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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Zimmers stehend, wartete Serge Ladko, bis es diesem belieben würde, ihn zu fragen. In einer Ecke saß ein niedrer Beamter bereit, ein Protokoll aufzunehmen.
    »Niedersetzen!« rief Rona mit barschem Tone.
    Ladko gehorchte. Dann fuhr der Beamte fort:
    »Euer Name?
    – Ilia Brusch.
    – Wohnort?
    – Szalka.
    – Euer Beruf?
    – Fischer.
    – Ihr lügt!« brauste der Richter auf, der ihm einen forschenden Blick zusandte.
    Ein leichtes Rot flog über Serge Ladkos Gesicht und in seinen Augen leuchtete ein Blitz auf. Trotzdem zwang er sich zur Ruhe und schwieg still.
    »Ihr lügt, wiederholte Rona. Ihr heißt Ladko und Euer Wohnsitz ist Rustschuk.«
    Der Pilot zitterte ein wenig. Also war sein richtiger Name hier bekannt. Doch wie hatte es dazu kommen können? Der Richter, dem das leichte Erzittern des Inkulpaten nicht entgangen war, fuhr mit schneidender Stimme fort:
    »Die Anklage gegen euch lautet auf drei einfache Diebstähle, neunzehn Diebstähle unter erschwerenden Umständen durch Einsteigen und Einbruch, ferner auf drei Morde und sechs Mordversuche, alle Vergehen und Verbrechen mit Vorbedacht in den letzten drei Jahren ausgeführt. Was habt ihr zu antworten?«
    Der Pilot hatte ganz verblüfft dieser unglaublichen Vorlesung zugehört. Da war also die Konfusion, die er befürchtet hatte, als er aus dem Munde Jägers von der Existenz seines unheimlichen Namensvetters erfuhr. Diese Verwirrung war tatsächlich eingetreten. Was hätte es jetzt genützt einzugestehen, daß er wirklich Serge Ladko hieß? Anfänglich hatte er den Gedanken, es zu tun und den Richter nur um strenge Verschwiegenheit zu bitten. Er sah aber bald ein, daß ein solches Geständnis jetzt eher schädlich als nützlich wirken würde. Er, Serge Ladko aus Rustschuk, war es ja, un nicht ein andrer, der jener Reihe abscheulicher Verbrechen angeklagt war. Gelang ihm erst der glaubhafte Ausweis seiner Person, so mußte ja seine Unschuld zutage treten. Das konnte freilich recht lange Zeit erfordern. Nein, da erschien es besser, die Rolle des Fischers Ilia Brusch weiter zu spielen, weil Ilia Brusch ja ein Unschuldiger war.
    »Ich kann darauf nur antworten, erwiderte er mit sichrer Stimme, daß Sie sich täuschen. Ich heiße Ilia Brusch und wohne in Szalka, wovon Sie sich übrigens leicht überzeugen könnten.
    – Das wird versucht werden, sagte dazu der Richter, der ein Notizblatt ergriff. Inzwischen muß ich euch einige der Anklagen vorlesen, die euch belasten.«
    Serge Ladko wurde aufmerksamer; jetzt kam der interessantere Teil.
    »Zunächst, begann der Richter, lassen wir eine große Zahl der euch zugeschriebenen Untaten außer acht und beschränken uns allein auf die neuesten, auf die, die während der Fahrt begangen worden sind, auf der ihr hier angehalten worden seid.«
    Rona schöpfte Atem und sprach weiter.
    »Von Ulm aus ist zuerst über euer Vorkommen berichtet. Wir nehmen also als Anfangspunkt eurer Reise die Stadt Ulm an.
    – Verzeihung, Herr Richter, unterbrach ihn Serge Ladko lebhaft. Meine Reise hat bereits vor Ulm angefangen, da ich zwei Preise beim Wettangeln von Sigmaringen davongetragen habe und den Strom bis Donaueschingen hinausgefahren bin.
    – Es ist ja richtig, gab Rona zu, daß bei dem vom Donaubunde in Sigmaringen veranstalteten Angelwettbewerbe ein gewisser Ilia Brusch als Preisträger ausgerufen und daß dieser Ilia Brusch in Donaueschingen gesehen worden ist. Doch ob ihr euch nun schon in Sigmaringen für einen andern ausgegeben habt, oder als Ilia Brusch, während der nach Donaueschingen ging, das ist eine erst noch aufzuklärende Frage. Übrigens könnt ihr darum ruhig sein, die wird schon noch beantwortet werden.«
    Mit vor Verwunderung weit aufgerissenen Augen vernahm Ilia Brusch nun wie im Traume die phantastischen Anklagen. Viel fehlte da nicht, daß der imaginäre Ilia Brusch selbst zu seinen Opfern gehört hätte! Ohne sich die Mühe zu nehmen, darauf zu antworten, zuckte er nur verächtlich mit den Schultern, als der Richter, ihn scharf fixierend, plötzlich einen brennenden Punkt berührte.
    »Was hattet ihr am sechsundzwanzigsten August in Wien bei dem Juden Simon Klein zu schaffen?«
    Wider Willen erzitterte Serge Ladko zum zweiten Male. Sein Besuch bei dem Trödler war also letzt bekannt. Gewiß lag darin nichts Tadelnswertes, das aber zu gestehen, hieß gleichzeitig seine Identität zu offenbaren, und da er diese nun einmal zu verleugnen beschlossen hatte, mußte er wohl oder übel dabei bleiben.
    »Simon

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