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Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake

Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake

Titel: Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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mir läuft es kalt den Rücken runter, wenn ich Leichen sehe.«
    »Lustig, dass ausgerechnet du das sagst.«
    »Ich habe Angst vor meinem eigenen Schatten, Mann. Deshalb kann ich auch so gut solche Bücher schreiben. Und Sagebrush Flat ist noch viel beängstigender als mein Schatten. Im Vergleich dazu verblasst mein Schatten geradezu.«
    Barbara kicherte.
    »Auch wenn keine Leiche unter der Treppe läge, würde ich mich lieber von dem Ort fernhalten. Es jagt mir schon genug Angst ein, dass die Stadt verlassen ist. Orte, an denen niemand ist, obwohl dort eigentlich Menschen sein sollten, lösen eine elementare Furcht aus. Eine verlassene Stadt, ein Bürogebäude bei Nacht …«
    »Das stimmt«, sagte Barbara. »Oder ein Hotel spät in der Nacht, wenn alle schlafen.«
    »Oder eine Schule«, fügte Larry hinzu. »Oder eine Kirche.«
    »Genau.« Ihre Augen weiteten sich. »Kirchen sind echt gruselig, wenn sie leer sind. Als ich auf der Highschool war, habe ich in einem Chor gesungen. Wir haben uns jeden Mittwochabend um acht zum Proben getroffen.« Sie beugte sich vor und blickte Larry eindringlich an. »Eines Abends … mein Gott, ich kriege schon Gänsehaut, wenn ich nur daran denke.« Sie zog die Schultern hoch und presste die Arme an den Körper. »Eines Abends wurde die Probe abgesagt, und ich wusste nichts davon. Vermutlich hatte man uns nicht erreicht, weil wir unterwegs waren. Jedenfalls war der Chorleiter krank, und alle außer mir wussten Bescheid. Also setzte mich mein Vater auf dem Parkplatz ab, und ich ging hinein.«
    »Machst du dir Notizen, Lar? Vielleicht kannst du damit was anfangen.«
    »Klingt vielversprechend, bis jetzt.« Er verspürte einen leichten Schauder, als wäre Barbaras Furcht ansteckend.
    »In der Vorhalle brannte Licht. Aber die Treppe zur Chorempore war dunkel. Ich bin trotzdem hochgegangen. Ich habe gedacht, dass ich einfach die Erste wäre. Oben auf der Empore war es auch dunkel.«
    »Warum hast du das Licht nicht angeschaltet?«, fragte Pete.
    »Keine Ahnung. Vermutlich dachte ich, dass ich besser nicht an irgendwelchen Lichtschaltern herumspiele. Aber ich hatte auch Angst, dass mich jemand … versteht ihr, wenn ich das Licht angeschaltet hätte, hätte ich damit verraten, dass ich da war.« Sie verzog den Mund und entblößte ihre Zähne.
    »Genau das ist der Punkt«, sagte Larry, »wenn ein Platz verlassen zu sein scheint, hat man Angst, nicht wirklich alleine zu sein.«
    »Stimmt. So ist es. Weil man nicht sehen kann, was da ist. Mein Gott, ich habe gedacht, jemand treibt sich da herum und schleicht sich an mich heran. Ich meinte auch zu hören, wie jemand leise die Treppe heraufkam.« Mit der rechten Hand hielt sie immer noch das Glas auf ihrem Schoß fest. Mit der anderen Hand rieb sie sich über den Arm, als wollte sie die Gänsehaut glätten. Larry sah, dass sich auch auf ihren Oberschenkeln die Haare aufgestellt hatten. Ihr BH war offenbar aus einem dünnen, dehnbaren Stoff, denn die Brustwarzen zeichneten sich als kleine Punkte unter dem T-Shirt ab.
    Das muss ich mir merken, dachte Larry. Eine Frau bekommt Gänsehaut und die Nippel richten sich auf.
    Die Angst macht sie steif.
    Oder ist sie erregt?
    Macht sie die Furcht an?
    Barbara hatte eine finstere Miene aufgesetzt und rieb immer noch über ihren Arm. Sie schien in den Erinnerungen an jene Nacht versunken zu sein.
    »Also, was ist dann passiert?«, fragte Pete.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nichts.«
    »Ah, das ist ja eine tolle Geschichte.«
    »Ich habe ungefähr eine Viertelstunde gewartet. Vor Angst konnte ich mich kaum bewegen. Ich habe hinunter ins Kirchenschiff und auf die Kanzel gestarrt und gedacht, dass da unten in der Dunkelheit jemand wäre. Jemand, der wusste, dass ich dort war. Der mich beobachtet hat.«
    »Und dich holen wollte«, fügte Pete hinzu.
    »Genau.«
    »Sie kommen und holen dich«, imitierte Pete die Stimme des bekloppten Bruders in der Friedhofsszene aus Die Nacht der lebenden Toten . »Sie kommen und …«
    »Hör auf, ja?«
    »Aber es ist niemand aufgetaucht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Schließlich bin ich abgehauen. Ich war noch nie in meinem Leben so froh, irgendwo rauszukommen.«
    »Auch nicht bei dem Loch in der Treppe vom Sagebrush Flat Hotel?«, fragte Pete.
    »Das war was anderes. Da hatte ich Schmerzen. Das ist nicht das Gleiche, wie fast vor Angst zu sterben.«
    »Also bist du zum Schluss einfach aus der Kirche gerannt?«
    »Ja. Ich hab noch nicht mal dran gedacht, zu Hause

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