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Der Polizistenmörder

Der Polizistenmörder

Titel: Der Polizistenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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die Übelkeit.
    In Domme fuhren sie zu Folke Bengtssons Haus hinauf. Sein Lastwagen war nicht da, und als sie an die Tür klopften, antwortete niemand.
    »Er ist sicher unten und fischt«, meinte Nöjd. »Oder er macht seine Runde bei den Kunden. Heute abend ist er wahrscheinlich zu Hause.« Statt zur Hauptstraße zurückzukehren, fuhr Nöjd an Sigbrit Märds Haus vorbei und hielt einige hundert Meter weiter an der Einfahrt zu einem Hof oben auf der Hügelkuppe.
    »Ich dachte, ihr würdet euch diese Stelle gern mal ansehen. Hier wurde Victoria Bruzelius geboren. 1850, wenn ich mich richtig erinnere.«
    »Aha. Und wer war das?« fragte Martin Beck. Kollberg antwortete sofort.
    »Sie hieß dann Benedictsson, als sie den Posthalter in Hörby heiratete, und schrieb unter dem Pseudonym Ernst Ahlgren. Später zog sie nach Kopenhagen, kämpfte für die Rechte der Frauen, verliebte sich in Georg Brandes und beging Selbstmord, als sie noch keine vierzig Jahre alt war.«
    »Kannst du vielleicht auch etwas aus ihren Büchern zitieren«, erkundigte sich Martin Beck.
    »Nein. Aber sie hatte einen guten Wahlspruch: Arbeit und Wahrheit.«
    »Was mich daran erinnert, daß die Pflicht ruft«, sagte Nöjd und startete den Motor.
    Sie trennten sich vor der Polizeiwache. Nöjd hatte seine Routinearbeiten zu erledigen, Martin Beck und Kollberg wanderten langsam zur Hauptstraße hinunter. Die Luft war klar und rein, und die Sonne hatte immer noch wärmende Kraft.
    »Eigentlich ist Herrgott zu beneiden«, meinte Kollberg. »Wenn man an die Arbeit in Stockholm denkt…«
    »Dann laß dich doch in eine kleine Provinzstadt versetzen.« Kollberg blinzelte in die Sonne und schüttelte den Kopf.
    »Das würde nicht gutgehen. Wenn man Herrgott so sieht, scheint alles in Ordnung zu sein, aber ich würde mich in so einem Nest nach zwei Wochen zu Tode langweilen. Du bist doch genauso, du müßtest das doch verstehen. Außerdem will Gun ja wieder arbeiten oder wenigstens weiter studieren, wenn sie keine Arbeit findet«
    Kollberg und Gun hatten vor sieben Jahren geheiratet. Sie hatten zwei Kinder, ein Mädchen von sechs und einen Jungen von drei Jahren, und Martin Beck hatte ihre Ehe stets als perfekt angesehen. Bevor er Rhea traf, hatte er Kollberg deswegen beneidet. Gun war gescheit und vital, sie hatte Humor und Wärme und war ein feiner Kamerad und, so weit er das beurteilen konnte, eine ausgezeichnete Mutter. Außerdem war sie hübsch, und niemand hätte ihr die fünfunddreißig Jahre zugetraut. Er konnte sich vorstellen, wie Gun Kurse in Spanisch oder Jazz-Ballett leitete oder etwas anderes mit den Frauen auf die Beine stellte, wenn sie in so einem Ort wie Anderslöv wohnen müßte. Sie würde schon etwas zu tun finden, aber ebenso wie Kollberg würde sie sich nicht wohl fühlen. Auch sie war eingefleischte Stockholmerin.
    Ein gelber Lieferwagen mit roter Aufschrift KVÄLLS-POSTEN auf den Seiten bog vom Bürgersteig vor dem Konsum auf die Straße. Während er den Hügel hinauffuhr, kam der Verkäufer aus dem Kiosk und befestigte ein Werbeplakat auf einer Tafel.
    Die Hälfte des Plakats wurde von dem Wort FRAUENMORD eingenommen, darunter stand in kleinen Buchstaben: In Anderslöv?
    Kollberg faßte Martin Beck an den Arm und trat auf die Fahrbahn, aber Martin Beck nickte zu dem Zeitungsauto hin, das jetzt vor der Apotheke schräg gegenüber vom Gasthof hielt.
    »Ich kaufe Zeitungen lieber im Tabakladen am Markt«, sagte er.
    »So, du hast dir also schon feste Gewohnheiten zugelegt?«
    »Es ist ein netter Laden. Ländlich und gut sortiert. Sie haben auch Spielsachen, wenn du was für Bodil und Joakirn kaufen willst.« Hinter dem Ladentisch stand die Inhaberin mit dem Werbeplakat in der Hand.
    »Aha. Ihr habt Sigbrit also gefunden?« fragte sie. Martin Beck war hier bereits gut bekannt.
    »Armes Kind«, sagte sie.
    »Man darf nicht alles glauben, was in der Zeitung steht«, widersprach Kollberg. »Sie wird immer noch lediglich vermißt. Und da steht auch ein Fragezeichen, wenn auch ein ganz kleines.«
    »Wirklich«, meinte die Frau hinter dem Ladentisch, »so wie die Zeitungen heutzutage aufgemacht sind, hat man kaum noch Lust, sie zu verkaufen. Nur Lügen und Schmutz und Elend.«
    Sie kauften Kvällsposten und Trelleborgs Allehanda, und Kollberg sah sich in der Spielwarenabteilung um, die wirklich gut sortiert war. Er entdeckte einiges, das er bei NK, PUB und Ahlens oder in den anderen großen Warenhäusern in Stockholm noch nie gesehen hatte und

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