Der Planet des Todes
heranzuziehen. Auf dem Radarschirm sah ich, daß dies unmöglich war; denn dicht unter der Wasseroberfläche lag ein Riff. Allein hätten sie mühelos den anderthalb Meter großen Abstand überspringen können, aber der dritte … Schon wollte ich zum Fallreep laufen, da gab der eine, der an dem Seil gezogen hatte, die weiteren Versuche auf, wandte sich seinem Gefährten zu und machte ihm ein Zeichen. Beide hoben den reglosen Körper auf und gingen, ihn hoch über ihren Köpfen tragend, in das kochendheiße Wasser. Bis zu den Hüften wateten sie hindurch und waren für einige Augenblicke von Dampfschwaden verhüllt. Dann warfen sie den Gefährten in das Boot und kletterten selbst hinein. Wieder verstrichen endlose Sekunden; endlich quirlte das Wasser auf, und das Boot setzte sich in Bewegung.
„Warum schreien Sie denn? Na, so hören Sie doch! Warum schreien Sie denn so …?“ sagte Arsenjew nach einer Weile zu mir. Hinter ihm standen – in Skaphandern – Tarland und Chandrasekar. Ich merkte gar nicht, daß ich lachte und vor Freude schrie, brüllte … Und da legte das Motorboot am Fallreep an, und wir liefen alle drei hinunter.
„Mich nicht – ich kann allein …“, ächzte Soltyk, als ich ihm von der letzten Sprosse aus die Hand entgegenstreckte, um ihm zu helfen.
„Ich kann allein … schnell den Professor Lao … sein Skaphander ist zerrissen …“
Professor Lao Tsu
Wir trugen den Professor und Oswatitsch in die Schleusenkammer. Nach dem ich das Motorboot an Bord gehievt hatte, stieg ich in den Korridor hinunter. Dort betteten Rainer und Tarland gerade die beiden hilflosen Körper in den Skaphandern, so wie wir sie aus dem Boot gehoben hatten, auf Tragbahren. Nur die Helme hatte man ihnen abgenommen. Ihr Gesicht war schweißüberströmt und bleich wie Wachs. Ich wollte helfen; doch Arsenjew befahl mir, in die Zentrale zu gehen. Er ordnete den sofortigen Start an.
In der Erregung der letzten Minuten hatte ich überhaupt nicht mehr daran gedacht, was sich draußen über dem See abspielte. In den Fernsehschirmen wirbelten gelbliche Knäuel, wie der Rauch von brennendem Schwefel. Die Rakete hob und senkte sich auf den Wellen. Die ganze Gegend war zu einem finsteren Hexenkessel geworden, in dem es grollte, brummte, sauste, zischte und pfiff.
Als ich in die Zentrale trat, krachte der erste Donner in den Wolken.
Ich schaltete die Atomsäule ein, und ohne zu warten, bis sie ihre volle Antriebskraft erreichte, stellte ich die Hebel des Prädiktors auf Start mit Hilfstreibstoff. Feurige Gase wirbelten den See auf. Dumpf gluckste und blubberte das kochende Wasser. Der „Kosmokrator“ erzitterte, und gleich darauf schoß er, leicht zur Seite geneigt, über die Oberfläche hin, schob einen riesigen Wasserberg vor sich her; rasend schlugen die Wellen nach ihm, aber er glitt immer rascher über sie hinweg. Und dann stieg er in das Reich des tosenden Sturmes empor. Auf den Schirmen bogen und verzerrten sich die Uferfelsen wie in Krämpfen. Nur nicht mit ihnen Zusammenstoßen, dachte ich und erhöhte die Verbrennung in den Reaktionsturbinen. Erst als die Atommotoren ihr mächtiges Lied anstimmten, atmete ich erleichtert auf. Ihr Brausen übertönte das Donnern der Wogen und das Heulen des Sturmes. Über die Schirme jagten weißblaue Dunststreifen. Einmal stieß die Rakete in eine so dichte Wolke, daß es dunkel wie im tiefsten Waldesdickicht wurde.
Ich war aufgeregt und unruhig; denn zum erstenmal in dem schwierigen Augenblick des Starts stand ich allein, ganz auf mich selbst angewiesen, am Prädiktor. Es ging aber alles gut. Der Fahrtwind pfiff in den Steuerflächen; doch die Motoren arbeiteten gleichmäßig, störungsfrei, die Geschwindigkeit wuchs. Jeden Augenblick sprangen violette Feuerströme von Wolke zu Wolke über, zersprühten unter lang anhaltenden Donnerschlägen. Soltyk trat in die Zentrale. Ohne den Blick von den Instrumenten zu wenden, überschüttete ich ihn mit Fragen. Es dauerte eine Weile, bevor er zu erzählen begann. Wie sich herausstellte, hatte er, bevor er ins Wasser stieg, die Kombination mit Luft aufgeblasen. Diese isolierende Schicht schützte ihn vor Verbrühungen. Schlimmer stand es um den Professor. Er konnte dieses Schutzmittel nicht anwenden, da sein Skaphander am Helmansatz gerissen war. Während des ganzen Weges hatte er die schadhafte Stelle mit der einen Hand zugehalten. Als sie aber Oswatitsch über das Wasser trugen, mußte er beide Hände frei haben. In dieser kurzen
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