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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Wagen nach vorn. Wir hatten den Gipfel der Bodenerhebung erreicht. Ich trat auf den Bremshebel. Unter uns gähnte ein flacher Krater, der ein unbestimmtes trübes Licht ausstrahlte. Seine Wände waren fleckig und voll schmutzigvioletter, gelblicher und grüner Infiltrationen, die wie Moder ausahen. In der Tiefe des glatten, eingefallenen Bodens

    verschwammen in einer glasigen Masse, wie in Bernstein eingeschlossen, allerlei seltsame Gebilde – verschlungene Adern, verzerrte, gewundene, ineinandergedrehte Schatten, Rümpfe, Figuren …
    Was bedeutet das alles, wo sind wir eigentlich, wollte ich fragen, brachte aber kein Wort aus der zusammengepreßten Kehle. Einer der Gefährten berührte meinen Arm und gab mir ein Zeichen, umzukehren. Ich nickte schweigend und ließ den Motor an. Langsam schob sich der Wagen vom Rande des Trümmerfeldes zurück. Hinter den Scheiben krochen schwarze, in Stücke geschlagene Wälle, zapfenbehangene Blöcke vorüber – anscheinend die zerschmolzenen Teile riesiger Maschinenanlagen. Endlich langten wir wieder unten auf der Straße an.
    Leicht über Unebenheiten schaukelnd, fuhr unser Wagen an den Grundmauern großer Bauten entlang. Meine Hände umkrampften das Lenkrad. Ich starrte vor mich hin und lauschte dem gleichmäßigen Brummen des Motors. Endlos wanden sich die Straßen, von anderen Straßenzügen überspannt, dahin. Von oben warfen riesige, glatte Mauern, abgerundete Ecken und Vorsprünge, Säulen und Pfeiler ihr Licht herab. Ich vermochte den Blick von dieser ungeheuren Folge majestätischer, unbeweglicher Formen nicht abzuwenden. Es war, als wollten sie, die Nacht mit immerwährendem Glanz erfüllend, Ewigkeiten überdauern. Betäubt von dem Zuviel an Eindrücken, war ich nicht mehr imstande, klar zu denken; zeitweise vergaß ich sogar meine Gefährten, die dicht neben mir saßen. Nicht Stunden, sondern Jahre bereits – so schien es mir – fuhren wir durch das Dunkel.
    Als ich mich einmal umdrehte und bemerkte, daß Rainer und Arsenjew die Angaben der Instrumente notierten und die Bewegungen der Zeiger auf den Strahlungsindikatoren wie in einem Laboratorium verglichen, da war es mir unbegreiflich, daß sie noch an etwas anderes als an das schweigende Leuchten denken konnten, das hinter den Fenstern unseres Wagens war.
    Während der letzten Viertelstunde dieser Fahrt berührte der Astronom alle Augenblicke meinen Arm und befahl mir, einmal rechts, dann wieder links einzubiegen. Zuerst war es mir nicht klar, wonach er sich bei der Wahl des Weges richtete. Dann aber sah ich, wie aufmerksam er die Skala des Induktionsapparates beobachtete.
    Als wir in eine breitere Straße gelangten, bat mich Arsenjew zu halten. Der Motor verstummte. Wir zogen instinktiv die Dichtungsklammern der Helme fester an und stiegen durch die Deckenklappe aus dem Wagen. Der Boden war hier wie mit feinen Feilspänen bedeckt, die so hell leuchteten, als wäre in jedem ein silbernes Fünkchen eingeschmolzen.
    Das Knirschen unserer Schritte hallte in der öden, leeren Straße laut wider. Manchmal jagte der Wind von den Steinplatten Staubwolken auf und schrillte hoch droben wie zerreißendes Blech.
    Über uns hing von den Seiten einer glasigen Konstruktion ein Bündel zerfetzter, armdicker Leitungen herab. Etwas weiter erhob sich über einem niedrigen Häuserblock ein in der Mitte zusammengesunkenes Gebäude, dessen Front die Straßenbiegung flankierte. Im Hintergrund gabelte sich die Straße in drei Äste. Zwei führten höher hinauf, der dritte mündete in einen Tunnel, der uns seinen riesigen leuchtenden Rachen zukehrte und dessen Inneres sich wie bei einer Turmmuschel verengte. Arsenjew blickte eine Weile auf den Indikator, dann nahm er den Induktionsapparat Rainers, hängte ihn über die Schulter und rief uns zu sich. Als letzter kam Soltyk. Er hatte bis jetzt bei der Maschine gestanden und versucht, das Licht des Scheinwerfers in die Tiefe des Tunnels zu lenken.
    „Wir werden Werkzeuge brauchen“, sagte Arsenjew. Seit wir ausgestiegen waren, erfüllte ein ständiges, feines Knistern die Hörer. Um uns besser verständigen zu können, mußten wir die Köpfe zusammenstecken.
    „Vor allem eine Winde, Brechstangen und Fulgurit“, fuhr der Astronom fort. „Das alles muß von der Rakete hierhergeschafft werden.“ Er sah uns der Reihe nach an, schließlich entschied er: „Smith bleibt bei mir, und Soltyk und Rainer kehren zur Rakete zurück. Ich schicke Sie beide; denn Oswatitsch ist bettlägrig, und

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