Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake

Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake

Titel: Der Pfahl - Laymon, R: Pfahl - Stake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
Footballfeld. Sie streckte die Quasten in den Himmel und wirbelte im Kreis herum, ihr langes blondes Haar wehte durch die Luft, ihr Rock bauschte sich auf und stieg höher und höher.

22
    Als Larry morgens aufwachte, musste er als Erstes daran denken, dass er die Seiten aus dem Buch geschnitten hatte. Plötzlich war er sich sicher, dass die Bibliothekarin die Beschädigung entdecken würde. Lane würde schweren Ärger bekommen, und es wäre seine Schuld.
    Ihm wurde bewusst, dass er in letzter Zeit eine Menge Dinge getan hatte, die sein Gewissen belasteten: Er hatte Pete mit der Pistole bedroht, Bonnie mit nach Hause genommen und vor seiner Familie versteckt, war im Vollrausch in die Garage gegangen, ohne zu wissen, was er dort tat; und nun hatte er das Jahrbuch verschandelt und Lane damit vielleicht in Schwierigkeiten gebracht.
    Bevor sie Bonnie in der Geisterstadt gefunden hatten, hatte er niemals etwas getan, für das er sich besonders schämte. So ungefähr das Schlimmste, was ich gemacht habe, dachte er, war lüstern an andere Frauen zu denken. Das war eigentlich ziemlich harmlos.
    Im Gegensatz zu den anderen Dingen.
    Was zum Teufel ist aus mir geworden?
    Ihm war heiß. Er drehte sich auf den Rücken und schlug die Decke zur Seite. Jean war schon aufgestanden. Gut so. Er wollte im Moment keine Gesellschaft. Und schon gar nicht Jeans. Sie könnte spüren, dass er durcheinander war, und anfangen, ihm Fragen zu stellen.
    Ach, alles in Ordnung. Ich habe bloß eine Leiche in der Garage versteckt, und du hast doch dieses Buch aus der Bücherei gesehen? Also, da waren diese fantastischen Fotos von dem toten Mädchen …
    Ich musste diese Bilder einfach haben, sagte er sich. Das Buch hätte ich auf keinen Fall behalten können. Fotokopien hätten mir auch nichts gebracht: Für Texte ist das eine gute Sache, aber Bilder sehen furchtbar aus.
    Ich könnte wetten, dass in den letzten zwanzig Jahren niemand mehr das Buch aufgeschlagen hat.
    Niemand wird die fehlenden Seiten bemerken.
    Hoffe ich zumindest.
    Wenn Lane Ärger kriegt, bezahle ich das Buch eben.
    Als ob das was nützen würde. Sie hat noch nie in solchen Schwierigkeiten gesteckt. Es würde sie fertigmachen.
    Niemand wird irgendwas bemerken. Sie wird das Buch zurückgeben und fertig.
    Es hat sowieso keinen Sinn, sich Sorgen zu machen. Es ist zu spät. Du kannst den Schaden nicht wieder rückgängig machen, selbst wenn du wolltest.
    Jetzt gehören die Bilder mir.
    Er schloss die Augen und kehrte in Gedanken zu den Fotos zurück. Die Erinnerung daran beruhigte ihn. Er atmete tief die milde Morgenluft ein. Dann streckte er sich, genoss es, die Kraft in seinen gedehnten Muskeln und das weiche Laken auf seiner Haut zu spüren, kostete die Gedanken an Bonnie aus.
    Er blieb im Bett, bis er den Motor des Mustangs leise brummen hörte.
     
    Er verbrachte den Tag damit, an Fremder in der Nacht zu arbeiten, und näherte sich langsam dem Ende. Das Schreiben fiel ihm schwer. Seine Gedanken schweiften ständig von der Geschichte ab. Er quälte sich damit, sich vorzustellen, wie Lane der wütenden Bibliothekarin gegenüberstand. Und ständig musste er an Bonnie denken.
    Oft wandte er den Blick vom Bildschirm und starrte auf den Aktenschrank. Der Ordner, in dem er die Seiten aus dem Jahrbuch versteckt hatte, war in Griffweite. Zu gern hätte er die Bilder noch einmal genau studiert. Aber Jean war zu Hause. Was, wenn sie ins Büro kam, während er die Fotos ansah?
    Kurz nach zwei Uhr klopfte Jean und streckte den Kopf herein. »Ich dachte, ich fahr mal eben zum Supermarkt. Soll ich dir irgendwas mitbringen?«
    »Nein, glaube nicht«, sagte er. »Viel Spaß.«
    »Bis später.«
    Sie schloss die Tür.
    Lary blickte auf den Monitor. Er hörte den leisen Schlag, als die Haustür ins Schloss fiel. Seine Hände schwitzten, und er wischte sie an seiner Shorts ab.
    Er wartete noch eine Weile, ehe er mit seinem Stuhl zurückrollte, das Büro verließ und ins Wohnzimmer ging, gerade noch rechtzeitig, um Jeans Auto hinter dem Fenster vorbeifahren zu sehen.
    Weg. Sie ist weg!
    Er sah auf seine Armbanduhr. Viertel nach zwei. Jean würde zehn Minuten für die Hinfahrt brauchen, wenigstens zehn im Geschäft und noch einmal zehn für die Rückfahrt.
    Er hatte mindestens eine halbe Stunde Zeit.
    Mit einem nervösen Gefühl im Magen eilte er ins Büro, schloss die Tür und zog die stählerne Schublade des Aktenschranks auf. Er hatte die Seiten in den Ordner mit der Kurzgeschichte Die Entführung

Weitere Kostenlose Bücher