Der Pfeil der Rache
künftig ein übler Geruch an.« Er wandte sich wieder Mylling zu. »Setzt die Anweisung auf.«
Der Beamte nickte, nahm einen leeren Bogen Papier zur Hand und tat wie geheißen. Er hatte keinen von uns auch nur eines Blickes gewürdigt. Ich fragte mich, ob er Dyrick eventuell über mein Anliegen informiert hatte, ob Dyrick es gewesen war, der die Wegelagerer auf mich angesetzt hatte. Mein Gegner ordnete mit schnellen, zornigen Handgriffen seine Papiere. Paulet sagte: »Master Dyrick, auf ein Wort.« Er erhob sich, und alle Anwesenden beeilten sich, es ihm gleichzutun. Paulet verneigte sich und entließ uns. Dyrick warf mir einen bösen Blick zu und folgte dem Richter alsdann aus dem Saal.
* * *
Wir kehrten in die Vorhalle zurück. Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, als Broughton meine Hand ergriff. »Das Licht der Gnade Gottes erstrahlte in diesem Gerichtssaal«, sagte er. »Mit diesem unerbittlichen Richter wähnte ich uns verloren, aber wir haben gesiegt.«
»Wir haben lediglich das Recht erstritten, Nachforschungen anstellen zu dürfen«, meinte ich beschwichtigend.
»Aber Ihr findet die Wahrheit heraus, das weiß ich. Diese Leute, die Vormundschaften sammeln. Gewissenlose Männer, die ihrer Eitelkeit frönen, indem sie Reichtümer und Ehrentitel anhäufen, und dabei Gott vergessen –«
»So ist es.« Ich blickte auf die Pforte zum Gerichtssaal und fragte mich, warum Paulet Dyrick zurückgerufen hatte. Bess kam auf mich zu. Sie war bleich. »Darf ich mich niedersetzen?«, fragte sie. »Gewiss. Kommt.«
Ich wies ihr einen Platz auf der Bank. »Jetzt hat Michael erreicht, was er wollte«, sagte sie ruhig. »Eine Nachforschung.«
»Seid gewiss, dass ich jedem der Beteiligten in Hampshire sehr genau auf den Zahn fühlen werde.« Ich blickte zu Barak hinüber, der mit nachdenklicher Miene an der Wand lehnte. Feaveryear neben ihm strich sich eine lose Strähne aus der Stirn. Die Aussicht auf die Reise schien ihn nach wie vor zu freuen.
Bess seufzte schwer. »Ich danke Euch für alles, was Ihr getan habt, Sir.« Sie sah mich an. Dann fasste sie sich in den Nacken, und ich hörte ein leises Klicken. Sie hielt mir die Hand hin und zeigte mir das hübsch gearbeitete goldene Kreuzlein. Sie legte es auf die Bank zwischen uns. Ich besah mir den zierlichen Christus daran. Sogar eine winzige Dornenkrone machte ich aus.
Bess sprach ruhig: »Es wurde bei Michael gefunden, nachdem er gestorben war. Es gehörte Emma; sie hatte es von ihrer Großmutter geerbt. Das Kind pflegte es zum Andenken an die alte Dame um den Hals zu tragen. Als Emma gestorben war und man Michael entließ, bat er Mistress Hobbey um ein Andenken an Emma. Mit unwirscher Geste, erzählte Michael, habe sie ihm daraufhin dieses Kreuz in die Hand gedrückt. Fortan trug er es stets bei sich. Würdet Ihr es an Euch nehmen und dem jungen Hugh geben? Es wäre gewiss in Michaels Sinn.«
»Natürlich«, sagte ich und steckte es ein.
»Ich bete zu Gott, dass Ihr den armen Jungen aus den Händen dieser bösen Menschen befreit.« Bess seufzte. »In den Wochen vor seinem Tod hatte mein Sohn sich wieder im Bogenschießen geübt, wisst Ihr. Wenn er noch lebte, wäre er sicher zu den Soldaten gegangen.«
»Hatte er Angst, rekrutiert zu werden?«
Sie runzelte die Stirn. »Aber nein, Sir, er wollte helfen, wollte die Franzosen in die Flucht schlagen. Er war ein guter, rechtschaffener Junge.«
Pfarrer Broughton berührte ihren Arm. »Kommt, gute Frau, verlassen wir diesen Ort. Darf ich Euch heimgeleiten?« Bess ließ sich von Broughton hinausführen. In der Tür wandte sie sich noch einmal um, lächelte uns zu und ging davon.
* * *
Die Tür zum Gerichtssaal flog auf, und Dyrick schritt auf mich zu. Er schäumte vor Zorn.
»Tja, Master Shardlake, wie es aussieht, müssen wir nach Hampshire reiten.«
»So ist es.«
»Seid Ihr einem solchen Unterfangen überhaupt gewachsen?«, fragte er mit höhnischem Unterton.
»Ich war eines Falles wegen auch schon in York.«
»Ich hatte gehofft, die nächsten Wochen bei meiner Frau und den Kindern zu verbringen. Ich habe zwei Töchter und einen Sohn, und während der Sitzungsperiode sehe ich sie kaum. Jetzt muss ich ihnen beibringen, dass ich nach Hampshire reiten soll.«
»Wir werden nicht lange fort sein. Drei oder vier Tage hin und drei oder vier zurück, wenn wir uns sputen, und einige Tage dazwischen.«
»Ihr habt keine Familie, nicht wahr, Sir? Das macht es einfacher für Euch.« Dyrick beugte sich zu mir und
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