Der Polizistenmörder
das er später für seine Kinder kaufen wollte.
Neben Kollbergs Auto war, mit dem Auspuff zum Systembolaget, dem staatlichen Spirituosenladen, ein offener Sportwagen geparkt. Es war ein älteres Modell, gut gepflegt, und der flaschengrüne Lack glänzte in der Sonne. Martin Beck, der sich sonst nicht für Autos interessierte, blieb stehen und sah ihn sich an.
»Ein Singer«, erläuterte Kollberg. »Mindestens fünfundzwanzig Jahre alt. Hübscher Wagen, nur eiskalt im Winter.«
Kollbergs Spezialität war es, fast alles zu wissen.
Sie betraten den Speisesaal des Gasthofs. Es war Zeit zum Mittagessen, und mehrere Tische waren besetzt. Sie suchten sich einen Platz in der Ecke zur Veranda und schlugen die Zeitungen auf.
Trelleborgs Allehanda brachte auf der ersten Seite einen kurzen Zweispalter über das Verschwinden von Sigbrit Märd. Der Text war kurz und sachlich und basierte auf Nöjds zurückhaltenden Äußerungen. Andere Namen als die der verschwundenen Frau, wie die von Nöjd und Martin Beck, kamen in dem Artikel nicht vor. Obwohl im Kurztext wie auch im ausführlichen Bericht erwähnt wurde, daß die Reichsmordkommission in den Fall eingeschaltet worden war, hatte der Reporter sich bemüht, den Lesern keine vorgefaßte Meinung aufzutischen, und hatte auch Wörter wie »Mord« oder »ermordet« vermieden. Der Artikel wurde durch das Paßfoto ergänzt und forderte etwaige Zeugen auf, die die Frau nach dem Zeitpunkt des Verschwindens gesehen hätten, sich zu melden.
Kvällsposten war nicht ganz so zurückhaltend. Das Blatt brachte auf der ersten Seite ein zweispaltiges Bild, das eine zwanzigjährige Sigbrit Märd mit Pferdeschwanz und großen weißen Ohrclips vorstellte. Auf den Innenseiten gab es weitere Bilder. Das Haus von Sigbrit Märd und das des Roseanna-Mörders, die Bushaltestelle, an der sie zuletzt gesehen worden war, ein acht Jahre altes Foto von Folke Bengtsson in einem Streifenwagen und ein Bild von Martin Beck mit weitoffenem Mund und zerzausten Haaren.
Im Text wurde groß herausgestellt, daß Sigbrit Märd in der Nachbarschaft eines ehemaligen Sexualmörders wohnte, und in einem zweiten Artikel wurde über den Roseanna-Fall, der neun Jahre zurücklag, berichtet. Einige Einwohner von Anderslöv waren interviewt worden: über die verschwundene Frau - »ein nettes und tüchtiges Mädchen, das für jeden ein Lächeln und ein freundliches Wort hatte«; und über Folke Bengtsson - »ein eigenartiger Mensch, Einsiedler, der die Leute nicht an sich herankommen ließ«. Frau Signe Persson, »vielleicht die vorletzte, die Frau Märd lebend gesehen hat«, schilderte anschaulich, wie sie Sigbrit Märd an der Bushaltestelle stehen gesehen hatte und wie diese dann »vermutlich« in Bengtssons Lastauto eingestiegen war.
In einer Extrakolumne wurde über Martin Beck, »den bekannten Detektiv, Chef der Reichsmordkommission«, berichtet; als Martin Beck dann aber noch die Worte »Schwedens Maigret« lesen mußte, warf er die Zeitung auf den leeren Stuhl neben sich.
»Auch das noch!« sagte er angewidert und blickte sich nach der Kellnerin um.
»Und es wird noch schlimmer«, sagte Kollberg, »wenn sich Expressen und Aßonbladet und all die anderen auf dich stürzen und eine Stellungnahme haben wollen.«
»Ich denke nicht daran, eine Erklärung abzugeben. Aber um eine Pressekonferenz kommen wir wohl nicht herum.«
Die Kellnerin kam, und sie bestellten Gulasch aus Skäne mit roten Beten und Gurken.
Sie aßen schweigend. Kollberg war als erster fertig, wie immer. Er wischte sich den Mund ab und sah sich im Lokal um, das nun beinahe leer war.
Außer ihnen beiden war nur noch ein einziger Gast da, ein Mann, der an einem Tisch neben der Tür zur Küche saß.
Vor ihm stand eine Flasche Mineralwasser und ein Glas. Er rauchte Pfeife und blätterte in einer Zeitung, während er hin und wieder einen Blick auf die beiden Detektive warf.
Kollberg, dem der Mann bekannt vorkam, beobachtete ihn verstohlen. Er mußte um die Vierzig sein, er hatte ein schmales Gesicht und kräftiges dunkelblondes Haar, das im Nacken so lang war, daß es über den Kragen der hellbraunen Wildlederjacke hing, und dichte, krause Koteletten. Er trug eine Nickelbrille, und der Zug um den Mund war bitter oder auch zynisch.
Er runzelte die Stirn, während er die Pfeife im Aschenbecher ausklopfte. Die Finger waren lang und sehnig.
Mit einer plötzlichen Bewegung hob er den Kopf und sah Kollberg direkt in die Augen. Kollberg konnte den Blick nicht
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