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Der Polizistenmörder

Der Polizistenmörder

Titel: Der Polizistenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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damit bewiesen? Konnte im übrigen der Pressefotograf, der zwanzig Meter vom Haus entfernt wie ein Kletteraffe im Birnbaum hing, als normal bezeichnet werden? Wahrscheinlich.
    Kollberg seufzte tief und sackte in sich zusammen wie ein beschädigter Wetterballon, aus dem das Gas ausströmt.
    Martin Beck versuchte es wieder mit seiner vielgerühmten Systematik.
    »Laßt uns mal für ein Weilchen dieses Thema vergessen.«
    »Gern«, stimmte Folke Bengtsson zu.
    »Statt zu spekulieren, wollen wir uns an die Tatsachen halten. Ihr habt die Post nacheinander verlassen, mit nur wenigen Minuten Unterschied, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Was geschah dann?«
    »Ich holte meinen Wagen und fuhr nach Hause.«
    »Direkt hierher?«
    »Ja.«
    »Wir kommen jetzt zur nächsten Frage.«
    »Ja?«
    Martin Beck war mit sich selbst unzufrieden. Warum konnte er sich nicht dazu durchringen, du zu sagen. Kollberg hatte das getan, und für Nöjd war es offenbar die natürlichste Sache der Welt.
    »Das Auto muß an Sigbrit Märd vorbeigefahren sein, entweder an der Bushaltestelle oder ganz in der Nähe davon.« Folke Bengtsson schwieg.
    »Ist Frau Märd dort gesehen worden?«
    Große Klasse. Die beste Antwort war natürlich: Nein, sie war unsichtbar. Aber Folke Bengtsson schien das Dilemma des Kommissars nicht bemerkt zu haben. Er sagte nichts, sondern starrte mit leerem Blick auf seine großen, sonnengebräunten Hände.
    Martin Beck fühlte sich ertappt. Die Frage war viel zu verschroben gestellt worden, um noch einmal wiederholt zu werden.
    Schließlich hieb Nöjd den gordischen Knoten durch, indem er sagte:
    »Das ist eine verdammt einfache Frage, Folke. Hast du Sigbrit gesehen oder nicht?«
    Bengtsson ließ sich mit der Antwort Zeit: »Ich habe sie gesehen.«
    »Etwas lauter bitte«, mahnte Martin Beck.
    »Ich habe sie gesehen.«
    »Wo genau?«
    »An der Haltestelle. Vielleicht einige Meter davon entfernt.«
    »Es gibt einen Zeugen, der behauptet, daß das Lastauto seine Fahrt verlangsamte, vielleicht sogar anhielt.«
    Die Sekunden zogen sich in die Länge. Zeit verging. Alle wurden eine Minute älter. Schließlich sagte Bengtsson leise: »Ich habe sie gesehen, und es kann sein, daß ich langsamer fuhr. Sie ging auf der rechten Straßenseite. Ich gehe immer mit dem Tempo herunter, wenn ich an einem Fußgänger vorbeikomme. Vielleicht kam mir auch gerade einer entgegen. Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Fuhr der Lastwagen so langsam, daß er praktisch stand?«
    »Nein. Ich habe nicht angehalten.«
    »Kann es so ausgesehen haben, als ob der Wagen anhielt?«
    »Das weiß ich nicht. Wirklich nicht. Aber ich bin sicher, daß ich nicht angehalten habe.«
    Martin Beck wandte sich an Nöjd.
    »Hat er nicht vorhin noch gesagt, daß er sich immer beeilt, wenn er sich verspätet hat?«
    »Ja«, antwortete Nöjd, »das stimmt.«
    Martin Beck wandte sich wieder an den Mörder. Verdammt, so dachte er tatsächlich bereits. Der Mörder. Er fragte: »Bedeutete der Gang auf die Post nicht eine Verspätung, die hinterher durch schnelleres Fahren aufgeholt werden mußte?«
    »Ich gehe mittwochs immer zur Post«, erwiderte Folke Bengtsson völlig ruhig. »Schicke meiner Mutter in Södertälje einen Brief, und manchmal habe ich auch noch andere Dinge dort zu erledigen.«
    »Sigbrit Märd ist nicht in das Auto eingestiegen?«
    »Nein. Ganz bestimmt nicht. Ich habe nicht angehalten.«
    »Eine andere Sache. Winkte Sigbrit Märd, oder gab sie sonst ein Zeichen?«
    Und wieder trat eine dieser peinlichen, unbegreiflichen Pausen ein. Bengtsson antwortete nicht.
    Er blickte Martin Beck in die Augen und schwieg.
    »Gab Sigbrit Märd irgendein Zeichen, als sie den Lastwagen sah?« Abermals verfloß eine Zeitspanne ihres Lebens. Martin Beck dachte an die Frauen und daran, wieviel besser man diese Zeit nutzen konnte. Wieder einmal rettete Nöjd die Situation, indem er lachend fragte:
    »Donnerwetter noch mal, warum antwortest du nicht, Folke? Winkte Sigbrit dir zu oder so?«
    »Ich weiß nicht.« Das kam so leise, daß man es kaum hören konnte. Martin Beck hakte nach. »Weiß nicht?«
    »Nein, ich weiß nicht.«
    Kollberg blickte resigniert auf Martin Beck. Sie verstanden sich ohne Worte.
    Gib’s auf, Martin.
    Aber es war noch einiges zu erledigen. Schwierige Dinge.
    Martin Beck ergriff wieder das Wort.
    »Ich erinnere mich, wie wir vor neun Jahren in Kristineberg zusammensaßen.«
    »Ich auch.«
    »Wir haben damals viel über Frauen gesprochen. Bestimmte Gesichtspunkte wurden

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