Der Polizistenmörder
besonders erörtert Einige waren recht sonderbar.«
»Ich bin anderer Ansicht.«
»Für mich waren sie sehr sonderbar. Sind Sie immer noch der gleichen Meinung, was die Frauen betrifft, Bengtsson?« Langes Schweigen.
»Ich versuche, nicht an sie zu denken.« An sie.
»Sie kennen Sigbrit Märd, Bengtsson?«
»Sie gehört zu meinen festen Kunden. Sie ist mein nächster Nachbar. Aber ich versuche, sie nicht als Frau zu sehen.«
»Versuchen? Was meinen Sie damit?«
Nöjd schüttelte sich. In den sechs Tagen ihrer Bekanntschaft hatte er nie so unglücklich und traurig ausgesehen wie in diesem Augenblick. Was praktisch bedeutete, daß seine gute Laune ein wenig gedämpft war.
»Warum duzt du Folke nicht? Das klingt so furchtbar gekünstelt.«
»Ich kann nicht«, gab Martin Beck zu.
Das war die Wahrheit. Er konnte nicht. Gleichzeitig war er froh darüber, daß er so ehrlich sein konnte.
»Ach so«, sagte Nöjd zufrieden, »dann wollen wir nicht mehr davon reden. Ehrlich währt am längsten.«
Martin Beck griff den Faden wieder auf.
»Sie kennen also Sigbrit Märd. Manchmal müssen Sie an sie wie an eine Frau denken. Ich will eine Frage stellen, und ich erwarte eine ehrliche Antwort. Wie sehen Sie sie? Als Frau?«
Schweigen.
»Antworte«, forderte Nöjd ihn auf. »Du sollst jetzt antworten, Folke. Sei ehrlich!«
»Manchmal sehe ich sie als Frau. Nicht oft.« Martin Beck half nach: »Und?«
»Ich finde sie…«
Folke Bengtsson und Martin Beck sahen sich in die Augen. Bengtssons waren blau. Martin Becks waren graublau, das wußte er seit langer Zeit.
»Widerwärtig«, gab Folke Bengtsson zu. »Unsittlich. Wie ein Tier. Sie riecht. Aber ich treffe sie ja nicht allzu oft. Und so habe ich nur zwei oder dreimal von ihr gedacht.«
Verrückt, dachte Kollberg. Laß es sein, Martin.
»Das wolltet ihr doch von mir hören, stimmt’s?« erkundigte sich Bengtsson.
»Hast du die Eier rübergebracht?« fragte Martin Beck.
»Nein, ich wußte ja, daß sie nicht zu Hause war.« Nicht zu Hause.
Sie saßen eine Weile schweigend da.
Folke Bengtsson sagte schließlich: »Ihr quält mich. Aber ich nehme es euch nicht übel. Das ist euer Job. Meiner ist es, Fische und Eier zu verkaufen.«
»Hast recht«, bestätigte Kollberg düster, »wir haben dich damals gequält, und wir tun es jetzt wieder. Ich habe dir den Arm ausgekugelt. Ohne Grund.«
»Ach was. Das war schnell geheilt. Ist nichts nachgeblieben, tatsächlich. Wollt ihr mich jetzt mitnehmen?«
Martin Beck kam ein letzter Gedanke. »Hast du Sigbrit Märds geschiedenen Mann gesehen?«
»Ja. Zweimal. Er kam mit einem beigefarbenen Volvo her.« Nöjd machte ein geheimnisvolles Gesicht, sagte aber nichts.
»Sollen wir Schluß machen?« schlug Kollberg vor. Martin Beck stand auf.
Nöjd zog sich die Schuhe aus und steckte sie in die Plasttüte. Streifte die Stiefel über.
Er war der einzige, der zum Abschied die richtigen Worte fand: »Hej, Folke. Entschuldige bitte.«
»Auf Wiedersehen«, sagte Kollberg kurz. Martin Beck sagte gar nichts.
»Ihr kommt doch wohl wieder?« fragte Bengtsson.
»Kommt drauf an«, antwortete Nöjd.
Vor dem Gartentor klickten die Nikon-Kameras wie ein Hagelschauer. Aus einem Auto mit Kurzwellensender hörten sie eine Stimme sagen:
»Der Chef der Reichsmordkommission verläßt gerade das Haus des Roseanna-Mörders, begleitet von seinem nächsten Mitarbeiter. Die örtliche Polizei und ein Hundeführer bewachen das Haus. Noch scheint der Roseanna-Mörder nicht festgenommen worden zu sein.«
Boman ging auf Kollberg zu. »Na?« Kollberg schüttelte den Kopf.
Plötzlich rief jemand mit rauher Stimme: »Gunnarsson, wenn du mit den Polypen gemeinsame Sache machst, brechen wir dir die Knochen. Dann kannst du dich Boman nennen, so lange du willst. Nur damit du das weißt.«
»Das wirst du sowieso tun«, gab Boman zur Antwort.
Martin Beck blickte zu dem Sprecher hinüber. Einem Mann mit dickem Bauch, ungepflegtem grauem Bart und hagerem Gesicht. Er hieß Mohlin und war Journalist bei einer der Abendzeitungen. Sah aus, als ob er seit 1966, als sie sich das letztemal gesehen hatten, fünfzehn Jahre älter geworden wäre. Zuviel Bier, wahrscheinlich.
»Er war ein guter Freund von Alf«, sagte Boman tonlos.
Nöjd räusperte sich und gab bekannt: »Die Pressekonferenz wird um eine halbe Stunde verschoben. Wir treffen uns im Gemeindehaus. Ich glaube, am besten in der Bibliothek.«
Sie hatten noch eine halbe Stunde Zeit bis zum Beginn der
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