Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
Lao Tsu geht es auch noch nicht viel besser.“
    Er schaute auf die Uhr.
    „Der Hin- und Rückweg dürfte nicht länger als drei Stunden in Anspruch nehmen, die Zeit eingerechnet, die zum Aufladen des Materials erforderlich ist.“
    „Soll ich gleich fahren?“ Soltyk ging einen Schritt auf den Wagen zu.
    „Ja.“
    Der Ingenieur stieg zuerst ein, dann folgte Rainer und schlug die Klappe hinter sich zu. Der Motor sprang an, und der Wagen setzte sich leicht schaukelnd in Bewegung. Wir blickten ihm nach, bis er hinter der Biegung verschwand. Ein paarmal hörten wir den Motor aufbrummen; wahrscheinlich fuhr der Wagen über Sanddünen oder Schutt – dann verstummte alles, nur der Wind pfiff hoch über uns.
    „Professor“, sagte ich. Er gab keine Antwort. Unablässig drang das Knistern an mein Ohr. Es war, wie wenn jemand Mohnkörner auf die Membrane schüttete.
    „Professor!“ wiederholte ich lauter. „Wo … sind sie?“
    Diesmal hatte er mich verstanden; er trat näher. Das Fenster seines Helmes lag im Schatten, und deshalb erschrak ich vor dem gewohnten Anblick des Helmes mit den abstehenden Radarantennen. Ein wahnsinniger Zweifel durchzuckte mich, ob das wirklich Arsenjew, mein Gefährte – ein Mensch sei.
    Aber dann sah ich durch das Glas des Helmes seine klaren Augen. „Sie sind tot – zugrunde gegangen“, sagte er.
    „Alle tot? Und wie kam es?“
    „Ich weiß es nicht. Fragen Sie jetzt nicht weiter. Der Induktionsapparat zeigt an, daß ganz in der Nähe unterirdische Leitungen verlaufen …“
    „Deshalb haben wir hier gehalten?“
    „Ja. Ich suche das Hauptkabel des Kraftnetzes. Es ist möglich, daß es uns gelingt, bis zu der Stelle vorzudringen, an der alles seinen Anfang nimmt …“
    Der Astronom schwieg eine Weile, dann fuhr er fort: „Wir müssen uns jetzt trennen. Jeder von uns geht vierhundert Schritte weiter, kehrt dann in einer spiralförmigen Linie zurück und sucht das akustische Echo. Wer es zuerst findet, gibt dies dem andern durch rote Raketen bekannt. Auf die Radioverbindung ist kein Verlaß. Alles klar?“
    „Ja.“
    Er drehte sich um und entfernte sich mit langen, federnden Schritten. Ich blickte auf die Scheibe des Girokompasses und marschierte nach der anderen Seite.
    Als ich die Stromzufuhr zum Radiogerät abgeschaltet hatte, dröhnten die Tritte der eisenbeschlagenen Schuhe mit doppelter Stärke auf den Steinplatten. Hin und her schwenkend, glitt mein Schatten über das Pflaster. Ich tastete mit meinem Induktionsgerät den Boden ab und zählte die Schritte. Als ich bei vierhundert angelangt war, kehrte ich in einer Spirale zurück. Vorderhand entdeckte ich nichts. Das rote Auge im Innern des Helmes glomm nur schwach; es waren also nur geringe Spuren von Radioaktivität vorhanden. Ihre Intensität nahm zu, wenn ich mich den Wänden näherte. Ich hob den Kopf – die hellen Bastionen dort oben zeichneten sich haarscharf vom pechschwarzen Himmel ab. Auf einmal hörte ich Schritte hinter mir.
    Arsenjew war in entgegengesetzter Richtung gegangen, der gleichen, in der der Wagen abgefahren war. Ich wußte, daß niemand außer uns beiden in diesem Stadtteil war, daß kein Mensch hinter mir sein konnte. Und trotzdem hörte ich Schritte. Sie klangen nicht sehr laut – so, als ob mir jemand in einem Abstand von etwa dreißig Metern folgte. Mir war, als stächen mich Hunderte feiner Nadeln in den Rücken, und ich mußte meine ganze Willenskraft aufbieten, um mich nicht umzudrehen. Ich ging weiter … immer das gleichmäßige Klappern hinter mir – eins, zwei – eins, zwei –, lauter, wenn die Oberfläche der Straße frei, leiser, wenn sie mit angewehtem Sand bedeckt war. Vielleicht war es doch nur das Echo. Ich trat kräftiger auf. Der Schritt dessen, der hinter mir ging, klang aber nicht lauter. Es war kein Echo.
    Mir rann der Schweiß über das Gesicht, Ich war jetzt völlig sicher, daß etwas hinter mir herkam, und ein Mensch konnte es nicht sein. Ich blieb stehen. Die Schritte des anderen verstummten ebenfalls. Ich ging weiter, und da waren sie wieder. Zorn packte mich. Ich riß den Strahlenwerfer von der Schulter, fuhr herum und legte an.
    Die Straße war leer. In dem hellen Licht der Mauern sah ich, wie sie sich in der Ferne immer mehr verengte bis zu der Stelle, wo sie mit anderen Lichtern zusammenlief. Eine ganze Weile blickte ich wie irr um mich. Dann hängte ich den Strahlenwerfer wieder über die Schulter – ging weiter und – hörte Schritte, blieb stehen, riß ihn

Weitere Kostenlose Bücher