Der Polizistenmörder
niemals aushaken, das Aas würde ich erwürgen.«
Martin Beck sagte immer noch nichts.
»Aber jedenfalls könnte man sich dann auf offener See totsaufen. Ich will Sigbrit und ein Schiff haben. Und jetzt habe ich weder das eine noch das andere. Hier darf ein Mann ja nicht einmal sich selbst fertigmachen, ohne daß der Teufel und seine Großmutter sich einmischen.«
Er blickte sich im Zimmer um. »Meinen Sie, daß mir das hier gefällt? Glauben Sie, es macht mir Spaß, in dieser Scheiße zu sitzen?«
Seine Faust donnerte auf den Tisch, so daß das Glas beinahe umfiel.
»Ich weiß, was Sie glauben«, schrie er. »Sie glauben, ich hätte Sigbrit was angetan. Aber das habe ich nicht. Können Sie das begreifen? Ich weiß übrigens genau, was man von der Polizei zu halten hat, hier und überall in der Welt. Polizisten sind wie die Ratten auf den Kais, und das einzige, was sie können, ist, an Bord zu kommen und die Alkohol und Tabakvorräte zu versiegeln, damit man keine Schwierigkeiten hat. Ich erinnere mich an so ein Schwein in Millwall, als wir regelmäßig dort anlegten. So ein Bobby. Der stand dann immer da wie ein Denkmal, baute Männchen und sagte ›Yes, sir‹und ›Glad to seeyou, captain‹, und wenn er ging, hatte er sämtliche Taschen mit Tabak und Flaschen vollgestopft, daß er kaum die Gangway hinunterkam. Und hier ist es genauso.«
»Ich will weder Alkohol noch Tabak von Ihnen haben.«
»Was, zum Teufel, wollen Sie denn?«
»Ich will wissen, was Ihrer geschiedenen Frau zugestoßen ist. Darum frage ich, wie sie ist. Welche Art von Mensch.«
»Schön. Sie ist ein guter Mensch. Was soll ich Ihnen noch sagen? Ich liebe sie. Aber Sie wollen mich aufs Kreuz legen. Sie haben von dem Dorftrottel gehört, daß ich sie ein paarmal verhauen habe. Wissen Sie auch, daß er mir einmal eins aufs Maul gegeben hat? Soviel Mumm hätte ich dem Kerl gar nicht zugetraut. Mir, der ich nur einmal im Leben Prügel bezogen habe, und da waren vier Mann gegen mich. Das war in Antwerpen. Aber er hatte recht, und ich war im Unrecht, und das habe ich begriffen.«
Martin Beck blickte Märd nachdenklich an.
Es war durchaus möglich, daß der Mann sich in ein etwas besseres Licht zu setzen versuchte.
»Sie waren lange verheiratet?«
»Ja, Sigbrit war erst achtzehn, als wir die Ringe getauscht haben. Zwei Monate später mußte ich hinaus auf See. Und danach bin ich die ganze Zeit gefahren und jedes Jahr nur einen oder zwei Monate zu Hause gewesen. Aber da hatten wir es dann schön.«
»Sexuell?«
»Ja. Sie mochte meine Art. Sagte immer, daß es so war, als ob man von einem Zug überfahren wird.«
»Und den Rest des Jahres?«
»Sie sagte, daß sie mir treu gewesen wäre, und ich habe niemals irgendeinen Beweis für das Gegenteil bekommen. Ich habe manchmal gemeint, daß es doch komisch ist. Sie ist einen Monat lang scharf wie nur was und kann dann elf Monate lang ohne Mann sein. Aber sie sagte, das wäre keine Kunst, man brauche einfach nur nicht dran zu denken.«
»Und Sie selbst?«
»Na klar bin ich in jedem Hafen ins Bordell gegangen.«
»In hundertacht Ländern?«
»Nein. Die Bordelle habe ich nicht gezählt, obwohl es sehr viele waren. Wenn Sie wollen, können Sie die Adressen haben. Aber in manchen Ländern gibt es keine Nutten. Ich kann mich zum Beispiel an eines erinnern: Rumänien. Ich lag mit einem alten Kasten drei Monate lang in Constansa. In der ganzen Stadt gab es keine Hure. Ich bin dann mit dem Zug nach Bukarest gefahren, aber da gab es auch keine.«
»Was haben Sie dann gemacht?«
»Bin nach Piräus rüber. Da gab’s Tausende. Ich soff und vögelte und kam zwei Wochen lang kaum aus dem Bett. Das warn Zeiten!« Märd starrte in sein Glas, trank aber nicht.
»Jetzt meinen Sie sicher, daß Seeleute nichts anderes tun als in jedem Hafen ins Bordell rennen, und das beweist mir nur eines.«
»Was denn?«
»Daß Sie keine Ahnung von Seeleuten haben. Ich bin sieben Jahre lang mit einem Ersten Ingenieur gefahren, der in Bergkvara verheiratet war. Und ich kann heilige Eide schwören, daß er in all den Jahren nicht ein Mädchen angefaßt hat. Das fand ich einfach toll. So wie der hätte man sein sollen. Und ich kenne viele davon.«
»Was haben Sie davon zu Hause erzählt?«
»Sigbrit? Natürlich, daß ich ihr immer treu geblieben wäre und nur auf den Urlaub gewartet hätte. Da mußte man bloß aufpassen, daß man nicht mit Sackratten oder einem Tripper nach Hause kam. Ein Glück, daß es Penizillin gibt.
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