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Der Poet der kleinen Dinge

Der Poet der kleinen Dinge

Titel: Der Poet der kleinen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-Sabine Roger
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wirklichen Charme ausmacht, ist eine wunderschöne Reihe von austauschbaren Floskeln, die er seinen Schülern ins Ohr schreit, während er neben ihnen auf der Stelle hüpft, weil er keine Sekunde stillhalten kann: »Was zählt, ist nicht das Ziel, pfff!, pfff!, sondern der Weg!« – »Wenn du deine Schwäche akzeptierst, pfff!, pfff!, wird sie zu deiner Stärke!« – »Wenn es dir in deinem Körper gutgeht, pfff!, pfff!, geht es dir auch in deinem Leben gut!«
    Stef nennt ihn den Käng Guru.
    Der Zackenbarsch hat gemeint, was er vor allem möchte, ist von hier weggehen.
    Die Flatter machen, ganz einfach.
    »Wir müssen unsere Hintern bewegen!«
    »Wann willst du denn los?«
    Der Zackenbarsch hat die Achseln gezuckt. »Ist mir Jacke wie Hose. Sag du.«
    »Ich sage: Wann du willst.«
    »Okay, dann sehen wir uns heute Abend«, hat der Zackenbarsch ernst geantwortet und auf die Uhr geschaut, als würden wir einen Einbruch vorbereiten. »Wir treffen uns um acht am Kanal und besprechen die Sache.«

 
    V or dem Treffen mit dem Zackenbarsch am Kanal bin ich noch bei Stef vorbeigegangen, um ihm eine DVD zurückzugeben.
    Maïlys war auch da, seine Cousine, hübscher denn je, sie lachte ein bisschen zu laut über alles, was ich sagte, und schaute mich mit ihrem Klettverschlussblick an, während Stef und Sara, die so schwanger war, dass sie fast platzte, uns auffällig beobachteten. Die beiden wollten Parship spielen, das war klar.
    Sie wollten mein Glück um jeden Preis, diese Saubande.
    Es war nicht leicht, mich unbeschadet aus diesem Hinterhalt rauszumanövrieren. Maïlys ist ja wirklich süß. Sogar mehr als süß. Aber ich bin nicht in der Stimmung, an der erstbesten Angel anzubeißen, auch wenn der Köder hübsche Federn hat.
    Stef hat mich bis vor die Haustür begleitet. Er wirkte besorgt. Wir kennen uns schon lange, er und ich. Sozusagen seit immer, wir waren schon im Kindergarten Freunde.
    Er ist auf eine Zigarette mit mir draußen geblieben, ohne zu reden, den Blick auf den betonierten Horizont des Parkplatzes gerichtet. Als ich dann gehen wollte, hat er mich nur gefragt: »Du weißt Bescheid, oder? Wegen Lola?«
    »Mmhm.«
    »Und … wie geht’s dir damit?«
    »Super.«
    »Ach ja?! Du kannst vorbeikommen, wann du willst, oder ruf an. Jederzeit, klar? Auch mitten in der Nacht, das macht mir nichts aus.«
    »Okay, danke.«
    Stef ist – mit dem Zackenbarsch – einer der wenigen Menschen, die ich tatsächlich zu jeder Tages- oder Nachtzeit anrufen könnte. Einer, der alles stehen- und liegenlassen würde, um mich am Ende der Welt abzuholen, wenn ich ein Problem hätte.
    Und ich würde für ihn dasselbe tun.
    Ich habe gelernt, dass das selten ist. Im Leben (jedenfalls in meinem) sind die Freunde eher von der Sorte: Solange du nichts brauchst, kannst du dich auf mich verlassen.
    Stef und ich haben nicht mit zehn Jahren Blutsbrüderschaft geschlossen, dazu waren wir zu zimperlich. Wir haben nie in einem selbsterfundenen Code (das A ein Stern, das B ein Kringel, das C …) einen Schwur niedergeschrieben. Einen echten Geheimpakt, auf Leben und Tod, den wir auswendig gelernt hätten, um ihn dann im Mund zu Brei zu zerkauen.
    Zwischen uns wurde nie etwas ausgesprochen. Er ist einfach mein Freund, basta.
    Ich habe mich verabschiedet und bin losgegangen. Nach ein paar Schritten hat er mich zurückgerufen: »He, Cédric!«
    »…?«
    »Kennst du schon den neuesten Spruch?«
    Jedes Mal, wenn wir uns sehen, erzählt er mir das Neueste vom Coach.
    »Schieß los!«
    »Ohne Niederlage, gibt es, pfff!, pfff! , keinen Sieg …!«
    »Jaaaa, Mann, keuch! keuch! Nicht schlecht!«

 
    D er Zackenbarsch saß auf seiner Maschine und wartete auf mich.
    Er hatte ein schickes T-Shirt an, schwarz mit roten Flammen, passend zu seinem Tank. So, wie ich ihn kannte, musste er stundenlang im Internet danach gesucht haben.
    Von weitem sah das Ganze spektakulär aus, er verschmolz regelrecht mit seiner Kiste.
    Ich habe Beifall geklatscht und gerufen: »Große Klasse!«
    Er hat mich als Schleimer beschimpft und hinzugefügt, meine verlogenen Komplimente gingen ihm am Arsch vorbei.
    »Pass aber trotzdem auf«, habe ich gemeint. »Wenn es so weitergeht, wird man dich mit deinem Feuerstuhl verwechseln. Es werden dir noch Seitentaschen wachsen.«
    »Du bist kein guter Beobachter – ich habe schon lange welche.« Er ist abgestiegen und um das Gespann rumgegangen. »Schau dir das an. Cool, oder?«
    In den Seitentaschen waren zwei Pizzakartons,

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