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Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition)

Titel: Der Poliziotto tappt im Dunkeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli T. Swidler
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und flach. Sei vorbereitet, von einer großen Furcht erfasst zu werden, niemals wieder das Tageslicht zu erblicken, solltest du ihn je benutzen müssen. Stecken bleiben wird der Wohlgenährte, wohingegen nicht der maßvoll Lebende.»
    Roberto tippte auf das Display. «Vielleicht –» Sofort zuckte das Bild wieder auf die ursprüngliche Größe zusammen.
    « Touch screen », sagte Gruber und vergrößerte den Plan wieder mit diesen merkwürdigen Fingerbewegungen. «Der Gang beginnt hier.» Er hielt Roberto das Smartphone hin. Darauf erkannte dieser eine Skizze des kleinen Vorraums im Eingangsbereich der Synagoge.
    «Ein Fluchttunnel?»
    «Um im Falle eines Pogroms zu entkommen», bestätigte Gruber.
    «Und wo beginnt er genau?»
    «Im Boden.»
    «Wie das? Der Boden ist aus mattoni , uralten Terrakottafliesen aus dem 15. Jahrhundert.»
    «Das ist richtig. Aber genau dort ist der Eingang, und auf dem Plan wird beschrieben, wie man hineinkommt. Auch auf Lateinisch.»
    «Und was sagt er?»
    Gruber schüttelte den Kopf. «Ich will dabei sein, wenn Sie den Gang erkunden.»
    «Non se ne parla neanche, per niente!»
    «Auf keinen Fall?» Gruber deaktivierte das Handy und steckte es ein. «Schade, dann müssen Sie selber nach Ancona ins Museo Archeologico Nazionale fahren und sich die alte Karte heraussuchen.»

[zur Inhaltsübersicht]
    34.
    «Wussten Sie, dass man den Vorraum zum Gemeinderaum einer Synagoge ‹Ulam› nennt?», flüsterte Gruber, schob die Türe auf und leuchtete mit seiner schweren Drei-Monozellen-MagLite in den Ulam, von dem drei Türen abgingen. Gruber hatte das Türschloss mit dem Standardwerkzeug aller Lockpicker, einem Haken und einem Spanner, derart schnell geöffnet, dass Roberto dachte, er wäre im Besitz eines Schlüssels.
    «Das Schloss ist völlig ausgeleiert. Da ist es wirklich keine Kunst.»
    «Und Sie üben jeden Tag, oder wie?»
    Gruber ignorierte die Frage und ging geradewegs auf das Waschbecken zu, das in der gegenüberliegenden Wand in eine Art von romanischem Wandgewölbe eingemauert war, einem zwei Meter hohen Bogen. Über dem Becken, auf zwei viereckigen Säulen, befand sich eine breite Borde aus grauem Stein, wie er typisch für die großen Steinbrüche am Monte Catria und am Monte Dolciano war. Dort lagen Utensilien zum Händewaschen und eine Papierrolle zum Abtrocknen. Dem Becken war der jahrhundertelange Gebrauch anzusehen, die Ränder vorne waren rund geschliffen, und von der Borde zog sich ein tief in den Stein gegerbter Streifen hinunter, der von dem in Seife enthaltenen Fett stammte.
    « Voilà , hier haben wir den Eingang», sagte Gruber.
    «Sagten Sie nicht, er wäre im Boden unter den mattoni ?»
    «Tatsächlich?» Gruber lächelte süffisant.
    Dieser Mistkerl! Er hatte ihn angelogen, damit er den Eingang nicht ohne seine Hilfe fand. «Und, wie soll das jetzt gehen?», fragte er ruppig.
    «Sehen Sie den Sockel unter dem Becken?»
    Cazzo , der Sockel war etwa ein Meter breit und fünfzig Zentimeter hoch und kaum zu übersehen.
    «Dahinter soll der Tunnel beginnen.» Gruber tastete den oberen, nicht einsehbaren Rand des romanischen Bogens ab, der etwa zehn Zentimeter aus der Mauer herausragte. «Im Plan standen folgende Worte: ‹Finde die irdene Platte über dem Wasser, die die Größe der Hand eines Kindes hat, und drücke sie mit einer schnellen Bewegung nach unten.›» Er wandte sich zu Roberto um. «Versuchen wir’s. Haben Sie eine Taschenlampe?»
    «Habe ich», antwortete Roberto und griff zu dem Köcher an seinem Gürtel, doch dort steckte nicht seine kleine MagLite, sondern immer noch die salsiccia piccante . Porca madosca . «Aber die Birne ist kaputt. Eine Spezialbirne.»
    Gruber presste die Platte aus gebranntem Ton hinunter, und der Sockel schwenkte mit einem schabenden Geräusch nach innen, unspektakulär leise und mit einer Leichtigkeit, als wäre er aus Styropor. Dahinter tat sich ein kleiner Raum mit einem Durchmesser und einer Höhe von etwa zwei Metern auf.
    Gruber zwängte sich durch die Öffnung. «Sehen Sie sich das an. Was für eine Konstruktion! Aus dem 16. Jahrhundert. Unglaublich.»
    Roberto ließ sich auf die Knie sinken und kroch ebenfalls in die Kammer. Der Öffnungsmechanismus war in der Tat beeindruckend. Der steinerne Sockel steckte in einem Rahmen aus Bronze, der auf Rollen in einer Schiene lief. An einer Seite lagen in einem abschüssigen Gestell, ebenfalls aus Bronze, Steinkugeln mit einem Durchmesser von etwa fünfzig Zentimetern. Durch

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