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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und vermehrt so, natürlich ohne es zu wollen, die Schwierigkeit seiner Rettung. Bewußtlos ist er nur eine träge Masse, deren Heil von der Geschicklichkeit des Retters abhängt.
    Ilia Brusch gelang es nun bald, den Kopf Jägers über das Wasser zu heben, und mit kräftigem Arm schwamm er sofort auf die Jolle zu, die inzwischen gegen dreißig Meter hinabgetrieben war. Er erreichte sie auch mit wenigen Stößen, die für den muskulösen Schwimmer nur ein Spiel zu sein schienen, und ergriff ihren Rand, während die andre Hand den noch immer leblosen Passagier festhielt.
    Jetzt galt es, Jäger in das Boot zu ziehen, und das war wirklich keine leichte Aufgabe, die aber Ilia Brusch unter größter Anstrengung schließlich gelang.
    Sobald er den Halbtoten auf eine der Lagerstätten in der Koje gebracht hatte, entledigte er ihn der Kleidung, und nachdem er einer der Kisten einige Stücke Wollenstoffe entnommen hatte, begann er ihn tüchtig zu frottieren.
    Jäger schlug dabei bald die Augen auf und erinnerte sich einigermaßen des gefährlichen Vorfalls. Lange war er ja nicht unter Wasser gewesen, und so war zu hoffen, daß er davon keinen ernsten Nachteil haben würde.
    »He, he, Herr Jäger! rief Ilia Brusch, als er bemerkte, daß sein Kranker wieder etwas zum Bewußtsein kam, Sie verstehen sich ja, wie es scheint, aufs Tauchen!«
    Jäger lächelte schwach, ohne zu antworten.
    »Die Geschichte wird vorübergehen, fuhr Ilia Brusch fort, während er seine energischen Abreibungen nicht unterbrach. Es gibt gar nichts gesünderes, als so ein Bad im August.
    – Ich danke schön dafür, Herr Brusch, stammelte Jäger.
    – Es ist wirklich nicht der Rede wert, erwiderte der Fischer lustig. Ich habe im Gegenteil Ihnen zu danken, Herr Jäger, daß Sie mir Gelegenheit zu einem so vortrefflichen Bade gegeben haben.«
    Karl Dragoch kam sichtlich bald wieder mehr zu Kräften Ein Schluck Branntwein, und er wäre völlig wiederhergestellt gewesen. Vergeblich durchwühlte Ilia Brusch aber, mehr erregt, als er sich den Anschein gab, alle Kisten und Kasten. Sein Vorrat an Alkohol war erschöpft, in der Jolle fand sich davon kein Tropfen mehr.
    »Das ist ja ärgerlich! rief Ilia Brusch. Kein Tröpfchen Schnaps in unsrer Kambüse!
    – Das ist nicht so schlimm, Herr Brusch, sagte Karl Dragoch mit schwacher Stimme. Ich versichere Ihnen, ich werde mich auch allein erholen.«
    Karl Dragoch zitterte jedoch vor Kälte trotz seiner Versicherung, und eine kleine Herzstärkung hätte ihm gewiß recht wohl getan.
    »Da irren Sie sich doch, antwortete Ilia Brusch, der sich über den Zustand seines Passagiers keiner Täuschung hingab, so schnell geht das nicht. Lassen Sie mich nur machen; es soll nicht lange dauern.«
    Im Handumdrehen hatte Ilia Brusch seine durchnäßte Kleidung gegen trockne vertauscht. Dann trieben einige Ruderschläge die Jolle an das linke Ufer, wo sie sorgfältig festgelegt wurde.
    »Ein wenig Geduld, Herr Jäger, sagte Ilia Brusch schon ans Land springend. Hier nahe der Einmündung der Ipoly bin ich gut bekannt. Kaum fünfzehnhundert Schritte von hier liegt ein Dorf, wo ich alles nötige bekommen werde. In einer halben Stunde bin ich wieder da.«
    Hiermit entfernte sich Ilia Brusch, ohne eine Antwort abzuwarten.
    Allein zurückgeblieben, ließ sich Karl Dragoch auf sein Lager zurücksinken. Er war kraftloser, als ers gestehen wollte, und einen Moment schloß er vor Erschöpfung die Augen.
    Das Leben erwachte jedoch schnell in ihm aufs neue; das Blut rollte kräftiger durch seine Adern. Bald öffnete er wieder die Augen und ließ seine von Minute zu Minute klareren Blicke umherschweifen.
    Das erste, was er, zunächst ungenau, sah, war einer der Kasten, den Ilia Brusch in der Eile seines Weggangs wieder zu schließen vergessen hatte. Durch das vergebliche Nachsuchen des Fischers durcheinander geworfen, erschien der Inhalt nur wie ein Hause der verschiedensten Gegenstände. Grabe Wäschestücke, dicke Kleider und starke Stiefel lagen hier in größter Unordnung durcheinander.
    Warum leuchteten da die Augen Karl Dragochs plötzlich heller auf? Interessierte ihn das doch so wenig anziehende Bild in so hohem Grade, daß er sich nach wenigen Augenblicken des Nachdenkens auf die Ellbogen stützte, um besser in den offenstehenden Kasten hineinsehen zu können?
    Sicherlich waren es nicht die Kleidungsstücke und die Leibwäsche, die die Neugier des indiskreten Passagiers so stark erregten, sein Auge hatte dagegen einen Gegenstand entdeckt,

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