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Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Titel: Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli T. Swidler
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an.
    «Seht ihr, was ich meine?», sagte Tonti. «Der Mann ist doch völlig eingeschüchtert.»
    Eisige Blicke ruhten auf Roberto, der einen Schluck crodino trank und eine Olive einwarf, ratlos. Er konnte die Angst ja verstehen. Urbino war ein beschauliches Städtchen mit fünfzehntausend Einwohnern, und alle Urbinati einte das Gefühl, jeden der anderen zu kennen oder zumindest schon einmal gesehen zu haben. Wenn da einer durch einen Mord aus ihrer Mitte gerissen wurde, fühlte sich das vollkommen anders an als in einer Großstadt. Und dass sich bei den Urbinati Angst sehr schnell in Wut und Angriffslust verwandelte, konnte er ebenfalls verstehen. In ihrer Geschichte hatten sie sich nur sehr selten anderen Mächten beugen müssen, und die gewaltige, von keinem Feind je eingenommene Stadtmauer war ein Symbol ihrer Wehrhaftigkeit gegen üble Kräfte von außen.
    «Wir wissen», sagte die Notarsgehilfin Maria Berluti, «dass Ruggero dem Entsetzen anheimgefallen ist. Es war nicht die Kraft eines Arms, die ihn fällte. Er sah etwas, so erschreckend und furchtbar wie das Tor zur Hölle. Das war das Ende seines Herzschlages, das war das Ende seines Atems, es war – ein Seelenmord.»
    Überrascht stellte Roberto fest, dass sich niemand, wie sonst üblich, über Maria Berlutis blumige Ausdrucksweise lustig machte. Seit Jahren veröffentlichte sie furchtbar schwülstige Gedichte im Selbstverlag, und jedes Mal, wenn der Spott über das letzte Werk gerade verebbte, brachte sie ein neues heraus. Wenn man allerdings ihre Worte über Ruggeros Tod auf den faktischen Kern reduzierte, sagte sie dasselbe, was Malpomena auch gesagt hatte: Ruggero Grilli war vor Entsetzen gestorben.

[zur Inhaltsübersicht]
    20.
    Zu Totos Ärger zog die Traube wieder ab, ohne auch nur einen winzigen caffè , geschweige denn etwas mit einer ordentlichen Gewinnspanne, für ihn zu bestellen wie Coca-Cola oder San-Pellegrino-Mineralwasser. «Lasst uns in die Bar Complotto gehen, da können wir frei reden» waren die letzten Worte der Aufgebrachten, die bei Toto einen gewaltigen Schwall wilder Beschimpfungen auslösten.
    Roberto war ein wenig benommen von der feindlichen Vehemenz der Menschen. Wäre sie von Attilio Brozzi und seinen Spinnern gekommen, würde er keine Sekunde weiter darüber nachdenken. Aber hier hatten Urbinati gesprochen, die er bisher ausnahmslos als nette, friedliebende Mitbürger kannte. Ein wenig ähnelte die Traube einem Rudel von Pastori Maremmani, riesigen Hirtenhunden, die gerne bellten und knurrten und trotzdem einen freundlichen Charakter hatten – solange sie sich nicht bedrängt fühlten oder ihr Territorium bedroht sahen. Dann wurden sie ganz schnell zu unkontrollierbaren Bestien, die man nur noch mit einer lupara , der abgesägten Schrotflinte der sizilianischen Mafia, aufhalten konnte. Die Vorstellung, dass die Menschentraube womöglich immer größer wurde und sich irgendwann wie eine Horde von Maremmani verhielt, bereitete ihm ein mulmiges Gefühl.
    Roberto drehte fünfmal seinen aus einem Hufnagel gebogenen Ring, und als er fertig war, legte er noch fünfmal drauf. Egal wie man die Situation betrachtete, es gab nur eine Möglichkeit, dem Golem-Spuk ein Ende zu setzen: Er musste so schnell wie möglich den Mörder von Ruggero Grilli finden, er musste herausfinden, wer es letzte Nacht auf Donna Domenica abgesehen hatte und wer derjenige war, der Donna Domenicas Angreifer attackiert hatte.
    «Ostia» , stöhnte er und biss in sein tramezzino . Was hatte er denn bisher an Erkenntnissen? Praktisch nichts. Er wusste nicht, ob Spartacco wirklich seinen Nachbarn Ruggero Grilli bei der di Finanza angeschwärzt und die beiden deshalb einen erbitterten Streit gehabt hatten. Und er wusste so gut wie nichts über Sergio und wie dessen Verhältnis zu Ruggero gewesen war. Er brauchte dringend Fakten.
    «Toto, was weißt du über Sergio Bonasera?», fragte Roberto und bestellte noch einen crodino , um Totos Laune etwas zu heben.
    «Nichts.»
    « Dai , du weißt doch sonst alles Mögliche über deine Mitmenschen.» Roberto deutete auf das Laptop, das Toto immer aufgeklappt hinter der Theke stehen hatte.
    «In dem Fall nichts.» Toto knallte den crodino auf die Theke und blickte demonstrativ ins Leere.
    «Dann häng dich doch mal in den Computer der Carabinieri rein.»
    Toto grinste hämisch. «Was meinst du mit reinhängen?»
    Roberto fühlte sich sofort unwohl. Die ganze Computer- und Netzwelt war ihm so fremd, dass er nicht einmal

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