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Der Polizistenmörder

Der Polizistenmörder

Titel: Der Polizistenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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der Bursche und folgte ihm.
    »Ich war dreimal da und habe nach dem Schild gesehen, und da steht Märd drauf.«
    »Und das hat sich nicht verändert?«
    »Nein. Soll ich mit hineinkommen? Ich meine, ich habe ja eine Pistole, wenn es soweit kommen sollte. Und das Funkgerät habe ich unters Hemd gesteckt, damit es nicht gleich jeder sieht.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Martin Beck und setzte seinen Finger auf den Klingelknopf.
    Bertil Märd öffnete die Tür, beinahe schon ehe das Klingeln einsetzte.
    Er hatte schwarze Uniformhosen an, ein Unterhemd und Holzschuhe. Die Alkoholfahne, die von ihm ausging, wurde ein wenig von dem Geruch des Rasierwassers überdeckt. Der Mann hielt eine Flasche Florida-Wasser in den riesigen Pranken und ein geöffnetes Rasiermesser, mit dem er auf seinen Bewacher zeigte.
    »Was war das für ein verdammter Clown, der zwei Stunden lang da gestanden und mein Haus angestarrt hat?«
    »Das ist Beamtenbeleidigung«, sagte der Polizeiaspirant dreist.
    »Wenn ich dich hier noch mal sehe, du verkleideter kleiner Schweinehund, dann schneide ich dir die Ohren ab«, schrie Märd.
    »Das ist nun aber wirklich Bedrohung eines Polizeibeamten…«
    »Ach was«, sagte Martin Beck und zog die Tür hinter sich zu. »Unsinn.«
    »Was heißt hier ›ach was‹?« murrte Märd. »Was geht hier eigentlich vor?«
    »Nun reg dich erst mal ab.«
    »Ich will mich nicht abregen! Ich will meine Ruhe haben! Und ich will nicht, daß solche Bengel im Karnevalskostüm hinter mir herspionieren.
    Außerdem bin ich gewohnt, daß man tut, was ich sage. Wer bist du überhaupt? Der Oberbulle persönlich?«
    »Genau«, bestätigte Martin Beck.
    Er machte ein paar Schritte an Märd vorbei und sah sich im Zimmer um. Es roch so, als ob fünfzig Lebewesen, die kaum Menschen gewesen sein konnten, darin übernachtet hätten. Alte Steppdecken mit großen Fettflecken und aufgerissenen Nähten, aus denen die Füllung quoll, waren an den Fenstern festgenagelt worden und ließen sehr wenig Licht hinein. Man konnte jedoch eine Ecke hochheben und hinausblicken. An der einen Wand stand ein Bett, das sicher wochenlang, wahrscheinlich monatelang nicht gelüftet worden war. Die restliche Möblierung bestand aus vier Stühlen, einem Tisch und einem großen Kleiderschrank. Auf dem Tisch standen ein Glas und zwei Flaschen sechzigprozentiger russischer Schmuggelwodka mit blauem Etikett, eine leer, die andere halb ausgetrunken. In einer Ecke lag ein Haufen schmutziger Wäsche. Durch die Hintertür blickte man in die Küche, wo eine unbeschreibliche Unordnung herrschte, und weiter hinaus in die Toilette, wo eine elektrische Glühbirne brannte und Märd sich offenbar gerade rasiert hatte.
    »Ich bin in hundertacht Ländern gewesen«, begann Märd. »Aber nirgends ist es schlimmer als hier. Die Polizei ist hinter einem her. Die Krankenversicherung ist hinter einem her. Oder das Finanzamt oder das Sozialamt. Oder das Elektrizitätswerk oder der Zoll oder das Einwohnermeldeamt oder das Gesundheitsamt. Sogar die Post fällt mir auf den Wecker, obwohl ich gar keine Post haben will.«
    Martin Beck sah sich Märd etwas genauer an. Er war hünenhaft gebaut, sicher 1,90 m groß und wog mindestens 125 Kilo. Er hatte schwarzes Haar und Augen wie ein Tier.
    »Woher weißt du, daß es genau hundertacht Länder sind?« fragte Martin Beck.
    »Duzen Sie mich gefälligst nicht! Ich will nicht, daß jeder Hanswurst du zu mir sagt. Für Sie bin ich immer noch Herr Märd. Woher ich das weiß? Weil ich sie gezählt habe. Das hundertachte Land war Obervolta. Da bin ich von Casablanca aus hingeflogen. Das hundertsiebte war Südjemen.
    Ich schwöre, daß dies hier das Hinterletzte ist. Ich habe in Nordkorea und Honduras, in Macao und der Dominikanischen Republik, in Pakistan und Ekuador im Krankenhaus gelegen. Aber niemals habe ich Schlimmeres erlebt als im Sommer in Malmö. Man hat mich in einen Saal gelegt, der aus dem Jahre 1890 stammen muß. Wir lagen da, neunundzwanzig Männer, siebzehn davon frisch operiert. Dann kommen die Betreuer und wundern sich, warum man schimpft, und sagen einem, daß man den Mund halten soll, denn alles ist doch gratis. Gratis! Wenn das Finanzamt einem wie ein Wolf am Hintern hängt. Können Sie mir erklären, warum diese verdammte Regierung immer noch auf ihren dicken Ärschen sitzt? In vielen Ländern, in denen ich gewesen bin, wird man für so was aufgehängt.«
    Märd blickte sich um.
    »Hier ist nicht saubergemacht Ich kann das nicht so

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