderung heraus. »Alles ist eins. Behalte das im Herzen. Alles ist eins.«
    Sie berührte die Gebetsmühle und setzte sie in Bewegung. Der Rhythmus schien sich in meine Adern zu stehlen und mit meinem Blut zu vereinen. Leise begann sie zu singen, Worte, die ich nie zuvor gehört hatte und nicht verstand. Sie strömten über und um uns und verklangen schließlich im Wind. Als wir sie wieder hörten, waren sie zum Reisesegen der Verborgenen geworden. Sie reichte uns eine Schale und forderte uns auf, vom Wasser des Teichs zu trinken, bevor wir gingen.
    Eine dünne Eisschicht bildete sich bereits auf der Oberfläche und das Wasser war so kalt, dass mir die Zähne davon schmerzten. Jo-An verlor keine Zeit, er führte mich rasch weg und schaute dabei ängstlich nach Norden. Bevor wir über den Kamm zurückgingen, sah ich zum letzten Mal zu der heiligen Frau zurück. Sie saß bewegungslos da; aus dieser Entfernung schien sie ein Teil des Felsens zu sein. Ich konnte nicht glauben, dass sie die ganze Nacht allein hier draußen blieb.
    »Wie überlebt sie?«, fragte ich Jo-An. »Sie wird erfrieren.«
    Er runzelte die Stirn. »Gott erhält sie. Ihr macht es nichts aus, wenn sie stirbt.«
    »Dann ist sie wie du?«
    »Sie ist eine heilige Person. Früher dachte ich, sie sei ein Engel, aber sie ist ein Mensch, der durch Gottes Kraft verwandelt wurde.«
    Mehr wollte er nicht sagen. Meine Ungeduld schien ihn angesteckt zu haben. Wir stiegen schnell hinunter, bis wir zu einem kleinen Felssturz kamen, über den wir klettern mussten. Auf der anderen Seite war ein schmaler Pfad, von Menschen gebahnt, die hintereinander in den dunklen Wald gegangen waren. Auf dem Pfad fingen wir wieder an zu steigen.
    Gefallenes Laub und Tannennadeln dämpften unsere Schritte. Unter den Bäumen war es fast Nacht. Jo-An ging noch schneller. Vom raschen Tempo wurde mir etwas wärmer, aber meine Füße und Beine schienen langsam zu Stein zu werden, als würde ich durch das Wasser, das ich getrunken hatte, verkalken. Und auch im Herzen spürte ich Eiseskälte über die verblüffenden Worte der alten Frau und alles, was sie für meine Zukunft bedeuteten. Ich hatte nie in einer Schlacht gekämpft. Musste ich wirklich in fünf Schlachten ziehen? Wenn der Preis für Frieden Blutvergießen war, würde in fünf Schlachten ein wirklich hoher Tribut gezahlt werden. Und die Vorstellung, dass mein eigener, noch ungeborener Sohn mich töten würde, erfüllte mich mit unerträglicher Traurigkeit.
    Ich holte Jo-An ein und berührte ihn am Arm. »Was bedeutet es?«
    »Es bedeutet, was es sagt.« Er ging etwas langsamer, um zu Atem zu kommen.
    »Hat sie dir zuvor die gleichen Worte gesagt?«
    »Genau die gleichen.«
    »Wann war das?«
    »Nachdem ich gestorben war und wieder lebendig wurde. Ich wollte leben wie sie, als Einsiedler auf dem Berg. Ich dachte, ich könne ihr Diener sein, ihr Jünger. Aber sie erklärte, meine Arbeit in der Welt sei noch nicht beendet, und sie sprach diese Worte über dich.«
    »Du hast ihr gesagt, wer ich bin, ihr von meiner Vergangenheit und allem erzählt?«
    »Nein«, sagte er geduldig. »Das brauchte ich ihr nicht zu erzählen, sie wusste es schon. Sie sagte, ich müsse dir dienen, weil nur du Frieden bringen wirst.«
    »Frieden?«, wiederholte ich. War es das, was sie mit dem Wunsch des Himmels meinte? Ich war mir noch nicht einmal sicher, was das Wort bedeutete. Schon die Vorstellung von Frieden schien wie eine dieser Phantasien der Verborgenen zu sein, wie die Geschichten vom Königreich, die meine Mutter mir nachts flüsternd erzählt hatte. Würden sich die Clans je vom Kämpfen abhalten lassen? Die ganze Kriegerklasse kämpfte: Dafür wurden die Männer geboren und ausgebildet, dafür lebten sie. Abgesehen von ihren Traditionen und ihrem persönlichen Ehrgefühl wurden sie angetrieben durch den ständigen Bedarf an Land, um Armeen zu unterhalten, mit denen man noch mehr Land erobern konnte, durch den militärischen Kodex und die wechselnden Netzwerke von Bündnissen, den maßlosen Ehrgeiz von Kriegsherren wie Iida Sadamu und jetzt höchstwahrscheinlich Arai Daiichi. »Frieden durch Krieg?«
    »Gibt es eine andere Möglichkeit?«, entgegnete Jo-An. »Schlachten stehen

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