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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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beobachten, was nun folgen würde, sowie – wenn es solche gab – die Mittel zu suchen, seine Freiheit wieder zu erlangen.
    In der jetzigen Lage konnte er freilich nicht viele Beobachtungen anstellen. Starr und steif durch den Druck des seinen Körper in vielen Spiralen umgebenden Strickes, war ihm selbst die geringste Bewegung unmöglich, und die Binde saß so fest über seinen Augen, daß er nicht hätte sagen können, ob es Tag oder Nacht wäre. Das erste, dessen er sich bewußt wurde, als er seine ganze Aufmerksamkeit im Gehörsinn konzentrierte, war, daß er in einem Boote lag, wahrscheinlich in seinem eignen, und daß dieses unter dem Antrieb kräftiger Arme schnell dahinglitt. Er hörte nämlich deutlich das Knarren der Riemen an den Bordwandpflöcken und das Rauschen des an den Seiten des Fahrzeugs dahinfließenden Wassers.
    In welcher Richtung sich das Boot bewegte, war eine zweite Frage, deren Lösung ihm ziemlich leicht gelang. Er fühlte nämlich deutlich einen Temperaturunterschied zwischen der linken und rechten Seite seines Körpers. Die leichte Erschütterung des Fahrzeugs bei jedem Ruderschlage verriet ihm, daß er in der Richtung von dessen Bewegung lag, und da die Sonne, als er überfallen wurde, kaum über den Meridian hinaus war, schloß er daraus leicht, daß die eine Seite seines Körpers im Schatten der Wand des Fahrzeugs lag, und daß dieses sich von Westen nach Osten und mit der Strömung in derselben Richtung wie früher bewegte, als es noch seinem rechtmäßigen Eigentümer gehorchte.
    Zwischen denen, die ihn jetzt in ihrer Macht hatten, wurde kein einziges Wort gewechselt. Kein menschlicher Laut schlug an sein Ohr, außer dem »He!« der Schiffer, wenn die sich in die Riemen legten. Die schweigsame Fahrt hatte etwa anderthalb Stunden gedauert, als die Sonnenwärme sein Gesicht traf und ihn erkennen ließ, daß man nun nach dem Süden steuerte. Den Lotsen verwunderte das nicht. Seine gründliche Kenntnis des Verlaufs des Flußbettes sagte ihm, daß man nach dem Bogen kam, den dieses gegenüber dem Pilisberge beschreibt. Darauf mußte bald eine Wendung nach Osten und dann nach Norden bis zu dem äußersten Punkte folgen, von wo aus die Donau sich fast durchgängig der Balkanhalbinsel zuwendet.
    Seine Annahme bestätigte sich nur teilweise. Gerade, als man nach Serge Ladkos Berechnung in der Mitte der Bucht am Pilis war, hörte das Geräusch von den Riemen plötzlich auf, und während die Jolle noch weiter glitt, wurde eine rauhe Stimme hörbar.
    »Den Bootshaken her«, befahl einer der unsichtbaren Angreifer.
    Fast gleichzeitig erfolgte ein Stoß, dem ein Scharren folgte, als ob die Bordwand einen harten Körper streifte, und dann fühlte sich Serge Ladko emporgehoben und wie von Hand zu Hand weitergegeben.
    Offenbar hatte die Jolle an einem größern Fahrzeug angelegt, auf dem der Gefangene ganz wie ein Frachtstück untergebracht wurde. Dieser spitzte vergeblich das Ohr, um dabei einige Worte aufzuhaschen; es wurde aber keine Silbe gesprochen. Die Kerkermeister verrieten sich nur durch die Berührung mit ihren groben Händen und durch den keuchenden Atem ihrer Lungen.
    Hin-und hergeworfen und nach allen Richtungen gezerrt, kam Serge Ladko gar nicht dazu, einen Gedanken zu fassen. Erst emporgehißt, ließ man ihn dann an einer Art langen Leiter hinuntergleiten, die ihm am Rücken arge Schmerzen verursachte. Aus den Stößen, die er dabei empfand, entnahm er, daß er durch eine enge Öffnung hinuntergelassen wurde, und nach roher Beseitigung einiger seiner Fesseln und der Augenbinde warf man ihn endlich wie ein Paket noch ein Stück hinunter, während gleich das dumpfe Geräusch einer sich schließenden Klappe über ihm hörbar wurde.
    Es dauerte lange, ehe der von der Erschütterung halbbetäubte Serge Ladko wieder zum Bewußtsein seiner selbst kam. Danach aber erschien ihm seine Lage gebessert: er konnte ja wieder sprechen und die Augen gebrauchen. Wenn seine Feinde einen Knebel des Mundes jetzt für unnötig hielten, lag das daran, daß doch niemand einen Schrei von ihm hören könnte, und die Entfernung der Binde war ihm so auch nicht von besonderm Nutzen. Vergebens öffnete er die Augen; rings um ihn war es dunkel, und wie dunkel! Nach dieser Wahrnehmung sagte sich der Gefangene, daß er in den Frachtraum eines Schiffes geschafft worden sei, und erschöpfte sich mit nutzlosen Bemühungen, einen schwachen Lichtstrahl an der Luke durchschimmern zu sehen. Doch nichts… nichts. Hier

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