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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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herrschte nicht die Dunkelheit eines Kellers, worin es dem Auge noch möglich ist, einen schwachen Lichtschein zu unterscheiden, hier herrschte eine völlige Finsternis, die nur mit der des Grabes zu vergleichen war.
    Wie viele Stunden verflossen nun so? Serge Ladkos Schätzung nach mußte es Mitternacht sein, als ein durch die Entfernung gedämpfter Lärm sich erhob, der bis zu ihm herunterdrang. Da gingen und liefen Leute hin und her. Dann kam das Geräusch näher. Schwere Kolli wurden über ihm hingeschleppt, und er hätte darauf schwören mögen, daß ihn nur eine Bretterwand von den unbekannten Arbeitern trennte.
    Das Geräusch näherte sich immer mehr. Neben ihm wurden, ohne Zweifel hinter einer der Scheidewände, die sein Gefängnis begrenzten, mehrere Stimmen laut, ohne daß er jedoch ein Wort verstehen konnte.
    Bald wurde es wieder ruhiger, und von neuem herrschte Stillschweigen um den unglücklichen Lotsen, den das undurchdringliche Dunkel umgab.
    Serge Ladko schlief endlich ein.
Elftes Kapitel.
In der Gewalt eines Feindes.
    Nachdem Karl Dragoch und seine Leute sich zurückgezogen hatten, waren die Sieger zuerst auf dem Kampfplatze geblieben, um einem etwa wiederholten Angriffe zu begegnen, während der Wagen schon nach der Donau zu hinrollte. Erst als so lange Zeit verstrichen war, daß die Polizeitruppe endgültig abgezogen sein mußte, machte sich die Bande auf den Befehl ihres Anführers selbst auf den Weg.
    Bald hatte sie den von hier nur fünfhundert Meter entfernten Strom erreicht. An diesem wartete der Wagen vor einer Schute, deren dunkle Masse man wenige Meter vom Ufer erkannte.
    Die Strecke war gering und die Arbeiterschar zahlreich. In kurzer Zeit war die Ladung des Wagens mittels zweier hin-und hergezogener Fähren an Bord der Schute befördert. Dann fuhr diese ab und verschwand in der Nacht, während die meisten von den Mitkämpfern auf der Waldblöße sich nach Empfangnahme eines Beuteanteils nach allen Richtungen hin zerstreuten. Von dem kurz vorher verübten Verbrechen war keine weitere Spur übrig, als ein Hause Pakete, der auf dem Deck des Fahrzeugs umherlag, worauf sich nur acht Mann eingeschifft hatten.
    Tatsächlich bestand die berüchtigte Bande der Donau nur aus diesen acht Männern. Die übrigen bildeten bloß einen geringen Teil gelegentlicher Helfershelfer, die je nach Bedarf in der gerade heimgesuchten Gegend herangezogen wurden. Sie blieben aber der eigentlichen Ausführung der frechen Handstreiche fremd und dienten nur als Träger oder Wachposten, bis es sich darum handelte, die erraffte Beute nach dem Strom zu befördern.
    Diese Organisation war offenbar recht geschickt. Die Bande verfügte damit längs des ganzen Laufs der Donau über sehr zahlreiche Hilfskräfte, von denen nur wenige wußten, zur Unterstützung welcher Schandtaten sie sich hergaben. Aus der ungebildetsten Menge ausgesucht, im allgemeinen verrohte Geschöpfe, glaubten sie, nur an gewöhnlichen Schmugglergeschäften teilzunehmen und verlangten auch gar nicht mehr zu wissen. Nie war ihnen eingefallen, sich eine Beziehung zwischen dem, der die Expeditionen, woran sie teilnahmen, leitete und dem berüchtigten Ladko vorzustellen, der ihnen seinen Namen verheimlichte, aber ein fremdartiges Vergnügen daran fand, auf jedem Schauplatz seiner Schandtaten irgendeine Spur von sich zu hinterlassen.
    Ihre Gleichgültigkeit wird weniger überraschend erscheinen, wenn man bedenkt, daß diese längs der ganzen Donau begangenen Verbrechen stets örtlich sehr weit voneinander entfernt vorkamen. Die öffentliche Aufregung hatte also zwischen jedem solchen Zeit genug, sich zu legen.
     

    Die Ladung wurde mittels zweier Fähren an Bord befördert (S. 144.)
     
    Nur auf den Polizeiämtern, wo alle Klagen der Uferbevölkerung einliefen, hatte der Name Serge Ladkos eine so traurige Berühmtheit erlangt. In den Städten widmete ihm die bürgerliche Gesellschaft infolge der oft hochtrabenden Berichte der Zeitungen sogar ein gewisses Interesse, für die Bauern war er jedoch nur ein Übeltäter wie jeder andre, von dem man einmal zu leiden gehabt hat und den man später nicht wiedersieht.
    Die acht an Bord der Schute verbliebenen Männer kannten dagegen untereinander alles und bildeten eine wirkliche Räuberbande. Auf ihrem Schiffe fuhren sie ununterbrochen die Donau hinauf oder hinunter. Wo sich dann Gelegenheit zu einem Nutzen versprechenden Handstreiche zeigte, hielten sie an, zogen aus der Umgegend das nötige Personal zusammen, und

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