Der Pilot
über die Frage nach; schließlich erwiderte sie: »Weil ich mich dem Einen sehr nah fühle, wenn wir die Erhöhung erfahren. Das ist ein mystischer Moment, in dem ich mich eins fühle mit dem Ganzen. Ich bin überzeugt, daß die Priester die göttliche Gabe besitzen, die es ihnen ermöglicht, die Pilger an der Erhöhung teilhaben zu lassen.«
»Hmmm«, machte Han. »Hört sich an, als sollte ich das vielleicht auch mal ausprobieren.« Nur über meine Leiche, dachte er bei sich, doch er achtete darauf, seine wahren Gefühle zu verbergen.
»Vielleicht solltest du das wirklich«, meinte sie. »Es ist jetzt Zeit, zum Altar der Hoffnungen aufzubrechen. Vielleicht wirst du ja auch gesegnet, wenn du die Erhöhung erfährst.«
»Man kann nie wissen«, sagte Han. »Darf ich dich begleiten?«
Sie lächelte kaum sichtbar und mit niedergeschlagenen Augen. »Na gut.«
Von Pilgern umgeben, gingen sie nebeneinander über den Urwaldpfad, während Muuurgh ihnen folgte. Han versuchte die Unterhaltung fortzusetzen, doch 921 gab sich schweigsam und zugeknöpft. Als sie den Altar erreichten, hielt Han sich diesmal nicht im Hintergrund, sondern blieb an der Seite von 921 mitten zwischen den Gläubigen stehen.
»Du solltest nicht hier sein«, flüsterte sie. »Es ist nicht zu übersehen, daß du kein Pilger bist.«
»Wenn sich jemand beschwert, sag einfach, ich wäre ein angehender Pilger«, versuchte Han sie freundlich zu necken, aber 921 ging nicht darauf ein. Sie machte ein finsteres Gesicht, wandte sich von ihm ab und konzentrierte sich ganz auf die Zeremonie.
Teroenza und die übrigen Priester riefen die Gläubigen zu einer Andacht, die sich in nichts von jener unterschied, die Han bereits besucht hatte. Doch diesmal fiel es ihm nicht schwer, sich der Wirkung der Erhöhung zu widersetzen – er behielt die ganze Zeit über einen klaren Kopf. Statt dessen beobachtete er 921, ihr angespanntes Gesicht, und schüttelte innerlich den Kopf. Wie kann sie nur auf diesen lächerlichen Unsinn hereinfallen? fragte er sich. Sie ist doch ganz offensichtlich intelligent. Wieso erkennt sie nicht, daß das, was die Priester hier tun, nur irgendein Trick sein kann – und keine göttliche Gabe?
Han sah gequält zu, wie 921 zu Boden sank, um die Erhöhung entgegenzunehmen, und als sie sich wie in Krämpfen wand, ging er neben ihr in die Hocke. Es ist ein Wunder, daß ihre Herzen nicht einfach stehenbleiben, dachte er. Später, als der Moment der Erhöhung vorüber war und die Priester gegangen waren, half er ihr, sich aufzusetzen. Sie lächelte, allerdings sehr schwach.
»Bist du in Ordnung?« fragte er besorgt. Welche anderen körperlichen und emotionalen Folgen die Erhöhung darüber hinaus auch zeitigen mochte – sie schien die Pilger vollkommen auszulaugen. »Du siehst nicht sonderlich gut aus.«
»Mir geht’s gut«, antwortete sie, noch immer zitternd, und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Han fing sie schnell auf und reichte ihr eine stützende Hand.
»Danke«, hauchte sie unter noch immer unsteten Atemzügen. »Mir geht es gleich wieder gut.«
»Ich bringe dich zurück zu deinem Quartier«, sagte er. »Nur für alle Fälle. Du siehst ziemlich wackelig aus.«
Sie widersprach nicht, als er ihren Arm nahm. Gemeinsam machten sie sich auf den Heimweg. Es wurde bereits dunkel, und Ylesia besaß keinen Mond. Han konnte kaum den Pfad vor Augen erkennen, doch 921 zog plötzlich das Infrarotsichtgerät aus den Falten ihrer Kutte und setzte es auf. Sie übernahm die Führung, obwohl Han weiter ihren Arm festhielt, um ihr Halt zu geben.
»Vermißt du Corellia manchmal?« wollte er wissen.
»Nein«, erwiderte sie, doch er sah, daß sie log. »Und du?«
»Die Bewohner vermisse ich nicht, nur den Planeten«, erklärte Han aufrichtig. »Corellia ist ein schöner Ort. Ich wollte immer mal ans Meer, doch ich hatte nie Gelegenheit dazu. Warst du schon mal am Meer?«
»Ja.« antwortete sie zögerlich, als würde die Frage an Erinnerungen rühren, an die sie lieber nicht denken wollte. »Lebt deine Familie auf Corellia?«
»Ja.« sie hielt kurz inne, dann fügte sie hinzu: »Zumindest glaube ich das. Ich habe seit über einem Jahr nicht mit ihnen gesprochen.«
»Bist du so lange schon hier?« erkundigte sich Han. »Ja.«
Sie bahnten sich schweigend ihren Weg durch die schwüle, feuchte Finsternis. Han war sich ihres Arms unter dem weiten Ärmel der Kutte sehr bewußt. Die Knochen lagen zu dicht unter der Haut, aber dennoch fühlte er
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